Rot-Rot-Grün:CDU und CSU gemeinsam gegen die "Linksfront"

CSU-Vorstandssitzung

"Als Vizekanzler geht man zu so einem Treffen nicht", sagt CSU-Generalsekretär Scheuer über Sigmar Gabriel.

(Foto: dpa)
  • CDU und CSU schimpfen in großer Übereinstimmung über das Treffen von SPD, Grünen und Linken, an dem auch SPD-Chef Gabriel teilgenommen hatte.
  • Wenn er "Anstand hätte", müsse Gabriel als Vizekanzler "eigentlich den Dienst quittieren", sagt CSU-Generalsekretär Scheuer.

Von Robert Roßmann, Berlin, und Wolfgang Wittl, Berlin/München

So einig wie an diesem Mittwoch hat man CDU und CSU schon lange nicht mehr erlebt. Am Vorabend hatten sich in Berlin etwa hundert Politiker von SPD, Grünen und Linken getroffen, um die Möglichkeiten für ein rot-rot-grünes Bündnis auszuloten. Überraschend war auch SPD-Chef Sigmar Gabriel kurz hinzugekommen. Ein gewaltiger Affront gegenüber seinen Koalitionspartnern in der Bundesregierung sei das gewesen, schimpften CDU und CSU am Morgen danach in großer Übereinstimmung.

Kaum etwas schweißt mehr zusammen als ein gemeinsamer Gegner. CDU-Generalsekretär Peter Tauber sagte, ein Linksbündnis wäre ein Stabilitätsrisiko. Sein CSU-Kollege Andreas Scheuer sprach gar von einer drohenden "Linksfront". Total geschichtsvergessen sei die SPD, schimpfte Scheuer. Sie gebe damit ihre bürgerliche Orientierung auf. Indirekt forderte der CSU-Generalsekretär Gabriel sogar zum Rücktritt von seinem Amt als Vizekanzler der großen Koalition auf. "Als Vizekanzler geht man zu so einem Treffen nicht", sagte Scheuer in Berlin. Dies seien Dinge, "wo man, wenn man Anstand hätte, eigentlich den Dienst quittieren müsste".

Die rot-rot-grüne Annäherung bereitet CDU und CSU offenkundig gemeinsam Schmerzen. Die neue Gefahr erleichtert es den Unionsparteien aber auch, ihre Reihen zu schließen. Jetzt ist auch dem letzten Christdemokraten und Christsozialen klar, dass der politische Gegner nicht die jeweilige Schwesterpartei ist, sondern das rot-rot-grüne Lager. Das dürfte CDU und CSU helfen, ihren Streit über die Flüchtlingspolitik wenigstens in beherrschbare Bahnen zu lenken. Bis zum CSU-Parteitag Anfang November wird das voraussichtlich nicht mehr gelingen. CDU-Chefin Angela Merkel wird deshalb wohl zum ersten Mal in ihrer Kanzlerschaft nicht bei einem CSU-Parteitag auftreten. Horst Seehofer würde dann auch nicht zum CDU-Parteitag Anfang Dezember kommen.

Die Schwesterparteien setzen auf ihre Deutschlandkongresse und die Abschlussklausur

Am Mittwoch wurde in beiden Unionsparteien darauf verwiesen, dass der letzte der sechs gemeinsamen Deutschlandkongresse am 7. November - und damit erst nach dem CSU-Parteitag stattfindet. Bei ihrer Potsdamer Friedensklausur im Juni hatten die Spitzen von CDU und CSU nicht nur diese sechs Kongresse vereinbart, sondern auch eine gemeinsame Abschlussklausur. Der Termin dafür steht noch nicht fest, vermutlich wird sie Anfang nächsten Jahres in Bayern stattfinden. Das Treffen, zu dem Merkel ihre Teilnahme bereits zugesagt hat, könnte die neue "Zielmarke" für die Annäherung der Schwesterparteien werden, hieß es aus der Union.

In der CSU wurde die Nachricht, dass Merkel und Seehofer von gegenseitigen Parteitagsbesuchen wohl absehen, gelassen aufgenommen. Ehrliche Standpunkte seien wichtiger als gespielte Harmonie, sagte Markus Blume, Chef der CSU-Grundsatzkommission. Das starke Fundament der Union müsse "nicht durch Parteitagsgrußworte untermauert werden". Die oberbayerische CSU-Chefin Ilse Aigner erklärte: "Alles, was hilft, die zukünftige Zusammenarbeit zu stärken, ist gut. Wir wollen Wahlen gewinnen" - und das gemeinsam.

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