Corona in Bayern:Diese neuen Beschlüsse gibt es für Schulen

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Deutsch und Mathe sind Pflichtfächer, klar, aber Religion nicht. Dafür müssen sich die Kinder in Berlin bisher eigens anmelden. (Foto: Friso Gentsch/dpa)

Während der Corona-Pandemie soll Religionsunterricht an den Schulen konfessionsübergreifend stattfinden. Das klingt praktisch, wirft aber Fragen auf. Zudem gibt es mehr Geld für Aushilfslehrkräfte und Schulassistenzen.

Von Andreas Glas, Kassian Stroh und Paula L. Trautmann, München

Für die Dauer der Corona-Pandemie ist an Bayerns Schulen nun auch ein konfessionell gemischter Religionsunterricht möglich. Das hat Kultusminister Michael Piazolo (Freie Wähler) am Dienstag nach der Sitzung des Kabinetts in München mitgeteilt. Zuvor hatten sich das Katholische Büro Bayern und die Evangelische Landeskirche auf einen "temporär kooperativen Religionsunterricht in Zeiten von Corona" geeinigt. War es bislang so, dass Schülerinnen und Schüler einer gemeinsamen Glaubensrichtung aus mehreren Klassen zusammengezogen wurden, soll der gemeinsame Unterricht verhindern, dass sich die Schulklassen durchmischen. Es gehe darum, "nach Möglichkeit feste Gruppen zu haben", um das Ansteckungsrisiko möglichst gering zu halten, sagte Piazolo.

Dass katholische, evangelische und Ethik-Schüler gemeinsam im Religionsunterricht sitzen, ist ein Novum in Bayern. Da das Grundgesetz den konfessionsgebundenen Unterricht garantiert, spricht Minister Piazolo dann auch von einem "sensiblen Thema". Während es in anderen Bundesländern bereits vor der Pandemie Mischklassen gab, gibt es den konfessionell-kooperativen Religionsunterricht im Freistaat nur als Modellversuch an einzelnen Schulen. Dass dies nun flächendeckend möglich ist, sei "eine Ausnahmesituation", betonte Piazolo. Ein Dauerzustand soll der gemischte Unterricht nicht werden. "Das wollen wir auch nicht", sagte er.

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Es handle sich um "ein Angebot an die Schulen". Der gemeinsame Unterricht bedürfe der Zustimmung der Lehrkräfte und aller Eltern der betroffenen Schüler. In der Praxis sieht der "temporär kooperative Religionsunterricht" vier unterschiedliche Modelle vor, die zur Wahl stehen. Das weitreichendeste Modell sieht vor, dass sich die Lehrer für katholischen und evangelischen Religionsunterricht sowie die Ethik-Lehrer abwechseln und "weltanschaulich sensibel" unterrichten.

An den Schulen fallen die Reaktionen gemischt aus. "Wir haben uns vorher schon überlegt, dass es angesichts der Quarantänemaßnahmen besser wäre, die Koppelungen aufzulösen", sagt Margit Jung, Ethiklehrerin am Max-Mannheimer-Gymnasium Grafing. Sie begrüßt, dass das Kultusministerium neue Möglichkeiten eröffnet. An der Fachoberschule Rosenheim ist die Situation anders. "Eine Woche kommen maximal zwölf Schüler in die Schule, sind im Klassenzimmer und sitzen auf Abstand mit Maske. Der Rest ist zu Hause und wird online dazu geschaltet", sagt Religionslehrerin Dorothea Schwammberger. Der Religions- und Ethikunterricht bleibe auch aufgrund der guten Ausstattung der Schule weiterhin getrennt.

"Der Druck, dass Teile von Klassen nach Hause in Quarantäne geschickt werden müssen, ist immens hoch", sagt Reiner Geißdörfer, Religionslehrer, Pfarrer und Schulleiter am Dürer-Gymnasium Nürnberg. Deshalb werde auch in Nürnberg darüber nachgedacht, klassenbezogen zu unterrichten. "Das fällt uns schwer, das ist ein Modul, in dem sich die Kinder ernst genommen fühlen vor ihrem eigenen Hintergrund", sagt Geißdörfer. Denn an seiner Schule werde neben Ethik, katholischer und evangelischer Religion auch Islamunterricht angeboten. Er sei gespannt, wie es gelingen werde, einen Konsens herbeizuführen, da die Zusammenführung viele kritisch sehen würden. "Wir brauchen da die Zustimmung von allen, vor allem auch von den Eltern", sagt Geißdörfer.

20 Millon Euro mehr für Aushilfslehrkräfte und Schulassistenzen

Jahrgangsspezifisch werde dann nach übergreifenden Themen gesucht, die in allen Lehrplänen vorhanden sind: Umgang mit Texten, Interpretation, Wirkungsgeschichte. "Ich habe da überhaupt gar nichts dagegen, mal eine andere Form des Unterrichts zu entwickeln, aber auf Dauer wollen die Schüler in ihrem Kurs sein", sagt der Schulleiter und Pfarrer. Der Religionsunterricht sei sehr werteorientiert, man müsse immer kritisieren und hinterfragen dürfen. "Aus dieser Offenheit heraus entwickelt sich natürlich ein ganz spannender Unterricht", sagt Geißdörfer.

Neben den neuen Möglichkeiten beim Religionsunterricht hat Kultusminister Piazolo angekündigt, dass der Freistaat für das laufende Schuljahr zusätzlich 20 Millionen Euro für Aushilfslehrkräfte und sogenannte Schulassistenzen für Aufgaben außerhalb des Unterrichts zur Verfügung stellt. Für die Schulen bedeute die Pandemie "einen sehr personalintensiven Betrieb", sagte Piazolo. Die Verfügbarkeit von Personal sei entscheidend, um den Präsenzunterricht solange wie möglich aufrechtzuerhalten.

Derweil hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof entschieden, dass die Maskenpflicht im Unterricht rechtens ist, auch in Grundschulen. Er lehnte einen Eilantrag zweier Grundschülerinnen ab, die diese Pflicht auf dem Schulgelände nicht akzeptieren wollten. Allerdings müsse man den Schülern Tragepausen genehmigen - "im Freien und unter Einhaltung des Mindestabstands", wie es in der Mitteilung des Gerichtshofs heißt. Die Maskenpflicht sei "eine verhältnismäßige Schutzmaßnahme", um die Ausbreitung des Coronavirus einzudämmen. Denn auch jüngere Schüler könnten sich mit dem Erreger infizieren und ihn weitergeben. Eine Maske zu tragen, sei für Schüler grundsätzlich zumutbar.

Allerdings müsse man eine Ausnahme zulassen, wie sie auch Mediziner forderten, schreiben die Verwaltungsrichter: "Weil Schüler wegen der Schulpflicht das Tragen einer Mund-Nase-Bedeckung nicht vermeiden könnten, verlange der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz jedoch, dass ihnen während Pausen im Freien und unter Einhaltung des Mindestabstands eine Tragepause ermöglicht werde." Gegen den Beschluss gibt es kein Rechtsmittel (Az. 20 NE 20.2349).

© SZ vom 11.11.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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