CDU und CSU:Merkel und Seehofer - "zusammengeschweißt" in der Hitze von Potsdam

Abschluss Klausurtagung der Spitzen von CDU und CSU

Gelobt sei der Herr? Horst Seehofer und Angela Merkel auf der Pressekonferenz zum Abschluss ihrer Klausurtagung in Potsdam.

(Foto: dpa)
  • Nach der Klausur von CDU und CSU in Potsdam tun die Parteichefs so, als ob es den Konflikt um die Flüchtlingspolitik nie gegeben hätte.
  • Eine kleine politische Stinkbombe hinterlässt Seehofer, als er nach Merkels Kanzlerkandidatur gefragt wird.

Von Robert Roßmann, Potsdam

In einigen Wochen werden sich die Teilnehmer der zum Friedensgipfel erklärten Potsdamer Unionsklausur vermutlich nur noch an zwei Dinge erinnern: an ihren Schock über die Brexit-Entscheidung und an die wahnsinnige Hitze. Das Treffen der Spitzen von CDU und CSU begann am heißesten Tag des Jahres. Draußen hatte es mehr als 35 Grad im Schatten, im Tageszentrum mit seinen großen Fensterfronten waren es zunächst noch mehr.

Das größte Problem der Unionsgranden war erst einmal, nicht allzu verschwitzt vor die Fernsehkameras zu treten. Kanzleramtschef Peter Altmaier hatte sein Wechselhemd griffbereit über die Aktentasche gehängt. EVP-Fraktionschef Manfred Weber musste sich beinahe im Minutentakt den Schweiß aus der Stirn wischen.

CDU-Vize Armin Laschet verband die beiden Themen Brexit und Hitze eher unfreiwillig. "Dieser historische Tag mit seinen Zukunftsaufgaben für unsere Generation schweißt zusammen", sagte Laschet bei seiner Ankunft. Und Generalsekretär Peter Tauber meldete sich abends via Snapchat aus der Sitzung mit der Botschaft: "31 Grad - heiße aber gute Diskussion in der Union."

Nur drei Fragen erlaubt - "wegen der Hitze"

Zu diesem Zeitpunkt war bereits klar, dass es auf dieser Klausur keinen offenen Streit zwischen CDU und CSU mehr geben und die Union ihren Streit kaschieren wird - und die Klausur von Potsdam damit weitgehend ereignislos zu Ende gehen wird. Auch in München ist die Einsicht gereift, dass der ständige Konflikt der Union schadet. Bei einer Vorbesprechung der Klausur vor einer Woche in Berlin hatte sich Seehofer bereits friedfertig gegeben. Man wolle keine Vergangenheitsbewältigung mehr betreiben, sondern in die Zukunft schauen, war die Botschaft. Die Brexit-Entscheidung der Briten offenbarte dann auch dem letzten Christsozialen, dass es derzeit deutlich wichtigere Probleme gibt als die Differenzen in der Union.

Die Art, wie Angela Merkel und Horst Seehofer ihre Differenzen in Potsdam dann kaschierten, war trotzdem atemberaubend. Neun Monate lang hatten sich die beiden in einer Weise über die Flüchtlingspolitik zerstritten, wie es in der gesamten Geschichte der Union Vorsitzende von CDU und CSU fast nie getan haben. In Potsdam taten sie dann aber so, als ob es den Konflikt nie gegeben hätte. Bei der abschließenden Pressekonferenz am Samstag wurden nur drei Fragen zugelassen - angeblich "wegen der Hitze", tatsächlich aber wohl eher, um die gespielte Eintracht nicht durch Journalisten-Fragen in Gefahr zu bringen.

Merkel und Seehofer teilten mit, dass man lange über Europa gesprochen habe. Das Thema habe den ganzen Freitag dominiert. Am Samstag habe man dann auch noch über fünf andere "Mega-Trends" wie die Digitalisierung oder die innere und äußere Sicherheit beraten. Auf ihren Streit um die richtige Flüchtlingspolitik gingen die beiden Parteichefs in ihren Statements dagegen überhaupt nicht ein. Dabei war die Klausur doch nur wegen dieses Streits anberaumt worden. Merkel und Seehofer sind Profis im Politikgeschäft, aber ein derart großes Maß an Selbstverleugnung zu zeigen, dürfte selbst die beiden an den Rand ihrer Kraft gebracht haben.

"Der Grillabend ist das Sahnehäubchen"

Auf der Klausur gab es keine Entscheidungen, es wurden noch nicht einmal Thesenpapiere beschlossen. Stattdessen habe man "sechs Themenbereiche analysiert" wie etwa die Europapolitik, sagte Seehofer. Zu denen würden CDU und CSU jetzt Kongresse veranstalten. "Mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit" würden diese Kongresse am Ende auch Einfluss auf die inhaltliche Arbeit der Union haben. Wo diese Kongresse stattfinden sollen, wer an ihnen teilnehmen soll und was genau sie bezwecken sollen, konnte einem jedoch noch niemand aus der Unionsspitze sagen. Aber das ist eigentlich auch egal. Denn die Kongresse sind lediglich dafür da, dass Seehofer nicht ohne irgendetwas aus Potsdam zurück nach Bayern fahren muss.

Das Klima zwischen den Teilnehmern von CDU und CSU scheint bei der Klausur allerdings tatsächlich ziemlich entspannt gewesen zu sein, abgesehen vom Flüchtlingsstreit trennt CDU und CSU ja auch gar nicht so viel. "Selbstbewusst, aber friedlich" sei man miteinander umgegangen, sagte etwa EVP-Fraktionschef Weber. Am Freitagabend saßen alle bei einem Grillabend im Freien zusammen. "Der Grillabend ist das Sahnehäubchen der Klausur gewesen", sagte Seehofer am Samstag. Ihm gelang damit zweifelsohne der schrägste Satz des Wochenendes.

Eine kleine politische Stinkbombe hinterließ der demonstrativ frohgemute CSU-Chef dann aber doch noch in Potsdam. Auf die Frage, ob der Brexit für ihn eine Kanzlerkandidatur Merkels zur Stabilisierung Deutschlands und der EU notwendig mache, sagte Seehofer ziemlich maliziös: "Wir befinden uns über ein Jahr vor der Bundestagswahl." Deshalb könne er die Frage nicht beantworten. Denn mit Merkels Kandidatur sei es wie mit der EM: "Eine Europameisterschaft beginnt nicht mit dem Finale, wir sind jetzt in der Gruppenphase und dann sehen wir weiter." Worauf die Nachrichtenagenturen erwartungsgemäß meldeten, Seehofer wolle sich noch nicht auf eine Kanzlerkandidatur Merkels festlegen.

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