Unter Bayern:Kinder hinter Holz

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Viele neue Kitas in Bayern fallen durch ähnliche Holzfassaden auf, nicht sehr originell. Dabei kann man sich mit Holz durchaus kreativ betätigen, wie sich an diesem Zaun einer Kita im Allgäu zeigt. (Foto: imago images/MiS)

Bei den bayerischen Architektouren sind an diesem Wochenende mehr als ein Zehntel aller offenen Objekte Kindergärten und Kindertagesstätten. Deren Fassadengestaltung ist leider ähnlich originell wie die übliche Namensgebung.

Glosse von Matthias Köpf

Wer schon lesen gelernt hat, und das sind große Teile der Zielgruppe dieser Zeitung, wird sich womöglich nicht allzu sehr danach sehnen, wieder einen Kindergarten zu besuchen oder gar eine Krippe. Zusammengefasst werden beide landläufig zur "Kindertagesstätte" - ein Wort, das manchen bayerischen Bürgermeistern schon aus mundartlichen Gründen immer noch nicht leicht über die Lippen kommt. Die reden dann weiterhin vom Kindergarten, und irgendwie provinziell wäre allein das noch keineswegs. Schließlich heißt die Einrichtung sogar auf Englisch bloß "kindergarten" und nicht "kindertagesstätte". Und Arnold Schwarzenegger, immerhin mal Gouverneur von Kalifornien, hat auch noch nie eine Action-Komödie namens "Kindertagesstätte Cop" gedreht.

Die Kindertagesstätten jedenfalls kommen in Bayern an diesem Wochenende ganz groß raus, und etliche Erwachsene könnten sie sogar besuchen wollen. Bei den " Architektouren", einer dezentralen PR-Großveranstaltung der Architektenkammer, stehen allen Architektouristen 218 neue Projekte und Gebäude offen - und immerhin 27 davon sind Kindergärten, Kindertagesstätten, Kinderhäuser und Häuser der Kinder.

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Das mag auch daran liegen, dass die Architekten, die ihre Besichtigungsobjekte selber einreichen dürfen, auf solche Bauten eben besonders stolz sind. Obwohl ihnen praktisch ausnahmslos der gleiche Einfall gekommen ist, ihre nagelneuen Gebäude mit senkrecht angeordneten Holzlatten oder Holzlamellen zu versehen.

Was nun die jeweilige Bezeichnung betrifft, so heißen einige der Kindergärten, Kindertagesstätten, Kinderhäuser und Häuser der Kinder im Programm noch ganz sachlich "Kindergarten", "Kindertagesstätte", "Kinderhaus" und "Haus der Kinder". Weil es aber mit den Namen ganz ähnlich ist wie mit den Holzlatten, werden vermutlich auch sie alle bald wieder "Schwalbennest" heißen wie die beiden Bauten in Dettelbach und Schnelldorf, oder "Storchennest" wie in Wenzenbach. Oder sie werden nach Heiligen benannt, deren Namen nicht mehr viele heutige Kinder tragen: St. Michael, St. Martin oder St. Stephan zum Beispiel.

"Arche Noahs" wie die neue Kindertagesstätte in Aurachtal gibt es anderenorts auch schon etliche. Hier aber bildet der Name einen überraschenden Kontrast zur Gestaltung: Die Holzlatten der Arche haben sich wohl die meisten seit dem Kindergarten immer horizontal vorgestellt.

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