Merkel und Macron in Washington:Trump interessiert nur Trump

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Trump kann zufrieden sein, er treibt die Welt vor sich her. (Foto: dpa)
  • Die Ergebnisse der Amerika-Reisen von Merkel und Macron sind überschaubar.
  • Die Europäer müssen erkennen: Trump vertritt nur sich selbst.
  • Den USA wiederum fehlt ein Ansprechpartner, der für ganz Europa verbindliche Zusagen geben kann.

Analyse von Thorsten Denkler, New York

Die europäische Woche in Washington ist vorbei. Der französische Präsident Emmanuel Macron ist mit seiner Frau Brigitte nach einem dreitägigen Staatsbesuch seit Donnerstag zurück in Paris. Die deutsche Bundeskanzlerin war am Freitag im Weißen Haus, zu einer Stippvisite.

Beide Regierungschefs hatten keine allzu großen Erwartungen an ihre Treffen mit US-Präsident Donald Trump. Was sicher keine schlechte Einstellung ist. Dann ist die Enttäuschung nicht so groß.

Zurückgekommen sind beide mit, nun ja, überschaubaren Ergebnissen. Ja, sie haben mal geredet. Über den drohenden Handelsstreit, falls Trump sich entschließt, von Dienstag an Strafzölle auch auf Stahl und Aluminium aus der Europäischen Union zu erheben. Über das Atom-Abkommen mit Iran, das Trump loswerden will. Ohne eine Alternative zu haben. Über Klimaschutz und Migration und Syrien und Verteidigungsausgaben und all die anderen Themen, hinter denen seit Trumps Amtsantritt vor mehr als einem Jahr große Fragezeichen stehen.

Aber vereinbart wurde nichts. Der Besuch von Merkel, in den US-Medien findet er so gut wie keine Beachtung. Es ist ihnen nicht zu verübeln.

Kanzlerin in Washington
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Bei ihrem zweiten Trump-Besuch gibt es warme Worte für die Kanzlerin - und der US-Präsident kopiert seinen deutschen Gast. Die Bilder.

Zivilisierter als zu früheren Gelegenheiten

Immerhin: Es lief alles zivilisierter ab als zu früheren Gelegenheiten. Zum Beispiel, als Trump auf dem Nato-Gipfel in Brüssel im Frühjahr 2017 wie ein Rammbock durch seine Kolleginnen und Kollegen pflügte. Oder als er Merkel im Oval Office den Handschlag verweigerte. Oder als er die Welt mit seiner Twitterei an den Rand eines Atomkrieges zu führen schien.

Die neuen, eher moderaten Töne des US-Präsidenten gegenüber den Partnern und Freunden der USA (nicht zu verwechseln mit den Partnern und Freunden von Donald Trump) könnten die Hoffnung wecken, dass alles nicht so schlimm wird mit Trump. Die Hoffnung wird sich so schnell nicht erfüllen. Es ist ja jetzt schon schlimmer als befürchtet.

Trump hat auf internationaler Bühne aus seiner Sicht mehr erreicht, als seine Kritiker für möglich gehalten hatten. Alle Themen, über die gerade gesprochen wird: Es war Trump, der sie aufgebracht hat. Er treibt Merkel und Macron und alle anderen westlichen Verbündeten der USA vor sich her. Trump setzt die Agenda. Er hat die Strafzölle eingeführt, er stellt den Iran-Deal infrage, er hat die USA aus dem Klimaabkommen von Paris herausgelöst, er droht mit dem Abzug von US-Truppen aus dem Nahen Osten.

Diese Probleme, die jetzt so dringend erscheinen: Trump hat sie zum großen Teil erst geschaffen.

In manchen Punkten ist es schwer, Trump zu widersprechen. Wenn die Nato-Mitglieder verabredet haben, dass jedes Land zwei Prozent seiner Wirtschaftskraft in Verteidigung investieren soll, dann ist es in der Tat ein Problem, wenn einzelne Länder das Ziel nicht einhalten. Deutschland gehört dazu.

Die Europäer müssen verstehen, wie Trump tickt

Und der immense Außenhandelsüberschuss Deutschlands irritiert ja nicht nur Trump. Wenn Deutschland nicht investiert, auch in ausländische Produkte, dann ist der deutsche Reichtum einer, für den andere bezahlen müssen.

An anderer Stelle kann er Erfolge feiern, die ihm zwar nicht jeder gönnt, die aber ihm zuzurechnen sind. Niemand weiß zwar, was bei den kommenden Gesprächen zwischen Nordkorea und den USA herauskommen wird. Aber dass es überhaupt dazu kommt, dass sich am Freitag Nordkoreas Führer Kim Jong-un und Südkoreas Präsident Moon Jae-in zum Handshake an der Grenze getroffen haben, daran hat Trump mit seiner stumpfen Unerbittlichkeit einen nicht geringen Anteil.

Sollten sich mit Nordkorea tatsächlich belastbare Lösungen finden lassen, dann ist dieser absolut erwünschte Erfolg zugleich eine große Bürde für die internationale Diplomatie. Was bedeutet es, wenn die totale Konfrontation das Mittel der Wahl in zwischenstaatlichen Konflikten wird? Und wie schnell wird solch ein Ansatz in einer militärischen Eskalation enden?

Weder Macron noch Merkel haben bisher herausgefunden, wie sie Trump begegnen können, wie sie ihn vor allem überzeugen können. Macron hat es mit Umgarnung versucht, er hat dem US-Präsidenten bis zur Selbstverleugnung geschmeichelt. Ohne Erfolg. Merkel bleibt sachlich, nüchtern, nimmt ihn, wie er ist. Ohne Erfolg.

Mit Trump mag das Auskommen besser sein, wenn er sich anerkannt und umsorgt fühlt. Bessere Ergebnisse aber garantiert das nicht. Und ihm wiederum mit Härte zu begegnen, heißt nicht unbedingt, keine Chance auf Erfolg zu haben. Kim Jong-un hat Trump aufs Übelste beschimpft. So wie Trump auch Kim. Kim hat sich damit Trumps Respekt erworben.

Trump vertritt nur sich selbst

Die Europäer müssen verstehen, wie Trump tickt. Er vertritt nicht die Interessen der USA. Er vertritt nur sich selbst. Er muss profitieren, sonst gibt es keinen Deal. Er wird ziemlich sicher aus dem Iran-Abkommen aussteigen, weil er bei seiner Basis nur verlieren kann, wenn die USA drin bleiben. Ob er Strafzölle auf EU-Produkte erhebt, ist zwar eine andere Frage. Wenn die EU ihm aber nichts anbieten kann oder will, mit dem er sich daheim als Sieger präsentieren kann, dann sollte sie sich auf einen Handelskrieg einstellen.

Woran es krankt im Verhältnis zwischen den USA und der EU: Dass die USA in der EU keinen Ansprechpartner mit Prokura haben. Hier rächt sich, dass die politische Einigung seit Jahren nicht vorankommt. Trump empfängt erst Macron und dann Merkel. Und beide vertreten die Interessen der EU. Aber ohne die Zustimmung aller anderen Mitgliedstaaten können sie keine verbindlichen Zusagen machen. In den Augen eines Donald Trump ist das eine große Schwäche. Und er wird nicht zögern, sie radikal für sich zu nutzen.

Nur eines geht nicht: aufhören, miteinander zu reden. Deutschland, die EU und die USA, sie brauchen einander. Bricht der Gesprächskanal ab, ist die Gefahr groß, dass alles auseinanderbricht.

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