Ende des CSU-Machtkampfs:"CSU reloaded - wir kommen"

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Markus Söder soll die CSU bei der Landtagswahl wieder zu alter Stärke führen. Ob ihm ein Ergebnis 50 Prozent plus gelingt? (Foto: dpa)

Parteipolitiker begrüßen fast ausnahmslos die Entscheidung für Markus Söder im Machtkampf. Einige träumen schon wieder von der absoluten Mehrheit bei der Landtagswahl.

Von Andreas Glas, Matthias Köpf, Olaf Przybilla und Christian Rost

Mit Erleichterung und einem Hauch Skepsis - so reagiert die CSU-Basis am Montag auf die Einigung im Führungsstreit:

Als Niederbayer hatte Franz Gassner einen klaren Wunschkandidaten: Manfred Weber. "Aber mei", sagt der Frontenhausener Bürgermeister, "der kann ja später immer noch Parteichef werden." Vielleicht schon nach der Landtagswahl, sagt Gassner, der sich nicht recht vorstellen kann, dass eine Doppelspitze auf Dauer funktioniert und den erhofften Erfolg bringt: "Ich fürchte, dass die beiden weiter auseinanderdriften." Momentan sei das halt die "einzige salomonische Lösung, die möglich ist. Solange sie sich gegenseitig nicht die Köpfe einhauen, habe ich da nichts dagegen."

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Manuel Pretzl, CSU-Fraktionschef im Münchner Stadtrat, ist erst mal froh, dass der Konflikt nun beendet ist. "Ich halte die Lösung für eine gute. Wichtig ist nun, dass sie geschlossen auftreten und zusammenhalten." Die Basis erwarte, dass nun mit der Entscheidung Ruhe einkehre. Pretzl kann dem Ringen der CSU um ihre personelle Neuaufstellung auch Gutes abgewinnen: "Wir sind die einzige Partei, die das nach dem schlechten Wahlergebnis geschafft hat." Mit Blick auf Kanzlerin Angela Merkel und SPD-Parteichef Martin Schulz fügt er an: "Ich wäre froh, wenn CDU und SPD dazu auch in der Lage wären."

Auch Anna Wolfsecker ist "froh, dass es endlich eine Lösung gibt" und die "ewige Hängepartie" vorbei ist. Die Partei habe zuletzt Fehler gemacht. "Aber aus Fehlern kann man lernen und es künftig besser machen." Über Söder und Seehofer sagt die Vize-Kreisvorsitzende der Landshuter Landkreis-CSU: "Ich gehe davon aus, dass sie in Zukunft an einem Strang ziehen. Wenn nicht, dann wird die Basis sich bei den beiden Herren melden und ihnen sagen, wo es langgeht." Für die Partei gehe es nun darum, "eine klare Linie zu fahren und wieder zur Geschlossenheit zu finden". Wenn das gelinge, "dann kann das auf jeden Fall zu einer absoluten Mehrheit führen".

"Es ist zumindest mal ein Schritt nach vorne", sagt Josef Zimmermann über das vorläufige Ende der Personaldebatte. Der größte Fan einer Doppelspitze ist der Fraktionschef der Regensburger CSU allerdings nicht: "Dieses Aufteilen von Ministerpräsident und Parteispitze hat in der Vergangenheit nicht unbedingt immer funktioniert." Ihn habe "dieses Rumgezappel" von Söder und Seehofer geärgert, sagt Zimmermann. Nun müssten die beiden beweisen, "dass das nicht nur ein Burgfrieden ist, sondern eine tragfähige Lösung". Für Marcus König, Chef der CSU im Nürnberger Stadtrat, ist "nun die Zeit gekommen für einen Aufbruch für Bayern". Unter Söder werde die CSU zur alten Stärke als Volkspartei zurückfinden: "CSU reloaded - wir kommen", sagt er.

Ob bei der Landtagswahl eine absolute Mehrheit herausspringen wird, wagt König nicht zu prognostizieren. "Aber heute ist der Tag, an dem es losgeht, Vertrauen zurückzugewinnen." Mittelfristig sieht er Söder auch als Parteichef. "Der Markus wird sicher einen sehr guten Landesvater zwischen Garmisch und Würzburg abgeben." Alexandra Wunderlich ist Kreischefin der Erlanger CSU. "Da wäre es doch verlogen", sagt sie, "wenn ich auf die Frage, ob ich lieber Joachim Herrmann als Ministerpräsident gesehen hätte, mit Nein antworten würde." Also: Selbstverständlich wäre ihr Herrmann lieber gewesen, "Erleichterung" aber empfinde sie trotzdem. Wenigstens könne man sich nun endlich wieder Inhalten zuwenden und müsse nicht ständig übers Personal debattieren.

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Wolfgang Roth, CSU-Ortsvorsitzender im Würzburger Stadtteil Lengfeld, hält die Doppelspitze Söder/Seehofer lediglich für eine Übergangslösung. "Maximal eine Übergangslösung", schiebt er hinterher. Grundsätzlich halte er eine Doppelspitze für eine gute Sache. Aber er sei auch ein großer Anhänger einer rechtzeitigen Übergabe von Ämtern. Ilse Aigner, das wäre eine, die er sich hervorragend als neue CSU-Vorsitzende vorstellen könnte. Dass Söder nun Ministerpräsident wird, das ist für Roth "nachvollziehbar und richtig".

Wer Stefan Ott fragt, hört zuerst ein tiefes Schnaufen. Dann sagt er: "Die Frage ist, ob es klug ist, wenn der Platzhirsch bleibt und noch jemand dazu kommt." Der Amberger CSU-Kreischef hätte sich gewünscht, die Partei "komplett neu aufzustellen". Trotzdem sei er froh, "dass wir endlich einen Konsens gefunden haben". Dass Söder der richtige Ministerpräsident ist, daran hat Ott "überhaupt keinen Zweifel. Er verkörpert wie kein Zweiter dieses Freistaat-Gefühl". Nun seien Söder und Seehofer gefordert, ihre Eitelkeiten hinten anzustellen. "Wir haben nächstes Jahr eine brutal wichtige Wahl für die CSU. Da ist es wichtig, dass alle zusammenarbeiten."

Gerhard Riegler, CSU-Gemeinderat im unterfränkischen Grafenrheinfeld, muss sich gerade um Wichtigeres kümmern: um die Enkelkinder. Vier Stunden nach der Entscheidung der CSU-Fraktion weiß er noch nichts davon. Söder? "Das ist ganz in Ordnung, der ist kompetent, geht auf die Leute zu", sagt er, "der beste Mann im Land." An die absolute Mehrheit glaube er trotzdem nicht, auch nicht mit Söder. "Das schadet aber auch nichts", findet Riegler. Dann sind wieder die Enkelkinder dran.

Birgit Weber, Zweite Bürgermeisterin von Coburg, begrüßt es sehr, dass künftig eine Doppelspitze die CSU antreibt. "Überall im Leben", sagt sie, "muss man zusammenarbeiten." Wenn zwei sich Führungsaufgaben teilen, mache das stärker. Ihrer Beobachtung nach sähen das sehr viele Frauen so, auch in der CSU. Wäre ihr Söder oder Herrmann lieber gewesen? "Mein Herz schlägt für Franken", sagt Weber, da wären ihr beide recht gewesen. Die absolute Mehrheit könne die CSU wieder erreichen. "Ich glaube immer daran, dass die Zukunft besser ist als die Gegenwart."

Oliver Bär, Landrat von Hof, ist politisch und persönlich erfreut. Söder habe als Heimatminister bewiesen, dass er die Kommunen stets im Blick habe, auch, aber nicht nur in Franken. "Dinge wie Stabilisierungshilfen und Behördenverlagerungen - das überzeugt die Kommunen." Söder werde auch ein hervorragender Ministerpräsident sein. Die CSU-Doppelspitze hält der Landrat für einen "klugen Schachzug": Bewährtes in Berlin, Neues in München.

Sabine Turek ist vor allem darüber erleichtert, dass der Machtkampf ein Ende hat. Die Vorsitzende des CSU-Ortsverbandes im schwäbischen Krumbach sagt, Söder habe nichts ausgelassen, um Seehofer zu schaden. Der Franke polarisiere stark, ob er damit als Spitzenkandidat bei den Wählern punkten könne, müsse man abwarten. Und man müsse auch sehen, ob eine Doppelspitze funktioniere. "Da bin ich sehr gespannt." Als Ministerpräsidenten hätte sie sich auch Manfred Weber gut vorstellen können oder Karl-Theodor zu Guttenberg.

"Persönlich ist mir Söder nicht sympathisch", sagt Christoph Blees, Vorsitzender der CSU in Immenstadt. Dennoch geht er davon aus, dass "Söder den Posten des Ministerpräsidenten sicher gut ausfüllen wird". Die Doppelspitze mit Seehofer als Parteichef sei einen Versuch wert, meint Blees, allerdings nur als "Übergangslösung für zwei, drei Jahre". Dann werden beide Posten sicher wieder in einer Hand sein, glaubt der Ortsverbandschef, der dabei nicht nur an Söder denkt, sondern auch an Manfred Weber.

Nach Ansicht von Alexandra Bertl, Stadträtin in Weilheim, ist das Tandem Seehofer-Söder "eine gute Lösung". In der CSU sei es ein bisschen wie in jeder Familie: "Erst wird fest gehackelt, und dann hält man wieder zusammen." Bertl hält bei der Landtagswahl sogar wieder eine absolute Mehrheit für möglich: "Ich wüsste nicht, warum das nicht funktionieren könnte." Schließlich gebe es mit der Doppelspitze Seehofer und Söder eine Konstellation, in der sich nicht nur in der CSU jeder wiederfinden könne, sondern "auch der Wähler." Aus Sicht von Hans Holzmeier, Bürgermeister von Schechen, ist es Zeit, sich von der absoluten Mehrheit zu verabschieden.

Gleichwohl werde die CSU mit Söder im Wahlkampf gute Chancen haben. Söder habe sich "in den vergangenen Monaten in der Flüchtlingskrise sehr eindeutig positioniert" und erfahre dafür viel Unterstützung. Die rechte Flanke zu schließen sei nicht das Wichtigste. Er selbst habe eine liberalere Vorstellung und sieht sich "als Oberbayer eher auf der Seite von Ilse Aigner". Dass die Doppelspitze Frieden bringt, bezweifelt er: "Man kann sich's kaum vorstellen, dass das gut geht. Eigentlich gar nicht."

© SZ vom 05.12.2017 / kpf, gla, prZ, CHRO - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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