Mal angenommen, der Amtschef von Kultusminister Michael Piazolo würde privat Interviews geben und seine Meinung auf Twitter verbreiten, wonach die Schulpolitik Bayerns falsch sei und dringend die Gesamtschule eingeführt werden müsse: Wie würde der Minister wohl reagieren? Er würde ihn sofort von seinem Posten entfernen und ihn ins noch zu gründende Referat für Zwergschulen im westlichen Mittelfranken versetzen.
Der Gesundheitsamtsleiter im Landkreis Aichach-Friedberg ist zwar kein Spitzenbeamter. Aber Friedrich Pürner leitet dort eine Behörde, die gerade in diesen Zeiten eine mitunter lebenswichtige Aufgabe erfüllt. Als solcher kritisiert er seit geraumer Zeit ausgerechnet die Anti-Corona-Politik der Staatsregierung - und das auf allen öffentlichen Kanälen. An diesem Freitag hat er dazu sogar eine Pressekonferenz einberufen. Dabei ist es sein Job, die Maßnahmen umzusetzen und den Menschen zu vermitteln.
Besonders heikel wird das, wenn der Gesundheitsamtschef den Nutzen von Alltagsmasken infrage stellt. Mal abgesehen davon, dass es weltweit immer mehr Erkenntnisse gibt, wonach auch einfache Masken sehr wohl das Infektionsrisiko senken, verhält sich Pürner damit seinem Dienstherrn gegenüber grob illoyal - auch wenn das dem CSU-Landrat Klaus Metzger anscheinend egal war.
Das heißt keinesfalls, dass der Leiter des Gesundheitsamts seine Meinung für sich behalten soll. Im Gegenteil: Als Beamter hat er nicht nur das Recht, sondern sogar die Pflicht, auf Versäumnisse des Staats beim Infektionsschutz hinzuweisen - allerdings intern, auch wenn das ein bisschen spießig klingen mag. Beamte haben nun mal eine besondere Treuepflicht gegenüber dem Staat. Im Beamtenstatusgesetz heißt es dazu: "Beamte haben bei politischer Betätigung diejenige Mäßigung und Zurückhaltung zu wahren, die sich aus ihrer Stellung gegenüber der Allgemeinheit und aus der Rücksicht auf die Pflichten ihres Amtes ergibt."
Dafür genießen Beamte auch eine Reihe von Privilegien, auf die andere gerade in Krisenzeiten neidisch sein dürften. Deshalb fliegt Pürner auch nicht raus, sondern wird nur ans Landesamt für Gesundheit in Schleißheim versetzt. Da hat er Glück gehabt.