Ringen um neue Regierung:GroKo-Verhandlungspartner feilschen weiter

Lesezeit: 2 min

  • CDU/CSU und SPD haben sich auch in der Nacht nicht auf einen Koalitionsvertrag geeinigt.
  • Neben der Verteilung von Ressorts und Ministerposten gibt es derzeit zwei zentrale Streitpunkte: die Gesundheits- und Arbeitsmarktpolitik.
  • Kanzlerin Angela Merkel mahnt Kompromissbereitschaft an: "Jeder von uns wird schmerzhafte Kompromisse noch machen müssen."

CDU, CSU und SPD haben bis in den Mittwochmorgen hinein um Details und Ressortzuschnitte einer künftigen großen Koalition gerungen. Trotz einiger Annäherungen blieben zwei zentrale Streitpunkte: die Gesundheits- und Arbeitsmarktpolitik. Dazu wurde auch um die Ressortverteilung unter den möglichen künftigen Koalitionären gefeilscht. Ein Ende der Verhandlungen war am frühen Mittwochmorgen nicht absehbar.

Über einen neuen Koalitionsvertrag zwischen den drei Parteien könnten dann 463 723 Sozialdemokraten entscheiden. Die SPD hat seit Jahresbeginn 24 339 Neumitglieder gewonnen, wie SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil am Dienstagabend bei Twitter mitteilte. Parteiintern hatten Gegner einer Neuauflage von Schwarz-Rot mit dem Slogan "Tritt ein, sag nein" um neue Mitglieder geworben. Juso-Chef Kevin Kühnert kommentierte die zahlreichen Neueintritte auf Twitter ironisch: "In aller Bescheidenheit: Die Jusos nehmen gerne einen SPD-Toaster für besondere Verdienste um die Mitgliederentwicklung unserer Partei entgegen."

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Das Ergebnis des Mitgliedervotums soll in drei bis vier Wochen vorliegen - vorausgesetzt, Union und SPD einigen sich auf einen Koalitionsvertrag. Denkbar wäre, dass am Wochenende des 3. und 4. März ausgezählt und ein Ergebnis bekannt gegeben wird.

Die SPD will weg von der Zwei-Klassen-Medizin

Die Führung der Sozialdemokraten will vor allem mit Erfolgen in der Gesundheits- und Arbeitsmarktpolitik bei ihrer Basis für ein Ja zum Koalitionsvertrag werben. Nach Informationen aus Teilnehmerkreisen gab es in der Gesundheitspolitik weitere Annäherungen.

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Die SPD will weg von der "Zwei-Klassen-Medizin" von privat und gesetzlich Versicherten und hat dafür unter anderem eine Angleichung der Ärztehonorare für beide Versicherungsgruppen oder eine Öffnung der gesetzlichen Krankenversicherung für Beamte im Auge. Bei der Arbeitsmarktpolitik ging es vor allem um eine deutliche Einschränkung befristeter Arbeitsverhältnisse.

Trotz der anhaltenden Differenzen hatten alle Seiten am Dienstag ihren festen Willen betont, die Gespräche spätestens am Mittwochmorgen abzuschließen. Kanzlerin Angela Merkel mahnte Kompromissbereitschaft an: "Jeder von uns wird schmerzhafte Kompromisse noch machen müssen." SPD-Chef Martin Schulz sprach vom "Tag der Entscheidung". CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt betonte: "Eingraben geht jetzt nicht mehr. Die Stunde der Wahrheit naht."

In der Außenpolitik ging es um Rüstungsexporte sowie die Ausgaben für die Bundeswehr und die Entwicklungshilfe. Die Union will sich bei den Verteidigungsausgaben dem Nato-Ziel von zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts nähern (derzeit 1,2 Prozent). Für die SPD hat dagegen Priorität, das Entwicklungshilfe-Budget aufzustocken.

Nach einem der dpa vorliegenden Entwurf für den Koalitionsvertrag waren auch noch andere Punkte in der Endphase der Verhandlungen strittig. Dabei ging es unter anderem darum, ob Unternehmen Abstriche bei den Arbeitszeitregeln erlaubt werden sollen, wenn sie tarifvertraglichen Bestimmungen unterliegen.

"GroKo steht für große Kosten, wenig Zukunft und viel Vergangenheit"

Die Verhandlungen zwischen CDU, CSU und SPD sollten eigentlich schon am Sonntag abgeschlossen werden, mussten dann aber zwei Mal verlängert werden.

Kritik an den bisher bekannt gewordenen Verhandlungsergebnissen kam von den Grünen. Ihr Vorsitzender Robert Habeck kritisierte in der Mediengruppe Straubinger Tagblatt/Landshuter Zeitung, Union und SPD wollten im Wesentlichen die Politik der vergangenen Jahre fortsetzen, "nur nehmen sie ein bisschen mehr Geld in die Hand". Das reiche einfach nicht.

Mittelstandspräsident Mario Ohoven kritisierte: "Schwarz-Rot hat sich mit viel Geld den Koalitionsfrieden erkauft. Damit folgt auf den wirtschaftspolitischen Stillstand der letzten Jahre schwarz-roter Rückschritt." Der Mittelstand werde kaum entlastet, Deutschland nicht fit für die Zukunft gemacht. "Fazit: Die Abkürzung GroKo steht für große Kosten, wenig Zukunft und viel Vergangenheit."

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