Mittelfranken:Allersberg hält an SA-Mann auf Straßenschild fest

Lesezeit: 1 min

So schön ist Allersberg, Mittelfranken. Bilder aus dem gemeindlichen Bauhof gibt es freilich nicht, dort liegen Schilder, die einen SA-Mann ehren - und demnächst montiert werden sollen. (Foto: Imago)

Die fränkische Gemeinde beschließt, ihren ehemaligen Bürgermeister Wilhelm Burkhardt weiterhin zu würdigen. Eine Bachelor-Arbeit kommt zur Einschätzung, dies sei "unverantwortlich".

Von Olaf Przybilla, Allersberg

In der Marktgemeinde Allersberg im fränkischen Kreis Roth wird es weiter eine Wilhelm-Burkhardt-Straße geben. Das hat der Gemeinderat am Montag beschlossen. Burkhardt war 1934 Mitglied der SA, der paramilitärischen Organisation der Nationalsozialisten. 1945 war er für wenige Monate Bürgermeister von Allersberg. 2021 hatte der Gemeinderat entschieden, in einem Neubaugebiet eine Straße nach dem früheren Bürgermeister zu benennen. Dem Gemeinderat lag nun ein Bürgerantrag auf Umbenennung der Straße vor. Dieser wurde mit den Stimmen der Freien Wähler und des Allersberger Bürger Forums abgelehnt. Für den Antrag stimmten Grüne und SPD. Die CSU war in der Frage gespalten.

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Vor der Sitzung hatte der Geschichtsstudent Gregory Bey den Gemeinderäten ein Exzerpt seiner entstehenden Bachelor-Arbeit mit dem geplanten Titel "Die Wilhelm-Burkhardt-Straße in Allersberg - eine Ehrung zu Unrecht?" zur Verfügung gestellt. Sie kommt zur Einschätzung, nach Quellenlage handele es sich bei Burkhardt "keineswegs" um eine Person, die würdig wäre, besonders geehrt zu werden. Aus historischer Sicht sei eine Ehrung im 21. Jahrhundert aufgrund zahlreicher unbeantworteter Fragen "unverantwortlich" gewesen. Die Behauptung Burkhardts, er sei aufgrund politischer Unzuverlässigkeit aus der SA ausgeschlossen worden, lasse sich nicht überprüfen; sei aber stark anzuzweifeln, da Burkhardt auch angegeben habe, aufgrund "demokratischer Einstellung" aus der Wehrmacht entlassen worden zu sein. Dies sei eindeutig widerlegbar.

Der parteilose Bürgermeister Daniel Horndasch hatte im SZ-Gespräch bereits vor der Sitzung angekündigt, das Exzerpt nicht als Gutachten, sondern als Stellungnahme eines Studenten zu bewerten. Die Gemeinde werde erst ein Gutachten in Auftrag geben, in dem diverse historische Personen - nicht nur Burkhardt - beurteilt werden sollen. Er sei insofern gegen eine Umbenennung zum jetzigen Zeitpunkt. Dem schloss sich die Mehrheit der Gemeinderäte an. Georg Decker, Gemeinderat der Grünen, kritisiert dies scharf: Die Abstimmung sei "beschämend" für den Ort, angesichts der unbestrittenen SA-Mitgliedschaft Burkhardts sei der Vorgang "kaum in Worte zu fassen".

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