Im Dauerstreit über die Trinkwasserfassungen der Münchner Stadtwerke im Mangfalltal verlangen die betroffenen Kommunen und Grundeigentümer im Landkreis Miesbach ein komplett neues Genehmigungsverfahren und stützen sich dabei nun auf ein eigenes Rechtsgutachten. Die Stadtwerke fördern aus dem Mangfalltal etwa 80 Prozent des Münchner Trinkwassers und berufen sich dabei bis heute auf das Wassergesetz von 1852. Die Stadt Miesbach, einige umliegende Gemeinden und zwei Landwirtschaftsbetriebe mit Weideflächen im Wasserschutzgebiet bestreiten hingegen die Gültigkeit dieser Altrechte. Am Freitag haben sie in Miesbach dazu ein Gutachten des Umweltrechtlers Martin Kment vorgelegt.
Der Konflikt zwischen den Stadtwerken, den Behörden sowie den Landwirten und Kommunen im Kreis Miesbach schwelt seit vielen Jahrzehnten. Die einen wollen mit Macht die Versorgung von eineinhalb Millionen Menschen sichern. Die anderen betonen unisono, dass keiner den Münchnern das Wasser abdrehen wolle. Zugleich würden sie gerne mit deutlich weniger Einschränkungen etwa für die Landwirtschaft, beim Bau von Siedlungen und beim Ausweisen von Gewerbegebieten leben müssen.
Aus diesem Grund hat das Miesbacher Landratsamt ein längst überfälliges Verfahren zur Vergrößerung des Wasserschutzgebiets im Mangfalltal über Jahrzehnte verschleppt. Nachdem es der 2014 ins Amt gewählte grüne Landrat Wolfgang Rzehak auf Druck aus dem Umweltministerium neu aufgenommen hatte, eskalierte ein Erörterungstermin mit den Betroffenen im Jahr 2018 völlig, das Verfahren versank im Chaos. Rzehaks 2020 gewählter Nachfolger Olaf von Löwis (CSU) will es praktisch bei Null beginnen - ganz ohne jene Altrechte, die aus Sicht der Stadtwerke "unbeschränkt, unwiderrufbar und unbefristet" sind.
Der Gutachter lebt selbst in München und war vom Ergebnis seiner Analyse überrascht
Sind sie nicht, lautet die Essenz jenes Gutachtens, das Martin Kment für die Miesbacher Seite angefertigt hat. Kment ist Professor für Umweltrecht an der Uni Augsburg und lebt selbst in München. Dass das Wasser, das er daheim täglich trinkt, aus einer nicht genehmigten Förderung kommen könnte, das habe er sich kaum vorstellen können, sagte Kment am Freitag. Und doch habe es eine solche Genehmigung nie gegeben.
Die Stadtwerke berufen sich zwar auf einen Beschluss des Königlichen Verwaltungsgerichtshofs aus dem Jahr 1910, wonach eine Genehmigung nicht nötig sei für Anlagen, die 1907 schon bestanden oder bereits geplant waren. Dieser Beschluss sei aber später hinsichtlich einiger nicht erfüllter Voraussetzungen falsch interpretiert worden, kritisiert Kment. Ferner hätten die Stadtwerke 1924 einen Verbindungsstollen bauen lassen und so die Förderleistung vergrößert. Auch das habe den behaupteten Bestandsschutz hinfällig gemacht.
Das Miesbacher Landratsamt braucht Kment mit dem Gutachten nicht zu überzeugen. Die Behörde hat die Stadtwerke bereits 2022 aufgefordert, die Genehmigung neu zu beantragen, damit darüber nach aktuellem Recht entschieden werden könne. Die Münchner Stadtwerke klagen gegen diesen Schritt vor dem Verwaltungsgericht. Wann verhandelt wird, ist offen.