Wenn erst einmal ein Dünge- und Beweidungsverbot für die betreffenden Flächen erlassen sei, dann werde die seit Jahrzehnten überfällige Erweiterung des Wasserschutzgebiets für die Münchner Trinkwasserversorgung im Landkreis Miesbach umso leichter durchzusetzen sein. Diesen Hinweis hat der Miesbacher Landrat Olaf von Löwis (CSU) nach eigenen Worten vor einer Weile aus dem bayerischen Umweltministerium bekommen. Erlassen hat er das Verbot trotzdem nicht, weshalb ihm die Regierung von Oberbayern im Herbst angekündigt hatte, das an seiner statt selbst zu übernehmen. Dies haben die drei betroffenen Landwirte, die Stadt Miesbach und die Gemeinden Valley und Warngau nun per Petition an den Landtag verhindert. Dessen Umweltausschuss nahm die Eingabe am Donnerstag mit großer Mehrheit an und will sich im Herbst wieder berichten lassen. Ein Vertreter des Umweltministeriums erklärte, man werde sich an dieses Votum halten.
Die für alle Einschränkungen stets entschädigten Bauern und die Kommunen hatten statt des vorzeitigen Verbots "ein rechtsstaatliches Verfahren" im Umgang mit dem Schutzgebiet verlangt. Die Ausschussvorsitzenden Rosi Steinberger (Grüne) und Eric Beißwenger (CSU) sind bei einem Ortstermin im Februar nach eigenen Worten zur Ansicht gelangt, dass der seit 2020 amtierende Landrat Löwis durchaus ein rechtsstaatliches Verfahren führen wolle. Dass er noch nicht weit gekommen ist, liege an spät aktualisierten Unterlagen der Münchner Stadtwerke. Löwis und die Regierung hatten sich zunächst auf ein Gutachten geeinigt. Das ergab, dass eine Handvoll sommers dort grasender Jungrinder kaum die Ursache für Keime im Wasser sein könnten, wie sie 2020 zweimal festgestellt wurden. Gleichwohl kündigte die Regierung das Beweidungsverbot an.
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Keime könnten aber viel eher aus den Überläufen einer aufgelassenen und einer aktiven Kläranlage kommen - oder von Wildtieren oder den Hunden der vielen Spaziergänger, argumentierten die Petenten und auch die Mehrheit im Ausschuss. Das Ministerium habe da schlicht die Geduld verloren, sagte Steinberger. Minister Thorsten Glauber (FW) hatte sich in einer schriftlichen Stellungnahme für das Verbot ausgesprochen. Die Fachleute im Ministerium und in Behörden wie dem Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit und dem Landesamt für Umwelt drängen seit fast 50 Jahren auf eine Erweiterung des Schutzgebiets nach deutschen und europäischen Standards - bei an- und hinhaltendem Widerstand von Bauern, Kommunen und den meisten Miesbacher Landräten. Erst der 2014 gewählte Grüne Wolfgang Rzehak hatte das Verfahren neu begonnen, war aber am juristischen und politisch konzertierten Widerstand gescheitert und 2020 abgewählt worden.
Ein "großer Tag für den Rechtsstaat"
Das Verfahren, bei dem es um die Sicherheit des Trinkwassers von mehr als einer Million Menschen in München gehe, werde "seit den 1970er-Jahren im Landkreis Miesbach verschleppt, verhindert und nicht zu Ende geführt", kritisierte Florian von Brunn (SPD), der im Ausschuss als Einziger gegen die Petition stimmte. Diese sei nur ein weiterer Versuch der Verzögerung. "Wir wollen dieses Verfahren" versicherte dagegen Steinberger. Die Eingabe wende sich jedoch nur gegen das vorzeitige Beweidungsverbot und den Selbsteintritt der Regierung. Beide wären nach Ansicht von Landtagspräsidentin Ilse Aigner (CSU), die als Miesbacher Abgeordnete die Beratung verfolgte, "nicht verhältnismäßig". Es gebe keine akute Notlage, München beziehe seit sehr langer Zeit Wasser aus der Region und werbe ebenso lange mit dessen bester Qualität.
FW-Fraktionschef Florian Streibl, der wie Aigner und andere Abgeordnete von CSU und FW an einer groß angelegten Pressekonferenz der Petenten teilnahm, lobte die "einvernehmliche Lösung". Auch die Petenten zeigten sich zufrieden, ihr Anwalt sprach wie Warngaus Bürgermeister Klaus Thurnhuber (FW) von einem "großen Tag für den Rechtsstaat".
Erst einen Tag zuvor hatte der Verband der Bayerischen Energie- und Wasserwirtschaft in Regensburg an den vorsorgenden Schutz des Trinkwassers auch für kommende Generationen erinnert. Bayern weise kleinere Wasserschutzgebiete als andere Länder aus, zudem seien "dauerhaft rund 400 Verfahren zur Überprüfung und Neuausweisung" offen.