Unter Bayern:Früher war mehr Banküberfall

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Das Gelände der Universität Regensburg. (Foto: Armin Weigel/dpa)

Klima-Aktivisten besetzen an der Regensburger Uni einen Hörsaal - mit Vorankündigung und Einverständnis der Leitung. Man möchte sie an den legendären Protest ihrer Oberpfälzer Landsleute erinnern.

Glosse von Deniz Aykanat, Regensburg

Es fängt schon damit an, dass die Vorlesung sowieso fast zu Ende ist, als Klimaaktivisten an der Regensburger Uni einen Hörsaal kapern. Studierende der Gruppe "End Fossil Regensburg" hängen Transparente an die Tafeln und machen klar, dass sie bis Freitagmorgen dort zu nächtigen gedenken - aus Protest gegen die Umweltverpestung durch Kohle und Gas und um Info-Workshops zu Klimaschutz und sozialer Gerechtigkeit abzuhalten.

Eine der Aktivistinnen fühlt sich bei der Besetzung offenbar dazu verpflichtet klarzustellen: "Das hier ist kein Banküberfall. Ihr dürft alle gehen, wenn ihr wollt." Überfallartig war hier tatsächlich nichts, denn die Besetzung war angekündigt. Die Uni-Leitung war informiert und sogar einverstanden! Geplante Vorlesungen wurden verlegt, schreibt der Bayerische Rundfunk.

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Es stellen sich mehrere Fragen: Ist das dann noch eine Besetzung? Und tut es so überhaupt noch weh genug? Warum kleben sich die Studierenden nicht vor der Einfahrt zum wirklich riesigen Parkplatz der Regensburger Uni fest?

Mit der Protestkultur ist es in Bayern ja so eine Sache. Eigentlich lassen sich Bayerinnen und Bayern traditionell nicht gerne sagen, was sie zu tun und zu lassen haben. Solange sie ihre Ruhe haben, läuft es aber recht harmonisch ab. Gleichzeitig oder gerade deshalb hat die Obrigkeit im Freistaat einen Hang zum Durchgreifen - oder gleich zum vorauseilenden Durchgreifen, siehe festklebende "Letzte Generation"-Demonstranten, die man in Bayern kurzerhand in Präventiv-Haft nimmt. Wenn es die Staatsmacht aber zu bunt treibt oder das Bier zu teuer wird, dann können Bayern schon mal explodieren.

Statt zu explodieren, wird gerade aber viel diskutiert über Menschen, die sich aus Verzweiflung über eine Welt, die sehenden Auges in die Klimakatastrophe rennt, an Autobahnen festkleben. Ach, der arme Asphalt. Moderator Markus Lanz musste sich deswegen so arg aufregen, dass er jüngst in seiner Sendung die "Letzte Generation"-Sprecherin darüber aufklärte, der Mensch könne sich doch an die Erderwärmung anpassen. Ja, auch das wirft Fragen auf. Zum Beispiel die, ob Lanz die Erwärmung eines anderen Planeten meint oder die letzten Jahre nicht auf der hiesigen Erde verbracht hat.

Angesichts dieser mit gewohntem Selbstbewusstsein vorgetragenen Verblendung will man den eventuell ein bisschen zu netten Besetzern in Hörsaal 2 Mut zusprechen und ihnen die erfolgreichen Proteste ihrer Oberpfälzer Landsleute gegen die Atomare Wiederaufbereitungsanlage in Wackersdorf ins Gedächtnis rufen. Früher war mehr Banküberfall.

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