Aus der Landespolitik:Ein 29-Euro-Ticket für Bayern - vor der Wahl plötzlich keine "Tagträumerei" mehr

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In Bayern gilt das Ticket zwar "nur" für Azubis, Studierende und junge Menschen im Freiwilligendienst. Aber 29 Euro sind eben 29 Euro und keine 49, wie die meisten für den Neun-Euro-Nachfolger zahlen. (Foto: Sven Hoppe/dpa)

Als Berlin den Nachfolger für das Neun-Euro-Ticket einführen wollte, vermutete Bayerns Verkehrsminister ein "reines Wahlkampfmanöver". Jetzt hat der Freistaat doch ein solches Ticket. Soll man Bernreiter nun beim Wort nehmen?

Glosse von Maximilian Gerl

Vor dem Hier und Heute muss man in die Vergangenheit reisen. Das ist in diesem Fall kein Problem, es geht im weitesten Sinne um die Bahn und die ist grundsätzlich nicht ganz auf Höhe der Zeit. Flugs also hineingeklettert in unsere Zeitreisemaschine und das exotische Datum Oktober 2022 eingestellt! Schon hört man wieder, wie aus dem Berliner Rathaus ein Vorschlag nach München dringt.

Ein 29-Euro-Ticket hatte das Land Berlin damals eingeführt, als Nachfolger für das Neun-Euro-Ticket, mit dem sich für kurze Zeit so günstig im Nahverkehr fahren ließ. Eine gute Idee, fanden Teile der Opposition im bayerischen Landtag, das wäre doch auch für den Freistaat was. "Tagträumerei", befand Verkehrsminister Christian Bernreiter (CSU). Alles viel zu teuer, auch sei der öffentliche Verkehr im Flächenland Bayern mit dem im Stadtstaat Berlin nicht vergleichbar. "Ich habe außerdem stark den Eindruck, dass das 29-Euro-Ticket in Berlin ein reines Wahlkampfmanöver ist."

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Damit schnell wieder hinein in die Zeitreisemaschine und zurück ins Hier und Heute. Und das ist wahrlich seltsam. Im Juli 2023 hat die Staatsregierung doch tatsächlich - Trommelwirbel! - ein 29-Euro-Ticket eingeführt. Zwar "nur" für Azubis, Studierende und junge Menschen im Freiwilligendienst. Aber 29 Euro sind eben 29 Euro und keine 49, wie die meisten für den Neun-Euro-Nachfolger Deutschlandticket zahlen. Bernreiter befand jedenfalls: "Für 29 Euro quer durch Deutschland ist eine hervorragende Sache." Die den Freistaat in diesem Jahr wohl 55 Millionen Euro kosten wird.

Als Zeitreisender steht man jetzt vor dem Dilemma, Dinge zu erklären, die mal als unmöglich galten. Die vermeintlich naheliegendste Antwort wäre, Bernreiter beim Wort zu nehmen und hinter dem bayerischen 29-Euro-Ticket ein "reines Wahlkampfmanöver" zu vermuten. Aber wer die Staatsregierung kennt, weiß natürlich, dass so etwas völlig abwegig ist. Wahrscheinlicher muss dem Zeitreisenden selbst ein Malheur unterlaufen sein. Aus Filmen wie "Zurück in die Zukunft" ist bekannt: einmal während der Reise in die Vergangenheit falsch abgebogen, schon entstehen verrückte Paralleluniversen in der Gegenwart. Hallo also, alternatives Jahr 2023 - und hallo, Ministerpräsident Uli Hoeneß!

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