Mitten in Aschau:Kranz unterm Stahlhelm

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Das Grab des frühen Nationalsozialisten und Hitler-Vertrauten Hermann Kriebel am Friedhof der Gemeinde Aschau im Chiemgau. Das kleine Hakenkreuz am Stahlhelm wurde vor einigen Wochen entfernt. (Foto: Matthias Köpf)

Das Hakenkreuz am Grab des frühen Nationalsozialisten Hermann Kriebel in Aschau ist endlich weg. Vorher hat die Bundeswehr darunter aber noch einen Kranz für den gleichnamigen Enkel niederlegen müssen.

Kolumne von Matthias Köpf

Hermann Kriebel war ein Nazi der allerersten Stunde und saß als früher Vertrauter von Adolf Hitler und als führender Teilnehmer von dessen Marsch zur Münchner Feldherrnhalle von 1923 ein Jahr lang mit Hitler in Landsberger Festungshaft. Der Stahlhelm mit dem Reichsadler prangt immer noch auf dem Grab des 1941 verstorbenen Kriebel am Friedhof der Gemeinde Aschau im Chiemgau, doch das Hakenkreuz, das der Reichsadler in seinen Krallen hielt, wurde vor einigen Wochen entfernt. Um wie viel zu spät das geschehen ist, zeigt der Kranz, der im Februar an dem Grab niedergelegt wurde.

Dabei hat es die vermeintliche Provokation von Rechtsextremen, die der Aschauer Geschichtsverein aus vergleichsweise guten Gründen in dieser Kranzniederlegung vermutet hatte, gar nicht gegeben. Denn jener Kranz mit dem schwarz-rot-goldenen Band und der Aufschrift "Der Bundesminister der Verteidigung", der im Februar an dem Kriebel-Grab niedergelegt worden war, ist echt gewesen.

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Der Kranz galt aber nicht dem frühen Nazi Hermann Kriebel, sondern dessen Enkel gleichen Namens. Dieser zwei Generationen jüngere Hermann Kriebel war Oberstleutnant der Reserve bei der Bundeswehr und ist im vergangenen Jahr gestorben. In dem Aschauer Familiengrab der Offiziersdynastie, deren Mitglieder schon Königen, Diktatoren und der Republik gedient haben, wurde im Februar seine Urne beigesetzt. Darauf haben andere Familienangehörige nun hingewiesen.

Das Landeskommando Bayern der Bundeswehr erwies dem jüngeren Kriebel im Auftrag des Verteidigungsministeriums mit jenem Kranz die letzte Ehre - niedergelegt von einem Vertreter der Streitkräfte der demokratischen Bundesrepublik an einem Grab, das zu jener Zeit im Februar noch mit einem Hakenkreuz verziert war. Dieses Hakenkreuz war immerhin so klein, dass es niemand unbedingt sehen musste, der sich den Stahlhelm nicht genauer angeschaut hat oder der es schlicht nicht sehen wollte. Davon gab es lange Zeit viele in Aschau. Der Helm und der Reichsadler sind immer noch da. Sie sind geblieben, und sie bleiben bestenfalls Geschmackssache. Immerhin sind sie nicht strafbar. Das Hakenkreuz ist endlich weg.

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