Resolut baut sich die ältere Dame am Tisch von Klaus Karl-Kraus, 67, in dessen Erlanger Lieblingscafé auf. "Gestern Nacht hab' ich Sie im Fernsehen gesehen", sagt sie bewundernd, "bei so einer Fastnachtssendung." Es war eine Wiederholung und würde man in den Archiven des Bayerischen Rundfunks (BR) stöbern, fände man sehr viele Sendungen mit Klaus Karl-Kraus. Jahrelang war der Erlanger dort omnipräsent, vor allem im Fernsehen. Als Sportreporter, als Moderator von "Kabarett aus Franken", mit eigenen Auftritten als Kabarettist und nicht zuletzt bei der Fastnacht in Franken, dem Quotenrenner des Senders. Bis zu seinem Absturzjahr 2010.
Neun Jahre später würde Klaus Karl-Kraus, auch genannt KKK, die Vergangenheit am liebsten ruhen lassen. "Ich schau nach vorne und freue mich riesig, dass ich wieder dabei bin." Dabei bei der Fastnacht in Franken, die am Freitag wieder aus den Mainfrankensälen in Veitshöchheim gesendet wird. Es ist das Comeback eines Künstlers, der auf dem Höhepunkt seiner Karriere böse abgestürzt ist - und trotzdem nicht aufgegeben hat.
Fasching:"Geschmacksexplosion" Leberkäskrapfen
Seit ein paar Tagen herrscht in Miesbach viel Rummel um eine kulinarische Kreation und ihren Schöpfer. Dort gibt es nun Krapfen mit einer Scheibe Leberkäs - und süßem Senf.
"Eine einzige Blamage", schrieb die Nürnberger Abendzeitung über Karl-Kraus' Auftritt in Veitshöchheim 2010. "Kaum ein Gag kam an, kaum eine Pointe saß." Was aber fast noch verheerender war als der Zeitungsverriss: Der damals für die Sendung zuständige BR-Redakteur ließ KKK fallen. Ungeeignet sei dessen Auftritt für die Faschings-Show gewesen, zitierte ihn die AZ, obwohl der BR-Mann die Nummer vorher selbst abgesegnet hatte.
Ja, natürlich sei ihm der Auftritt damals missglückt, sagt Klaus Karl-Kraus neun Jahre später. "So etwas kommt vor, meine Schuld." Er trage daher auch niemandem etwas nach. Und im Übrigen sei sein Scheitern eine wichtige Erfahrung gewesen, "die mich nachdenken ließ über das, was ich tue". Kurz danach gab er die Moderation der BR-Show "Kabarett aus Franken" ab, was lange abgesprochen war und nichts mit dem Veitshöchheimer Pannenauftritt zu tun hatte, wie alle Beteiligten versichern. Und auch sein sonstiges Engagement beim BR reduzierte sich drastisch. "Manches hatte sich da einfach im Lauf der Zeit selbst überholt", sagt Karl-Kraus.
Nun gilt im kabarettistische Geschäft eine ebenso so harte wie simple Regel: Wer häufig im Fernsehen auftaucht, kann auch bei seinen Liveauftritten mit viel zahlendem Publikum rechnen. Wer weg ist vom Bildschirm, erlebt das Gegenteil. In seinem Fall, sagt Klaus Karl-Kraus, sei noch etwas anderes hinzugekommen. "Es ist spannend, beim Jonglieren mehrere Bälle in der Luft zu halten, aber wenn es zu viele werden, wird es problematisch." Man könnte auch sagen: Klaus Karl-Kraus hatte sich verzettelt.
Hauptberuflich Marketingchef der Erlanger Sparkasse, wenn auch in Teilzeit, trat er nicht nur im Fernsehen, sondern auch auf Kleinkunstbühnen immer häufiger auf, schrieb obendrein Bücher, Kolumnen und Theaterstücke. Im Nachhinein, sagt er, habe es ihm persönlich und künstlerisch gut getan, dass er sich 2010 hinterfragt habe. Inzwischen ist er bei der Sparkasse altersbedingt ausgeschieden und die Zahl seiner Auftritte hat er mehr als halbiert. Dafür entstand allerhand Neues.
"Mein Leben verlief immer wieder in Wellen"
Im kleinen Theater am Michelsberg in Bamberg hat er eine neue Profession gefunden; dort inszeniert er Stücke, die er zum Teil selbst geschrieben hat, und manchmal spielt er auch mit. Vor 50 Leuten, obwohl er vor zehn, fünfzehn Jahren locker Säle mit 500 und weit mehr Besuchern gefüllt hat. "Ich bin eine Rampensau", sagt er. Ein anderes, neues Betätigungsfeld sind die Universität in Erlangen und die Hochschule in Hof, wo er seit einigen Jahren Rhetorik und Kommunikation unterrichtet.
"Mein Leben verlief immer wieder in Wellen", sagt Karl-Kraus. Mal rauf, mal runter. Nur ein Ziel habe er nie aus den Augen. "Ich wollte noch einmal zurück zur Fastnacht in Franken." Vielleicht auch, um es allen noch einmal zu zeigen. 2005 hatte er unbemerkt von den TV-Zuschauern die Sendung mit seiner Improvisationskunst gerettet. Damals war Sitzungspräsident Detlef Wagenthaler in der Elferratsloge zusammengebrochen, während Karl-Kraus auf der Bühne stand. Der verlängerte einfach seinen Auftritt bis Wagenthaler hinter die Kulissen gebracht worden war.
Und nun das Comeback. "Das ist kein Gnadenakt, sondern er hat uns mit Qualität überzeugt und sich zurück gekämpft", sagt Bernhard Schlereth, auf Seiten des fränkischen Fastnachtsverbands der Macher der Veitshöchheimer TV-Prunksitzung. So trat Karl-Kraus in den vergangenen Jahren immer wieder mal in anderen BR-Fastnachtsshows auf, die weniger Zuschauer haben. Ausschlaggebend war jedoch, dass er als einziger Teilnehmer eines Castings Fastnachter und BR-Leute überzeugte. "Seine Nummer ist einfach gut", sagt Schlereth. Karl-Kraus wird am Freitag als Mesner auftreten, der mit der Digitalisierung hadert. Auch Kathrin Degmair, Leiterin des zuständigen BR-Studios Franken, ist vom Erfolg Karl-Kraus' überzeugt. "Er fügt sich in unseren dramaturgischen Gesamt-Ablauf künstlerisch gut ein."