Aus der Landespolitik:Bürokratie? Beim Kiffen gerne

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Kundgebung pro Cannabis - im Freistaat soll das neue Gesetz der Ampel "extremst restriktiv" umgesetzt werden, kündigte Ministerpräsident Markus Söder an. Wohl durch spezielle "Kiffer-Kontrolleure" und viele neue Regeln. Ausnahmsweise. (Foto: Christoph Soeder/dpa)

Die CSU und Ministerpräsident Söder wollen mit Verve gegen behördliche Regelungswut kämpfen. Ausnahme: die Cannabis-Legalisierung. Da soll es von Amts wegen gar nicht genug Vorschriften und Winkelzüge geben.

Kolumne von Johann Osel

Der Hauptfeind der CSU? Sind ja eigentlich die Grünen. Im Landtagswahlkampf ließ Ministerpräsident Markus Söder keine Bierzeltbühne und kein Mikrofon aus, um genau das zu verkünden, unlängst grätschte er rabiat in schwarz-grüne Gedankenspiele der Schwesterpartei CDU hinein. Doch inzwischen gibt es offenkundig einen neuen Endgegner: Bürokratie. Überbordende Regelungswut identifizierte Söder schon im Januar in einer Grundsatzrede in Kloster Banz als Quell allen Übels, wenn es um eine florierende Wirtschaft geht. Und CSU-Fraktionschef Klaus Holetschek meldet sich fast täglich zu Wort, um von Entrümpelung, Entschlackung oder Entfesselung des Staates zu sprechen. Angekündigt ist ein Streichkonzert bei Verordnungen, sogar eine Enquete-Kommission des Landtags soll einberufen werden.

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Es ist ein löblicher Kampf, in den sich die Regierung da stürzt. Umso erstaunlicher wirkt es, dass die CSU an anderer Stelle fürs glatte Gegenteil eintritt. Nämlich, wenn es um die kommende, aus Sicht der Staatsregierung gefährliche Freigabe von Cannabis geht. Nach der Initiative der Ampel will der Freistaat den Kiffern das Leben so schwer wie möglich machen: Anwendung des Gesetzes "extremst restriktiv", sagte Söder. Besonders im Visier sind die sogenannten Cannabis-Clubs. Eine zentrale Prüfstelle soll diesen zu Leibe rücken, weiß-blaue "Kiffer-Kontrolleure", hört man. Und zwar mit einem Maximum an Bürokratie, behördlichen Regelungen und Überwachung. Idealerweise so streng, dass Eröffnung oder Betrieb der Clubs ausgebremst werde von den Dipferlscheißern in den Beamtenstuben. Ein Hoch auf die Bürokratie! Ausnahmsweise.

Sollte es Klagen von Cannabis-Clubs gegen Bayerns harte Hand geben, würde Holetschek "das sogar begrüßen", wie er BR24 sagte. Nur so entstehe letztlich Rechtssicherheit. Florian Siekmann, innenpolitischer Sprecher der Grünen, warnte indes die Staatsregierung, dass Bundesrecht über Landesrecht stehe. Es gelte, "die angestaubte CSU-Drogenpolitik endlich zu überwinden". Nun müssen zum Kiffen widersprüchliche Ansichten erlaubt sein, auch die Staatsregierung hat wohl manch berechtigten Einwand vorzubringen. Dieser Tage musste ein CSU-Mann aber schon selbst etwas schmunzeln, als er in einem längeren Vortrag zunächst vom dringend nötigen Bürokratieabbau sprach und ein paar Sätze später über dringend nötige maximal bürokratische Hemmnisse. Beim Cannabis, weil da die Regelungswut halt prima in den Kram passt.

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