Mobilität in Bayern:Drehscheibe für Flugtaxis

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Fliegt man in Zukunft mit dem Flugtaxi zum Alten Peter in München? Unter Leitung von Airbus wollen sich Firmen, Hochschulen und die Stadt Ingolstadt jedenfalls zur Air Mobility Initiative zusammenschließen, um die Entwicklung des elektrischen Luftverkehrs voranzutreiben. (Foto: Airbus Helicopters)

Unter der Leitung von Airbus will eine neue Initiative den elektrischen Luftverkehr voranbringen. Auch die Stadt Ingolstadt beteiligt sich daran - in der Hoffnung auf "die Arbeitsplätze der Zukunft".

Von Maximilian Gerl, München/Ingolstadt

Der Raum der großen Pläne verbreitet angemessenen Start-up-Spirit. Die Gäste sitzen auf Couchen oder lümmeln auf einer Art Podest, während vorne auf dem Bildschirm futuristische Gefährte vorbei- und via Livestream in die Welt hinausziehen. Von einer neuen Mobilität ist an diesem Mittwochvormittag die Rede; von Drohnen und Flugtaxis, die sich autonom durch bayerische Lüfte bewegen, um dann später womöglich weltweit den Transport zu revolutionieren. Denn unter Leitung von Airbus wollen sich Firmen, Hochschulen und die Stadt Ingolstadt zur Air Mobility Initiative zusammenschließen, um die Entwicklung des elektrischen Luftverkehrs voranzubringen - mit Ingolstadt als Drehscheibe für neue Konzepte.

Um diese großen Pläne zu erklären, sind die Verantwortlichen ins Münchner Airbus-Büro gereist. Rund 30 Partner listet die neue Initiative mit dem Kürzel AMI auf, darunter die Deutsche Bahn, das Rote Kreuz, die Technische Universität München und die Telekom. Der Freistaat fördert das Projekt mit 17 Millionen Euro, der Bund mit 24 Millionen. Damit sei man die größte Initiative in diesem Bereich in Europa, sagt AMI-Chef Andreas Thellmann.

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Das Ziel ist bereits definiert: Am Ende solle ein Transportsystem entstehen, von dem alle profitierten, sagt Markus May, Chef der Airbus-Sparte Air Mobility. Dazu müsse man "viele verschiedene Akteure vernetzen". Gemeinsam erfolgreich sein also - statt womöglich einsam zu spät. Denn die Konkurrenz ist groß. Vor Ausbruch der Corona-Pandemie arbeiteten nach Branchenschätzungen weltweit knapp 100 Unternehmen an bemannten Transportdrohnen. In Bayern ist neben Airbus vor allem Lilium aus dem Münchner Umland für Flugtaxis bekannt. Seit Kurzem engagiert sich zudem hierzulande mit Auto-Flight ein chinesisches Start-up.

Abstrakter ist der Weg zum Ziel. "In einem ersten Schritt werden die AMI-Partner die technologischen, infrastrukturellen, rechtlichen und gesellschaftlichen Voraussetzungen für den zukünftigen städtischen Luftverkehr angehen", heißt es hierzu in einer Airbus-Mitteilung. Vielleicht begreift man die Initiative ohnehin besser als eine Entwicklungsallianz: als ein Bündnis, das Greifbares schaffen will, wo bisher Theorie vorherrscht. Außer Prototypen kann die Flugtaxi-Branche wenig vorweisen. Und von politischer Seite fehlen Vorgaben für die neuen Gefährte und die Infrastruktur, die sie mit sich brächten, vom Laden der Batterien bis zu geeigneten Start- und Landeplätzen, den Vertiports. "Da müssen wir alle noch dran arbeiten", sagt Ralf Gaffal vom Flughafen München, ebenfalls AMI-Partner.

Noch handelt es sich bei den elektrisch angetriebenen Fluggeräten wie diesem neuartigen Flugtaxi CityAirbus um Prototypen. Exakte Vorgaben der Genehmigungsbehörden stehen noch aus. (Foto: Armin Weigel/dpa)

Am konkretesten lassen sich die Pläne vielleicht in Ingolstadt fassen. Südlich der Stadt, auf dem Flugplatz Manching, heben die Prototypen ab, die Airbus in Donauwörth fertigt. Bislang lebt die Region ja vor allem von und mit Audi, der Autobauer war lange verlässlicher Job-Garant. Als man in Ingolstadt vor ein paar Jahren ein digitales Gründerzentrum aus der Taufe hob, sollte sich das noch zu einem Zentrum für neue Mobilitätsanwendungen aller Art entwickeln. Inzwischen steht dort jedoch klar die Luftfahrt im Fokus. "Uns geht es um die Arbeitsplätze der Zukunft", begründet Ingolstadts Wirtschaftsreferent Georg Rosenfeld das Engagement in der neuen Initiative. Angesichts der Transformation im Autobau müsse man darüber nachdenken, "welche Stärken wir noch haben in der Region".

Die Initiative selbst ist überregional: So bringt das Frankfurter Unternehmen Droniq Ideen zur Flugsicherung ein, während die Universität Stuttgart bei der Entwicklung eines neuen Luftfahrzeugs helfen soll. Eines ist am Mittwoch als Modell im Raum vertreten. Der City-Airbus Next Generation erinnert äußerlich an eine Mischung aus Helikopter und Senkrechtstarter. Acht Rotoren sollen vier Passagiere auf 120 Stundenkilometer beschleunigen. Die Reichweite des Batterie-Vehikels gibt Airbus mit 80 Kilometern an, Gegenwind eingerechnet. 2023 soll es erstmals öffentlich abheben, ein Jahr später die Zertifizierung beginnen. "Am Anfang werden wir pilotiert fliegen", sagt May. Langfristig ist der autonome Betrieb vorgesehen.

Wann die großen Pläne in kommerziellen Durchbrüchen münden, mag am Mittwoch niemand prophezeien; vielleicht fliegen die Lufttaxis in zehn Jahren durchs Land, vielleicht in 20. So oder so noch etwas Zeit für die Initiative, um die Menschen davon zu überzeugen. Herausfordernd dürfte etwa die Lärmfrage werden, also was Passagierdrohnen am Himmel den eh schon vielfach beschallten Ohren am Boden zusätzlich zumuten dürfen. Jetzt aber geht es laut Rosenfeld vor allem um eines: die Dinge auf die Straße zu bringen, "wie man im Autobau sagen würde".

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