SZ-Serie: Urlaub daheim:Zu Besuch bei Kaiserin Sisi

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Überreste des Stammsitzes des Geschlechts Wittelsbach am Burgplatz in Oberwittelsbach. (Foto: Florian Fuchs)

Das Sisi-Schloss wird als solches geschickt vermarktet, weil Elisabeth von Österreich dort teilweise aufwuchs. Die Wittelsbacher selbst haderten lange mit ihrem Stammsitz.

Von Florian Fuchs

Der Haarwaschtag, der alle drei Wochen stattfand, muss eine leidvolle Prozedur gewesen sein. Aber was tat Kaiserin Sisi nicht alles für die Schönheit? Ihre Haarpracht ließ sie also mit 30 Eigelb und Cognac waschen und mit destilliertem Wasser spülen. Es folgte eine Spülung mit 15 bis 20 Flaschen Franzbranntwein, zur Kräftigung der Haare und Durchblutung der Kopfhaut. Weil die langen Haare aber auch trocken werden mussten, und ein elektrischer Föhn noch nicht erfunden war, wurden sie zum Schluss über Stellagen gehängt, um sie an der Luft zu trocknen. Das konnte einige Stunden dauern.

Das Leben der Kaiserin Sisi ist bis ins kleinste Detail zerlegt, in der Ausstellung im Sisi-Schloss in Unterwittelsbach im Landkreis Aichach-Friedberg aber lernt selbst der versierteste Monarchist noch etwas dazu. Das Wasserschloss mit dem Park und den Weihern nahe Aichach ist touristisch geschickt nach der berühmten Kaiserin benannt, weil sie hier teilweise aufwuchs und viele Kindheitstage verbrachte. Die Gegend gilt als Wiege der Wittelsbacher, ganz in der Nähe, in Oberwittelsbach, stand einst die Stammburg der Wittelsbacher, von der sich der Name des Geschlechts ableitete. Von 1180 bis 1918 lenkten die Wittelsbacher die Geschicke Bayerns. Eine Wanderung zwischen dem Sisi-Schloss und dem alten Burgplatz, auf dem heute eine Kirche und Überreste der bereits im Jahr 1209 geschleiften Stammburg stehen, führt also ganz tief hinein in die bayerische Monarchiegeschichte.

Am Burgplatz dokumentieren Schautafeln die Bedeutung des Ortes. (Foto: Florian Fuchs)

Vom Parkplatz des Schlosses aus führt der Wanderweg dagegen erst einmal durch den Schlosspark. Ein Abstecher auf einem kleinen Pfad um den Weiher hinter dem Schloss herum lohnt sich, er ist eines der wichtigsten Amphibien- und Libellenbiotope im Landkreis. Der Weg aus dem Schlosspark heraus führt dann links herum an den Feldern vorbei in den an heißen Tagen wohltuend schattigen Forst hinauf nach Oberwittelsbach. Der Weg ist gut ausgeschildert, Wanderer folgen dem Tannensymbol und den Stationen der Lauschtour, die man sich unter anderem aufs Handy laden kann. So ist es dem Wanderer möglich, sich die Geschichte der Wittelsbacher auf dem hin und zurück knapp fünf Kilometer langen und entspannt zu gehenden Weg zwischen Schloss und Burgplatz erzählen zu lassen. Am Burgplatz selbst dokumentieren zahlreiche Schautafeln die Bedeutung des Ortes.

Die Burg Wittelsbach wurde erstmals 1115 urkundlich erwähnt, seit damals nennt sich auch die Familie so. Der Stammsitz hatte wohl zuvor dem Grafen von Kühbach gehört, einer Ortschaft in der Nähe, die heute vor allem durch die gleichnamige Brauerei bekannt ist. Der Graf von Scheyern übernahm die Burg und nannte sich bald "Otto von Witilinesbac". 1180 setzte Kaiser Friedrich Barbarossa den Welfen Heinrich den Löwen als Bayernherzog ab und verlieh Otto von Wittelsbach das Herzogamt. Die Wittelsbacher, so vermerkt es eine der Schautafeln, herrschten auch in der Rheinpfalz und stiegen zu Königen in Schweden, Dänemark und Griechenland auf, drei Vertreter des Hauses waren Könige oder Kaiser des Heiligen Römischen Reiches. Als berühmteste Wittelsbacherin ging allerdings Sisi in die Geschichte ein, die Kaiserin von Österreich.

Die Kapelle ist bis heute erhalten. (Foto: Florian Fuchs)

Die Wittelsbacher fremdelten lange mit dem Ort ihres Stammsitzes. Es ist dokumentiert, dass sich erst um 1800 herum die Aichacher Bürger der Bedeutung des Platzes besannen. Es dauerte bis 1832, dass der Grundstein für ein repräsentatives Monument gelegt wurde: Das Nationaldenkmal, errichtet zur Regierungszeit von Ludwig I., ehrt die Wittelsbacher bis heute, der König selbst ließ sich bei der Einweihung allerdings vertreten. Erst 1857 besuchte Max II. den Burgplatz als erster Wittelsbacher seit Jahrhunderten. "Also hier stehe ich auf dem Boden meiner Ahnen", ist als Reaktion von ihm überliefert. Die alte Burg wurde früh zerstört, weil Pfalzgraf Otto IV. aus ungeklärten Gründen 1208 in Bamberg den deutschen König Philip von Schwaben mit dem Schwert erschlug - Otto war damit der erste Königsmörder der deutschen Geschichte. Nur die Kapelle blieb erhalten, die heutige Burgkirche erhielt 2020 den bayerischen Denkmalpflegepreis.

Das Restaurant Burghof in Oberwittelsbach mit Biergarten bietet sich als Raststätte an, Getränke und Kuchen serviert an Wochenenden auch das Team vom Sisi-Schloss. Es gibt zahlreiche Wander- und Radwege rund um die Wiege der Wittelsbacher, die verschieden kombinierbar sind. Der Rückweg zum Schloss ist auf dem Hinweg möglich, es bietet sich aber auch eine Runde durch Oberwittelsbach an, dann hinein in die Herzog-Otto-Straße und immer geradeaus unten an der Burg vorbei - so gelangt man fast schon am Ende des Forstes zurück auf den Wanderweg, auf dem eine Skulptur an den Landtag der niederbayerischen Stände aus dem Jahr 1504 erinnert. Aichach - heute in Schwaben gelegen - gehörte damals noch zu Niederbayern. Eine Stele am Übergang von den Feldern in den Forst hinein zeigt die Entfernung zu den wichtigsten Handelspartner der Aichacher im Mittelalter: Regensburg: 110 Kilometer. München: 50 Kilometer. Rain: 34 Kilometer. Und Augsburg: 23 Kilometer.

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Da ist es praktisch, dass das Schloss mit seiner Kapelle nur einen Sprung entfernt ist. 1000 Quadratmeter Wohnfläche zählt das Schloss, das bis 1958 im Besitz der Wittelsbacher war, bevor es zum Jugendheim und von 1999 an von der Stadt Aichach aufwendig renoviert wurde. Heute ist hier viel über die Geschichte der Wittelsbacher und Sisi zu erfahren, im zweiten Stock des Schlosses sind jährlich wechselnde Sonderausstellungen zur Kaiserin Österreichs zu sehen. "Frauenpower im Hause Habsburg" ist das Motto der diesjährigen Sonderausstellung: "Elisabeth und Maria Theresia. Zwei starke Frauen".

© SZ vom 09.07.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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