Ingolstadt:Druckerei des "Donaukurier" soll geschlossen werden

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Der Verlegerin Simone Tucci-Diekmann gehören nicht nur die "Passauer Neue Presse" und der "Donaukurier", sondern inzwischen auch die "Mittelbayerische Zeitung". (Foto: Michael Leis/PR)

Das Ingolstädter Blatt wird künftig wohl in Regensburg gedruckt. In der Redaktion sprechen sie vom "Niedergang" ihrer Zeitung seit der Übernahme durch Simone Tucci-Diekmann.

Von Thomas Balbierer, Ingolstadt

Noch brummt der Rotationsdrucker am Rande der Ingolstädter Innenstadt. Noch spuckt die tonnenschwere Maschine vom Typ Colora bis zu 37 500 Zeitungen pro Stunde aus - ein Hochleistungsgerät, das Nacht für Nacht knapp 80 000 Exemplare des Donaukurier zur Welt bringt. Es mag in Zeiten von Nachrichten-Apps und Livetickern ein etwas altmodischer Gedanke sein, trotzdem ist eine Druckerei noch immer so was wie das Geburtshaus der Zeitung. In Ingolstadt soll die Wiege des Donaukurier allerdings noch in diesem Jahr stillgelegt werden, wie die SZ aus gut informierter Quelle erfuhr.

Zukünftig soll die Regionalzeitung mit ihren sieben Lokalausgaben in Regensburg vom Band laufen: im Druckzentrum der Mittelbayerischen Zeitung, die wie der Donaukurier vom Verlag der Passauer Neuen Presse aufgekauft wurde. Die sich abzeichnende Schließung ist der nächste Schritt in der Demontage des Ingolstädter Blattes, das 1945 gegründet wurde und seit 2016 im Besitz der Passauer Verlegerin Simone Tucci-Diekmann ist - und seitdem immer weiter "zerfleddert" worden sei, wie eine langjährige Redakteurin voller Frust berichtet.

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Mit der "Mittelbayerischen" muss man sich einen Chefredakteur teilen

Eine SZ-Anfrage zur Druckereischließung ließ Tucci-Diekmann unbeantwortet, auch die Druckereiverantwortlichen reagierten nicht auf Kontaktversuche. Die Verlegerin ist ohnehin nicht für Transparenz bekannt, obwohl ihr Unternehmen nach zahlreichen Zukäufen weite Teile des bayerischen Lokalzeitungsmarkts dominiert - und damit eine publizistische Verantwortung hat. In einem Interview kurz nach der Übernahme 2016 hatte Tucci-Diekmann deshalb noch versichert: "Der Donaukurier wird der Donaukurier bleiben." Inzwischen ist der Artikel online nicht mehr auffindbar, was man auch als Botschaft verstehen kann.

In der Ingolstädter Redaktion sprechen sie längst vom "Niedergang" ihrer Zeitung. Seit dem Einstieg der Passauer seien Lokalbüros geschrumpft, Geschäftsstellen geschlossen, Sekretärinnen und Layouter entlassen worden. Vor allem junge Journalistinnen und Journalisten hätten das Haus mittlerweile fluchtartig verlassen. Auch die journalistische Eigenständigkeit sei mit der Zusammenlegung wichtiger Ressorts verloren gegangen, zum Beispiel in der Politik, die in Passau entsteht. Mit der Mittelbayerischen muss man sich inzwischen selbst einen Chefredakteur teilen. "Es ist ein Drama", sagt die Donaukurier-Journalistin, die anonym bleiben will. "Wir erleben den Ausverkauf einer ehemals sehr guten Zeitung." Das Druckerei-Aus ist ein weiterer Schlag für das Blatt, das als einzige Lokalzeitung in Ingolstadt die öffentliche Debatte immer stark geprägt hat.

"Zahlreiche Kollegen haben sich neue Arbeitsplätze gesucht."

Was die Schließung der Druckerei im Detail bedeutet, kann derzeit niemand so genau sagen - auch nicht, wie viele Mitarbeiter von betriebsbedingten Kündigungen betroffen sein könnten. Etwa 20 festangestellte Mitarbeiter und rund 50 Teilzeitkräfte seien aktuell in der Druckerei beschäftigt, ist aus dem Unternehmen zu hören. Die Personaldecke sei schon in den vergangenen Monaten immer dünner geworden, berichtet ein Druckereiangestellter. "Zahlreiche Kollegen haben sich neue Arbeitsplätze gesucht. Es wird immer schwieriger, Ersatz zu finden." Aber noch laufe der Betrieb normal, noch schnurrt die Rotation.

Doch wenn sie bis Ende des Jahres abgeschaltet wird, werde das auch Folgen für die Aktualität des Blattes haben, sagt ein Donaukurier-Insider. "Wenn sich die Andruckzeiten wegen der größeren Entfernung nach vorne verschieben, können zum Beispiel Ergebnisse von späten Fußballspielen nicht mehr in die Zeitung gelangen." Auch die Zustellung könnte leiden, fürchtet die langjährige Redakteurin. Schon jetzt komme es vor, dass Abonnenten tagelang keine Zeitung erhalten und bei Reklamationen erfolglos in der Warteschleife feststecken - bis sie entnervt ihr Abo kündigen, wie die Mitarbeiterin berichtet. Auch der Vertrieb werde seit der Übernahme zentral aus Passau gesteuert.

Dass die Zusammenlegung mit dem modernen Druckzentrum in Regensburg irgendwann kommen würde, haben sie in Ingolstadt schon länger befürchtet. Schließlich sind Druckereien mit ihren energieintensiven Maschinen und dem dafür nötigen Personal große Kostenfaktoren für Verlage; seit der Übernahme der Mittelbayerischen Zeitung hat die Passauer Verlagsgruppe drei Druckhäuser im Donaudreieck Ingolstadt-Passau-Regensburg - aus Passauer Sicht offenbar eins zu viel. Indem der Verlag nun Ingolstadt abstößt, spart er sich viel Geld und Ressourcen. "Synergieeffekt" heißt das in der Betriebswirtschaft. "Dass es so schnell geht, hätte ich nicht erwartet", sagt die langjährige Redakteurin und klingt hoffnungslos. "Wie soll das nur weitergehen?"

In Ingolstadt spekulieren sie jedenfalls schon, was mit den schweren Rotationsmaschinen geschieht, wenn die den Donaukurier bald nicht mehr mit Höchstgeschwindigkeit in Papierform pressen. Wahrscheinlich, das vermutet jemand, der das Haus gut kennt, werden die Maschinen ins Ausland verkauft - wo sie dann weit weg von Ingolstadt eine andere Zeitung zur Welt bringen.

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