Unter Bayern:Heute keine Kolumne

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Es gibt Tage, an denen ergibt das Weltgeschehen in Bayern keinen Sinn. Ein Überblick über die Fragmente.

Glosse von Sebastian Beck

Aus Sicht eines Kolumnenschreibers ist dieser Freitag ein schwieriger Tag. Das bayerische Weltgeschehen liegt fragmentarisch vor ihm und entzieht sich der Deutung. Draußen regnet es, weshalb sich jetzt alle aufregen, dass es regnet. Aber darüber eine Glosse zu schreiben, geht gar nicht. Falls wirklich was passiert, steht man blöd da, und das will man als Autor auf alle Fälle vermeiden. Söder ist im Allgäu im Urlaub und fährt Fahrrad. Das trägt nicht mehr als drei Zeilen, weshalb die Meldung, wonach die Beschäftigten des Freistaats weniger oft krank seien, zwei Sekunden lang interessant erscheint. Witze über Beamte haben aber einen Bart, der länger ist als der von Gandalf. Also weg damit.

Bliebe noch Selbsterlebtes. Neulich wurde der Kolumnist in einer niederbayerischen Wirtschaft Augen- und Ohrenzeuge einiger Begebenheiten. Am Nebentisch erzählte ein Mann seinem Spezl seine Erlebnisse im Chatroom für tätowierte Singles. Das war alles sehr, sehr interessant und neu, andererseits aber erkennbar nicht zur Veröffentlichung gedacht. Scheidet also leider auch aus. Echt schade. Das wär's gewesen. Die Bedienung im Dirndl drosch vor dem Kolumnisten plötzlich zwei Halbe Bier auf den Tisch und fixierte einen Gast, der mit Husqvarna-Hosenträgern und Strohhut hinter ihm saß. Sie herrschte ihn an, er habe es jetzt "gnau beinander" und solle mal ganz "staad" sein. Weil Musik zu hören war, fragte der Kolumnist, ob irgendwo in der Altstadt gerade ein Oper-Air stattfinde. Man will ja mit den Locals ins Gespräch kommen. Die Bedienung antwortete, das sei eine Privatveranstaltung, in die sie jetzt bald reinschießen werde. Auf Bairisch: "reischiassn". Ja, gut. Aber darüber gleich 60 Zeilen schreiben?

Irgendwas vom Gäubodenfest vielleicht. Was Nettes. War da was? Ein voll betankter Typ auf einer Bank fragte den Kolumnisten, ob er vom Bayerischen Rundfunk sei. Nein, antwortete dieser wahrheitsgemäß, von der Süddeutschen Zeitung. Die "Süddeitsche", die sei so was von links, da schreibe doch dieser Prantl, sagte der Mann auf der Bank.

Da war der Kolumnist ein wenig traurig, weil er sich gerne über was anderes unterhalten hätte. Meinetwegen sogar über die Trockenheit oder die Maisernte. Für eine Glosse taugt das alles nichts. Deshalb fällt Unter Bayern heute leider aus.

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