Türkei:Kabinett will Abzug der Bundeswehr aus Incirlik billigen

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Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen spricht bei ihrem Besuch des deutschen Einsatzkontingents Counter DAESH auf der Air Base in Incirlik zu den Soldaten. (Foto: picture alliance / dpa)
  • Für einen Abzug der Bundeswehr aus dem türkischen Incirlik ist nach Ansicht der Regierung und der Koalitionsfraktionen kein neues Votum des Bundestags nötig.
  • Verteidigungsministerin von der Leyen soll freie Hand für eine Verlegung der Soldaten nach Jordanien bekommen.
  • Auch die Sozialdemokraten signalisieren, dass sie die Haltung der Bundesregierung mittragen.

Von Stefan Braun, Berlin

Die Bundesregierung wird an diesem Mittwoch den Abzug der deutschen Tornados aus Incirlik auf den Weg bringen. Wie am Dienstag aus Regierungskreisen zu erfahren war, soll es dazu in der Kabinettssitzung keinen förmlichen Beschluss geben. Stattdessen wird angestrebt, über die Verlagerung der sechs Aufklärungs- Tornados vom bisherigen türkischen Stationierungsort Incirlik auf den jordanischen Luftwaffenstützpunkt al-Asrak "Einvernehmen zu erzielen". Was sperrig klingt, betrachtet die Regierung als ausreichende Basis, um Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) freie Hand für eine Verlegung der Soldaten zu geben.

Außerdem wurde am Dienstag bekannt, dass die Bundesregierung kein neues Mandat für den neuen Standort anstrebt. Ursprünglich hatte es in der Regierung entsprechende Überlegungen gegeben, unter anderem von Außenminister Sigmar Gabriel (SPD). Am Dienstag setzte sich zwischen Kanzleramt, Auswärtigem Amt und Bundesverteidigungsministerium aber die Auffassung durch, dass es keines neuen Mandats durch den Bundestag bedürfe, weil im ursprünglichen Mandat zwar der Einsatzort (der Luftraum über Syrien und seinen Anrainerstaaten), aber nicht der Stützpunkt genannt wird, auf dem die 260 Soldaten, die sechs Tornados und ein Tankflugzeug stationiert sind.

Ob die Opposition das Vorgehen mitträgt, ist ungewiss

Diese Auffassung wird von der Führung der Unionsfraktion geteilt, obwohl es einzelne prominente Stimmen wie die des Außenpolitikers Norbert Röttgen gibt, die ein Mandat verlangen. SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann tendierte wie Gabriel zunächst ebenfalls zu dieser Position. Am Dienstagnachmittag aber signalisierten die Sozialdemokraten, dass sie die Haltung der Bundesregierung mittragen.

Als wahrscheinlich gilt inzwischen, dass der Bundestag in seiner nächsten Sitzungswoche einen Entschließungsantrag verabschieden wird, in dem er die Verlegung unterstützt. Damit hätte das Parlament sein Ja signalisiert, ohne formal ein neues Mandat zu beschließen. Ob die Opposition das Vorgehen mitträgt, ist ungewiss. Grünen-Chef Cem Özdemir plädiert dafür, noch einmal neu über das alte Mandat abzustimmen. Die Linkspartei hält den Abzug für richtig, lehnt einen neuen Einsatz aber ab.

Nach den Plänen der Regierung werden Außenminister Gabriel und Verteidigungsministerin von der Leyen am Mittwoch im Kabinett über Gabriels jüngste Reise in die Türkei und die Vorbereitungen für eine Verlegung berichten. Anschließend wird das Kabinett der Ministerin einvernehmlich den Auftrag erteilen. Dabei setzt die Regierung darauf, dass der Prozess schnell vonstatten geht, um als Partner in der Anti-IS-Koalition nicht allzu lange auszufallen.

Nicht wenige in der Bundesregierung befürchten, dass Deutschland ausgerechnet in der Phase abseits stehen könnte, in der die Allianz ihren geplanten Angriff auf die wichtigste IS-Hochburg im syrischen Raqqa startet. Deshalb ist die Bundesregierung froh über das Signal aus Ankara, dass die türkische Seite der Bundeswehr beim Umzug - bislang - keine Steine in den Weg legen möchte.

© SZ vom 07.06.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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Kommentar von Stefan Braun

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