Bayern:"Aiwanger hat eigentlich gar keinen Aufklärungswillen"

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Vor fünf Jahren hörte Erwin Huber mit der Politik auf - und begann, Philosophie zu studieren. Vor einem Jahr hat er den Abschluss geschafft. (Foto: Friedrich Bungert)

In der Flugblatt-Affäre kritisiert Ex-CSU-Chef Huber den Vizeministerpräsidenten scharf. Er halte ihn für wenig glaubwürdig und spalterisch - auch weil er sich der Methoden Donald Trumps bediene.

Von Kassian Stroh

Unglaubwürdig und spalterisch: Mit scharfen Worten kritisiert der frühere CSU-Chef Erwin Huber den bayerischen Vizeministerpräsidenten Hubert Aiwanger (Freie Wähler) für dessen Verhalten in der Affäre um ein antisemitisches Flugblatt. Er sieht Ähnlichkeiten - nicht was seine Bedeutung, wohl aber die Methoden betrifft - mit dem früheren US-Präsidenten Donald Trump. "Man nimmt nicht zur Kenntnis, dass es Vorwürfe gibt, man leugnet dies einfach, droht mit Klage, man macht sich zum Opfer", sagte Huber am Morgen im Deutschlandfunk. Er hoffe, "dass das nicht Schule macht in der deutschen Politik". Aiwanger habe zur "Spaltung des Landes" beigetragen.

Aiwangers Antworten auf den Fragenkatalog zu den Vorwürfen gegen ihn nannte Huber "wenig glaubwürdig". Es sei "sehr schwach, wenn man sich auf Erinnerungslücken berufen muss". Tatsächlich hatte der Wirtschaftsminister auf die Mehrzahl der Fragen zum Zustandekommen des Flugblatts in seiner Schulzeit oder zu den Konsequenzen daraus geantwortet, er könne sich daran nicht erinnern. Dies hatte auch Ministerpräsident und CSU-Chef Markus Söder als unbefriedigend kritisiert. "Hubert Aiwanger hat eigentlich gar keinen Aufklärungswillen", sagte Huber, Söders Vorvorgänger als Parteivorsitzender.

Dessen Entscheidung, Aiwanger nicht zu entlassen und die Koalition mit dessen Freien Wählern fortzusetzen, verteidigt er gleichwohl. Söder habe die Folgen seines Handelns bedenken müssen, "er hatte leider keine andere Wahl". Bayern befinde sich in einer Wirtschaftskrise. Da zusätzlich noch eine Regierungskrise heraufzubeschwören, sei unsinnig, sagte Huber - und mit Blick auf die bevorstehende Landtagswahl: "Deshalb stehen wir die vier Wochen mit einem angeschlagenen Hubert Aiwanger durch."

Huber war nur ein Jahr lang Parteichef, bis die CSU im Herbst 2008 die absolute Mehrheit verlor - bei jener Wahl kamen auch die FW erstmals in den Landtag. Seine Einlassungen sind auch deshalb bemerkenswert, da er selbst einmal bayerischer Wirtschaftsminister war und weil er wie Aiwanger aus Niederbayern stammt - jenem Landstrich, in dem dessen Popularitätswerte derzeit besonders hoch sind.

Am 8. Oktober wird in Bayern ein neuer Landtag gewählt. Die Freien Wähler dürften nun versuchen, dies zu einem Plebiszit über Aiwanger zu machen, sagte Huber. "Ihr Programm ist Aiwanger, das ist eine Ein-Mann-Partei." Er hoffe aber, dass diese Strategie nicht verfange. Auch wenn es bei den FW eine Anhängerschaft gebe, "die mehr oder weniger fast blind ist", sagte Huber - auch das ähnele der Situation Trumps.

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