Landespolitik:Eklat überschattet AfD-Parteitag

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Auf dem Parteitag der AfD in Greding sollte es um die Kommunalwahlen im Frühjahr gehen. Dann kommt es zum Eklat. (Foto: picture alliance/dpa)

Der Landtagsabgeordnete Markus Bayerbach erstattet Anzeige gegen seinen früheren Mitarbeiter und Augsburger OB-Kandidaten Andreas Jurca. Im Raum steht der Vorwurf der Volksverhetzung.

Von Johann Osel, München/Greding

Massive Konflikte in der schwäbischen AfD haben am Wochenende den Landesparteitag in Greding begleitet. Im Fokus des Treffens sollte mit Blick auf die Kommunalwahlen im Frühjahr die Arbeit der regionalen Parteibasis stehen. Doch eben dort, konkret in Augsburg, keimt nun mächtig Ärger auf: Der örtliche Landtagsabgeordnete Markus Bayerbach hat seinen früheren Mitarbeiter Andreas Jurca angezeigt - es geht dabei möglicherweise um Volksverhetzung. Jurca, 31, ist wiederum 2020 Kandidat der AfD für das Amt des Augsburger Oberbürgermeisters.

Bayerbach bestätigte die Causa auf Anfrage der Süddeutschen Zeitung, wollte aber wegen des laufenden Ermittlungsverfahrens keine weiteren Angaben machen. Zunächst hatte der Münchner Merkur darüber berichtet. Jurca sagte, er sei über die Anzeige informiert, könne nach derzeitigem Stand aber noch nicht mehr dazu sagen.

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Gut informierten Kreisen zufolge war es in dem Fall zunächst um "Datenveränderungen" und widerrechtliches Löschen gegangen. Bayerbach hatte Jurca Ende September gekündigt, Richtungsfragen sollen sie entzweit haben, aber auch Illoyalität. Ursprünglich sollte Bayerbach als OB kandidieren, zog allerdings - wohl im inhaltlichen Streit in der örtlichen AfD - zurück. Bei der Kündigung soll Jurca alle Daten des Dienstrechners gelöscht haben. Es gelang eine Wiederherstellung - dabei sollen Bilder entdeckt worden sein, die den Holocaust verharmlosen. Ob Jurca sie weiterverbreitet hat, weiß man nicht. Die Staatsanwaltschaft Augsburg bestätigte Ermittlungen. Eine Anzeige innerhalb der AfD hatte es erst im Juli gegeben: Einige Abgeordnete, darunter Bayerbach, bezichtigten Fraktionschefin Katrin Ebner-Steiner des Geheimnisverrats; es ging um interne Mails.

In Landesverband wie Fraktion tobt ein harscher Streit zwischen dem völkischen "Flügel" und eher moderaten AfD-Vertretern. Inwiefern der Augsburger Fall dem Konflikt zuzuordnen ist, blieb unklar. Bayerbach gilt als Kopf des liberaleren Lagers, in Flügel-Kreisen wird er als "Halber" (Patriot) oder "Weichspüler" verschmäht. Von Jurca sind bislang kaum Positionierungen bekannt, er ist inzwischen aber Referent der vom Flügel geprägten Fraktionsspitze.

Augsburg ist für die AfD relevant, Wahlergebnisse liegen dort über dem Landesschnitt. Auch gehören dem schwäbischen Bezirksverband Politiker mit Einfluss an, etwa Christoph Maier, parlamentarischer Geschäftsführer im Landtag, Rainer Kraft, Sprecher der Landesgruppe im Bundestag, oder Vize-Landeschef Gerd Mannes, der auch dem Bezirksverband vorsteht. Er sagte, es sei ein laufendes Verfahren, aber: "Extremistische Positionen haben in der AfD keinen Platz". Mitglieder, "die dies nicht respektieren, haben mit parteiinternen Ordnungsmaßnahmen zu rechnen".

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Den Gredinger Parteitag werteten Teilnehmer als "diszipliniert", öffentlicher Radau zwischen den Lagern wie zuletzt blieb aus. Die neue Landesvorsitzende Corinna Miazga räumte Schwierigkeiten ein, die AfD bei der Wahl 2020 in der breiten Fläche zu etablieren. Nicht in allen Kommunen werde man mit eigenen Kandidaten antreten können. Es herrsche "große Voreingenommenheit gegenüber der Partei", sagte Miazga und nannte den teils abschreckenden Auftritt als einen Grund; so etwa auch den Facebook-Post eines Kreisverbands zum Nürnberger Christkind und dessen ausländischen Wurzeln. Eine professionellere Wahlkampfarbeit, mit neuen Medien und selbst produzierte Talkshows, verspricht Miazga. Damit hatte sie schon bei ihrer Wahl zur Chefin im September bei vielen Mitgliedern gepunktet - sie ist auf Youtube sehr aktiv. Bei der Vorsitzendenwahl hatte sie sich gegen die bayerische Flügel-Frontfrau Ebner-Steiner durchgesetzt. Miazga gehört formal zwar selbst der Rechtsaußen-Strömung an, sie sieht sich aber explizit nicht als deren Vertreterin.

Die AfD will im Wahlkampf etwa dafür eintreten, dass Polizeipräsenz und Sparkassen im ländlichen Raum nicht abgebaut werden. Zudem sprach Miazga von einer drohenden "Islamisierung von Kommunen". Eine Mitgliederumfrage hat als Hauptsorgen unter anderem identifiziert: eine "Klima-Hysterie", die Kosten für Asylbewerber und den Bau von Minaretten. Individuell gestalten will die AfD "lokale Aufregerthemen". Ein solches hat man in Augsburg geschaffen. Miazga gab zu: "Das überschattet unseren Kommunalwahlkampf." Die Augsburger Linke teilte mit: Die AfD ist kein Gesprächspartner über die Zukunft unserer Stadt, sondern eine Bedrohung für den städtischen Frieden."

© SZ vom 11.11.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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