Haushalt:Das 70-Millionen-Euro-Loch von Landshut

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Landshuts Oberbürgermeister Alexander Putz ist jetzt in der CSU. Auf dem Bild von 2016 steht er in der Altstadt. (Foto: Armin Weigel/dpa)
  • In Landshut hat sich ein großes Haushaltsloch aufgetan. Für die kommenden drei Jahre fehlen 70 Millionen Euro im Etat.
  • Oberbürgermeister Alexander Putz (FDP) wird dafür von vielen Seiten kritisiert.
  • Er selbst sagt der SZ: "Unser Haushalt war auf Kante gestrickt, das ist bekannt". Dass einige Stadträte sagen, sie seien überrascht, hält er für "billige Polemik".

Von Andreas Glas, Landshut

Die Aufregung ist groß, nachdem sich in Landshut ein großes, schwarzes Haushaltsloch aufgetan hat. Urplötzlich fehlen 70 Millionen Euro für die kommenden drei Jahre. Das Stadttheater soll deshalb doch nicht saniert und erweitert werden. "Ein Desaster" findet Stadträtin Sigi Hagl (Grüne). Stadtrat Hans-Peter Summer von der Landshuter Mitte (LM) spricht von einer "Bombe, die jetzt geplatzt ist". Und die Landshuter Zeitung stellt die bange Frage: "Wie pleite ist Landshut wirklich?" Es gibt aber auch einen Mann, der die Aufregung nicht recht verstehen kann: Oberbürgermeister Alexander Putz (FDP). Urplötzliches Desaster? Bombe? "Unser Haushalt war auf Kante gestrickt, das ist bekannt", sagt Putz auf SZ-Nachfrage. Er hält es für "billige Polemik", dass einige Stadträte jetzt sagen, sie seien überrascht vom Haushaltsloch.

Was ist da los in Landshut? Hat sich die Stadt finanziell übernommen? Wer trägt die Verantwortung? "Wir waren alle ein bisschen blauäugig", sagt Stadtrat Robert Mader (Freie Wähler). Mit "wir" meint er Stadträte, OB, Verwaltung. Eben alle, die den Investitionen zugestimmt haben, die jetzt in sich zusammenzufallen drohen. Mader spricht von "Großmannssucht", vor der seine Fraktion auch gewarnt habe. Das Stadttheater etwa hätte aus Maders Sicht eine Nummer kleiner geplant werden können - und damit billiger. Oder die neue Realschule, "eine Riesenschule", sagt Mader, "das hätte es nicht gebraucht". Auch Stadtrat Summer gibt zu, dass er den Investitionen zugestimmt hat, obwohl er "ein bisschen dran gezweifelt" habe, ob die Stadt sich das alles leisten kann, was sie sich in den Haushalt geschrieben hat: neue Schulen, neue Wohnungen, neue Straßen. Dazu das Theaterprojekt, die Sanierung der Eishockeyhalle. Von OB Putz und Stadtkämmerer Rupert Aigner sei aber "zugesichert worden, dass das alles zu stemmen ist", sagt Summer.

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Tatsächlich ist es nur ein paar Wochen her, da hat Putz die Frage einfach weggewischt, ob die Stadt wirklich alle geplanten Projekte finanziell unter einen Hut kriegt. Stattdessen lobte er die "gründliche Planungsvorbereitung" der städtischen Bauprojekte, darunter das Stadttheater. Dass jetzt alles anders ist, dafür wolle er allein "dem OB nicht die Schuld geben", sagt Stadtrat Summer. Aber "ganz astrein" sei es halt auch nicht, wenn ein Oberbürgermeister den Haushaltsplan seiner Stadt binnen neun Wochen so komplett anders bewertet. Grünen-Stadträtin und OB-Kandidatin Sigi Hagl hat das neulich noch deutlicher formuliert: "Wenn ein Oberbürgermeister offenbar die Haushaltslage im eigenen Haus nicht kennt, dann ist das schon ein Armutszeugnis."

Ein Vorwurf, den Putz nicht auf sich sitzen lässt. Er verweist auf gestiegene Baukosten und Prognosen, die eine schlechtere Konjunktur vorhersagen. Bei den Haushaltsdebatten habe er "immer dazugesagt: Wenn es schlechter wird, werden wir natürlich über Projekte diskutieren" und Investitionen in Frage stellen müssen. Diesen Zeitpunkt sieht der OB jetzt gekommen. Dabei ist es ihm wichtig zu betonen, dass das 70-Millionen-Loch "nicht hausgemacht" sei, also nichts mit schlechter Politik in Landshut zu tun habe, sondern mit der Gesamtwirtschaftslage in Deutschland, Europa, der Welt. "Wir können uns als Kommune nicht davon abkoppeln", sagt Putz.

Auch CSU-Stadtrat und OB-Kandidat Thomas Haslinger kann die Überraschung über das 70-Millionen-Loch nicht nachvollziehen. "Jeder Stadtrat, der erzählt, er hat es nicht gewusst, sagt entweder nicht die Wahrheit oder hat sich nicht mit diesem Haushalt beschäftigt." CSU-Fraktionschef Rudolf Schnur spricht von einem "Wunschhaushalt", der verabschiedet worden sei. Er sagt: "Es war klar, dass es beim geringsten Rückgang der Einnahmen ein komplett neues Denken erfordert." Bei den Investitionen müsse man jetzt eben "neue Prioritäten" setzen.

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Ganz aus der Verantwortung will aber auch die CSU den Oberbürgermeister nicht entlassen. Die CSU habe immer davor gewarnt, dass der Haushalt knapp kalkuliert sei, sagt Haslinger. "Aber wenn OB und Verwaltung am Ende sagen, wir kriegen das irgendwie hin, dann stimmen wir natürlich zu." Er könne jedenfalls schon "nachvollziehen, dass die Menschen draußen irritiert sind", weil die Aussagen des Oberbürgermeisters plötzlich ganz anders klingen als noch im August.

Eigentlich war OB Putz im Januar 2017 angetreten, um endlich den Spagat zu schaffen, an dem das klamme Landshut seit Jahrzehnten scheitert: Schulden abbauen und trotzdem Spielräume schaffen für alle wichtigen Zukunftsinvestitionen. "Landshut kann es besser", mit diesem Slogan hat Putz damals Wahlkampf gemacht. Nun, kurz vor der nächsten Kommunalwahl, sagt Stadtrat Summer von der Landshuter Mitte: "Wir sind eigentlich keinen Schritt weitergekommen."

Um die Investitionen - allen voran ins Stadttheater - doch noch zu retten, bringen die Grünen eine Erhöhung der Gewerbesteuer ins Spiel. OB Putz findet das "absolut kontraproduktiv" angesichts der Konjunkturaussichten. Er will stattdessen den Freistaat um zusätzliche Unterstützung bitten, weil Landshut zu den am schnellsten wachsenden Städten in Bayern gehört, also in einer "Sondersituation" sei, findet Putz - und versucht, die Aufregung zu dämpfen. Er sagt: "Wenn man sich nicht alles leisten kann, was man gerne hätte, ist das kein Anlass für Panik."

© SZ vom 30.10.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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