Koalitionsstreit um die Euro-Krise:Merkel mahnt die CSU

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CSU-General Dobrindt schmäht EZB-Chef Draghi als "Falschmünzer", hält den Euro-Austritt Griechenlands für unausweichlich - und bringt damit die Kanzlerin gegen sich auf. Angela Merkel will solche Querschüsse aus der Schwesterpartei nicht länger hinnehmen. Und schickt deutliche Worte Richtung München.

Oliver Das Gupta

In der Koalition verschärft sich der Streit über die Zugehörigkeit Griechenlands zur Euro-Zone. Bundeskanzlerin Angela Merkel distanzierte sich am Sonntagabend mit deutlichen Worten von CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt, der ein Ausscheiden Griechenlands aus dem Euro für unausweichlich hält. Europa sei derzeit in einer "entscheidenden Phase", sagte Merkel in der ARD. "Deshalb glaube ich schon, wir sollten alle unsere Worte wägen. Wir haben füreinander in Europa Verantwortung", mahnte sie.

Bundeskanzlerin Merkel ruft die CSU zur Ordnung. (Foto: dapd)

Zuvor war sie mit dem Versuch gescheitert, die Austritts-Debatte in der schwarz-gelben Koalition in den Griff zu bekommen. Dobrindt hatte der Bild am Sonntag gesagt, er sehe Griechenland sogar schon im nächsten Jahr außerhalb des Euros. Auch EZB-Chef Mario Draghi griff er an: Dieser sei auf dem Weg, als "Falschmünzer Europas" in die Geschichte einzugehen.

Die FDP reagierte ebenfalls mit scharfer Kritik auf die Verbalattacken aus Bayern. Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger sieht die Aussagen aus der CSU als plumpe Manöver an, mit denen sich die Partei für die bayerische Landtagswahl 2013 in Stellung bringen möchte. "Ich warne die CSU davor, mit einem europaskeptischen Kurs auf Stimmenfang zu gehen", sagte die stellvertretende FDP-Vorsitzende zur SZ. "Unsere Demokratie hat keinen Bedarf an einer europapopulistischen politischen Kraft."

Die Justizministerin erklärte, die europäische Integration habe immer auch "die Identität der Union geprägt". Die Liberale sieht die CSU in Versuchung, diesen Weg nun zu verlassen und antieuropäische Reflexe zu kultivieren. Dafür dürfe es keinen Raum geben in Deutschland, sagte die Ministerin, die auch bayerische FPD-Landesvorsitzende ist.

Forciert Merkel einen neuen EU-Vertrag?

Die Justizministerin plädierte im Gespräch mit der SZ für die Schaffung einer Europäischen Verfassung und Referenden über einschneidende Schritte der Europäischen Integration. "Wenn wir im Zuge einer tieferen Europäisierung an die Grenzen unserer Verfassung geraten, ist es notwendig, die Bürger abstimmen zu lassen", sagte Leutheusser.

Ein solcher Fall könnte demnächst bevorstehen: Der Spiegel berichtete, dass Bundeskanzler Angela Merkel (CDU) einen neuen EU-Vertrag forciere, der auch ins nationale Budgetrecht eingreift. So könnten europäische Institutionen die Haushalte der Mitgliedsländer überwachen und Defizitsünder bestrafen, schreibt das Magazin.

Für Leutheusser-Schnarrenberger ist klar, dass ein Plebiszit notwendig wäre, sollten substantielle nationale Haushaltsrechte auf EU-Ebene übertragen werden. Das Volk sollte direkt entscheiden, wenn die politischen Strukturen in der EU maßgeblich verändert werden. Eine tiefgreifende nationale Haushaltskontrolle könne ein Element eines europäischen Verfassungsvertrages sein. Die Justizministerin betonte gleichzeitig, dass sie eine Volksabstimmungen über die Erweiterung der Europäischen Union ablehnt: "Ich halte nichts davon, punktuell Referenden abzuhalten wie etwa über einen EU-Beitritt der Türkei."

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