London: Wikileaks:Schweden will Freilassung Assanges verhindern

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Wikileaks-Gründer Julian Assange bleibt vorerst in Haft. Ein Londoner Gericht wollte ihn gegen harte Auflagen und eine hohe Kaution freilassen - doch die schwedische Justiz legt Einspruch ein.

"So viele Journalisten habe ich seit dem Prozess gegen Saddam Hussein nicht mehr gesehen", twitterte Jim Sciutto, Reporter des US-Senders ABC, aus dem Gerichtssaal. Julian Assange gilt nicht nur vielen Amerikanern als Staatsfeind - seine Anhörung vor einem Londoner Gericht ist auch ein dementsprechendes Medienereignis.

Ein Demonstrant fordert die Freilassung Julian Assanges vor dem Gericht in Westminster. Seine Maske ist dem Film V wie Vendetta entlehnt. Eine Figur - ein Anarchist - trägt in der Comic-Verfilmung eine Maske mit dem Konterfei von Guy Fawkes (1570-1606), der vor mehr als 500 Jahren versuchte, den Palast von Westminster im sogenannten Gunpowder Plot in die Luft zu sprengen, um König Jakob I. zu töten. Aktivisten der Hacker-Gruppe "Anonymous" tragen bei Demonstrationen oft diese Masken. (Foto: Getty Images)

Für den Wikileaks-Gründer wurde der Gerichtstermin zum Erfolg, Hunderte seiner Anhänger jubelten vor dem Gebäude: Nach einer Woche in britischer Haft darf Assange, gegen den in Schweden wegen Sexualdelikten ermittelt wird, gegen Kaution das Gefängnis verlassen - zumindest wenn es nach dem Gericht im Londoner Stadtteil Westminster geht.

Noch ist Assange aber kein freier Mann: Die schwedische Staatsanwaltschaft, die gegen den Australier ermittelt, hat Einspruch eingelegt. Wie ein Londoner Richter am Dienstagabend sagte, muss über den Antrag innerhalb von 48 Stunden entschieden werden. Solange bleibt Assange mindestens noch in Haft.

Zuvor hatte der Anwalt des 39-Jährigen erklärt, zehn Prominente hätten sich für seinen Mandanten verbürgt. Assange muss laut BBC nun nicht nur umgerechnet 283.000 Euro Kaution zahlen. Im Falle einer Freilassung muss er auch seinen Reisepass abgeben und eine elektronische Fußfessel tragen. Zudem soll er verpflichtet sein, sich an einem der Polizei bekannten Ort aufzuhalten und sich jeden Abend bei der örtlichen Polizeistation zu melden, berichtete die BBC.

Vor der Anhörung hatte Assange solche Einschränkungen seiner Bewegungsfreiheit angeboten. Er sei bereit, eine elektronische Fußfessel zu tragen und sich an einer der Polizei bekannten Adresse aufzuhalten, sagte sein Anwalt Mark Stephens dem Fernsehsender Sky News. So hatte der Aktivist - offenbar erfolgreich - versucht, Ängste der Justiz zu zerstreuen, er könne untertauchen oder das Land verlassen.

Erstmals seit seiner Verhaftung hatte sich Assange am Vormittag an die Öffentlichkeit gewandt - dabei war seine Mutter Christine sein Sprachrohr. In einem Interview mit dem australischen Nachrichtensender 7 News gab sie seinen Aufruf zum Widerstand an seine Anhänger weiter: "Ich fordere die Welt auf, meine Arbeit und meine Leute vor diesen illegalen und unmoralischen Handlungen zu schützen" - damit waren offenbar die Vergewaltigungsvorwürfe gegen ihn gemeint.

"Ich bleibe meinen Idealen, zu denen ich mich immer bekannt habe, treu", zitierte Christine Assange ihren Sohn weiter. "Wenn überhaupt, dann hat dieser Prozess meine Entschlossenheit bekräftigt, dass sie wahr und richtig sind." Er vermute die USA hinter den Anschuldigungen gegen ihn.

Wikileaks hatte in den vergangenen Monaten Tausende vertrauliche Dokumente mit Informationen über die Kriege im Irak und in Afghanistan sowie über den Schriftverkehr internationaler Diplomaten veröffentlicht. Vor allem die USA hatten Wikileaks scharf attackiert.

Assange soll in Schweden wegen mutmaßlichen Vergewaltigung befragt werden. Er soll zwei Frauen zu ungeschütztem Geschlechtsverkehr gezwungen haben. Das schwedische Sexualstrafrecht unterscheidet sich von dem anderer Länder.

Der Australier hat die Vorwürfe zurückgewiesen und von einer Intrige gesprochen. Seine Anhänger sind überzeugt: Wegen der Veröffentlichungen auf Wikileaks stellten ihm die Geheimdienste eine Falle. Die Anwälte Assanges rechnen zudem mit einer Spionage-Anklage aus den USA.

Ein entsprechender Schritt der US-Strafverfolgungsbehörden stehe unmittelbar bevor, hatte eine Anwältin Assanges vor kurzem erklärt.

© dapd/dpa/Reuters/jab - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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