Bayerischer Wald:Streit um Nationalpark beigelegt - zumindest vorerst

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Der Borkenkäfer ist wenige Millimeter klein, aber eine große Gefahr für die Fichten. (Foto: Andreas Arnold/dpa)

Naturschützer vertrauen auf Zusage von Umweltminister Glauber, dass die Naturzone im Bayerischen Wald nicht aufgeweicht wird. CSU-Landrat gibt Vize-Ministerpräsident Aiwanger die Schuld dafür, dass die Auseinandersetzung eskaliert ist.

Von Christian Sebald, München

Nach der Beilegung des Streits um den Naturschutz im Nationalpark Bayerischer Wald geht der Landesbund für Vogel- und Naturschutz (LBV) davon aus, dass so "ein Tabubruch" sich nicht wiederholen wird. "Umweltminister Thorsten Glauber hat sich klar zur Naturzone des Nationalparks bekannt", sagt LBV-Chef Norbert Schäffer. "Wir sehen seine Worte als eine Garantie für die Zukunft an, dass die Naturzone unantastbar ist und dort Natur Natur sein darf und der Mensch also nicht eingreift." Auch beim Bund Naturschutz (BN) erwarten sie, dass der Nationalpark und insbesondere die Naturzone in dem Schutzgebiet "erst einmal gesichert ist". BN-Chef Richard Mergner rechnet allerdings damit, dass die Nationalpark-Kritiker in der Region und der Staatsregierung nicht aufhören werden, den Nationalpark schwächen zu wollen. Deshalb bleibe der Streit ein "negatives Signal".

Derweil hat der Nationalparkausschuss am Montag die Pläne von Nationalparkchefin Ursula Schuster abgesegnet, nach denen etwas mehr als 18 Hektar aus der Naturzone herausgenommen und in die angrenzende Managementzone überführt werden, damit dort der Borkenkäfer bekämpft werden kann. Naturschützer, allen voran LBV-Chef Schäffer, hatten das als Schwächung des Schutzgebiets scharf kritisiert. Anders als ursprünglich vorgesehen, werden freilich an anderer Stelle als Ausgleich 18 Hektar Fläche von der Managementzone in die Naturzone überführt, sodass sich quantitativ keinerlei Änderung an der Naturzone ergibt. Umweltminister Glauber, der kraft Amtes für den Nationalpark zuständig ist, hatte den Ausgleich angeordnet, um die tief verärgerten Naturschützer zu besänftigen.

Auf Außenstehende mag der Streit einigermaßen skurril wirken. Schließlich machen die Flächen, um die es geht, gerade einmal 0,07 Prozent des etwa 25 000 Hektar großen Schutzgebiets aus. Für die Naturschützer und sehr viele Nationalpark-Fans rühren die Pläne gleichwohl an den Grundfesten des Schutzgebiets. Für sie ist der Nationalpark Bayerischer Wald als ältester und wohl renommiertester Nationalpark Deutschlands das Flaggschiff des Naturschutzes im Freistaat. Er dürfe nicht angetastet werden, sagt Schäffer. Nach seiner Überzeugung zeigt der Streit außerdem, dass ein harter Kern von Forstleuten, Waldbesitzern und anderen Kritikern das inzwischen fast 54 Jahre alte Schutzgebiet immer noch lieber heute als morgen wieder weg hätten.

Als Beleg verweist Schäffer auf Äußerungen des Forstchefs der Hohenzollern, Raimund Friderichs, im BR. Den Hohenzollern gehören in direkter Nachbarschaft zum Nationalpark 2200 Hektar Wald, sie sind damit einer der großen Waldbesitzer in der Region. Friderichs hat im BR vorgeschlagen, aus den Flächen des Nationalparks einen Naturpark zu machen, dann dürfe man dort den Borkenkäfer bekämpfen. Den Bürgern sei es schließlich egal, ob sie in einem Nationalpark oder in einem Naturpark seien. "Solchen Begehrlichkeiten muss ein Riegel vorgeschoben werden", sagt Schäffer. "Wir verlassen uns deshalb auf Glaubers Worte."

Der Vorsitzende des Nationalparkausschusses, dem die Kommunen rund um das Schutzgebiet angehören, und Landrat des Landkreises Freyung-Grafenau, Sebastian Gruber (CSU), gibt Vize-Ministerpräsident Hubert Aiwanger (FW) die Schuld an dem Streit. "Wer wie Aiwanger immer wieder sagt, der Bayerische Wald habe sich zu Tode geschützt, fällt in ein Schwarz-Weiß-Denken zurück, von dem ich dachte, dass wir es schon lange überwunden hatten", sagt Gruber. "Dabei ist der Nationalpark eine Erfolgsgeschichte für die ganze Region." Der Landrat wünscht sich "mehr Objektivität und Seriosität, nicht zuletzt wegen der berechtigten Sorgen der Waldbesitzer wegen des Borkenkäfers". Aiwanger hatte den Kampf gegen den Borkenkäfer im Bayerischen Wald zu seiner Sache erklärt und sich mehrmals mit Waldbesitzern und Nationalpark-Kritikern getroffen.

Nationalpark-Chefin Schuster kündigt unterdessen an, dass sich ihr Schutzgebiet bei der Weltnaturschutzorganisation IUCN für die Anerkennung als Schutzgebiet der Kategorie II zertifizieren lassen wird. Das hochrangige Prädikat wird an Schutzgebiete mit einer Naturzone von mindestens 75 Prozent ihrer Fläche vergeben. Laut IUCN-Definition kommen dafür außerdem nur "großflächige natürliche oder naturnahe Gebiete oder Landschaften samt ihrer typischen Arten- und Ökosystemausstattung" in Frage, also Nationalparks. Die Zertifizierung soll im Sommer geschehen.

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