Berg:Freistaat behält die Schlösser am See

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Finanzminister Söder verkündet im Höhenrainer Festzelt überraschend, dass die Ausschreibung zum Verkauf gestoppt ist.

Peter Haacke

Im hinteren Festzelt herrschte unbeschreiblicher Jubel, Jugendliche fielen sich in die Arme, Tränen der Erleichterung flossen. Grund der Freude: Der Verein "Wort des Lebens" darf aller Wahrscheinlichkeit nach sein Domizil am Ostufer des Starnberger Sees behalten. Denn das bayerische Finanzministerium hat seine Pläne, die Seeburg (Gemeinde Münsing) und Schloss Allmannshausen (Berg) und zu verkaufen, überraschend aufgegeben. Finanzminister Markus Söder verkündete die Nachricht am Donnerstag: "Ich werde die Ausschreibung stoppen und ich werde dafür sorgen, dass ihr dauerhaft bleiben könnt", sagte er vor rund 600 Zuhörern, die sich im Rahmen der Höhenrainer Festwoche zum politischen Abend der CSU eingefunden hatten.

WdL-Demo im Festzelt Höhenrain Rund 150 Jugendliche, allesamt von 'Wort des Lebens', demonstrierten beim Auftritt des bayerischen Finanzministers Markus Söder im Höhenrainer Festzelt, gegen den Verkauf des WdL-Domizils 'Seeburg'. Mit im Bild der Berger CSU-Vorsitzende Andreas Hlavaty (Brille) und Christian Gunka (weißes T-Shirt), Jugendreferent und Mitglied der Geschäftsführung von Wort des Lebens. (Foto: Franz Xaver Fuchs)

Damit ist vorerst ein Schlussstrich gezogen unter eine seit Monaten schwelende Diskussion, die insbesondere die Arbeit der Jugendorganisation "Wort des Lebens" (WdL) schwer belastet hatte. Seit mehr als 40 Jahren ist der am Ostufer des Starnberger Sees ansässige christliche Verein als freier Träger der Jugendhilfe anerkannt, der sich ausschließlich aus Erlösen von Jugendfreizeiten und Spenden finanziert. Schloss Allmannshausen und die Seeburg jedoch gehören dem Freistaat: Der offizielle Pachtvertrag läuft Ende 2013 aus und sollte nicht mehr verlängert werden. Beide Häuser waren seit Ende Mai meistbietend bis Ende August zum Verkauf ausgeschrieben worden; der Gesamtwert der Gebäude wird auf einen zweistelligen Millionenbetrag taxiert. Finanzminister Söder machte gleich zu Beginn klar, dass der Freistaat Bayern sich zwar von allen Gebäuden trennen will, die keinem sinnvollen Zweck dienen, gleichwohl aber ein durchaus grundlegendes Interesse an sozialen und wertevermittelnden Gesellschaftseinrichtungen habe - und damit auch am WdL-Missionswerk. Angesichts des frenetischen Jubels im Festzelt nach seiner überraschenden Aussage, dass die Immobilienausschreibung für Seeburg und Schloss Allmannshausen gestoppt werde, stellte Söder leicht amüsiert fest: "Theoretisch könnte ich jetzt auch wieder gehen." Zuvor hatten ihn knapp 200 Angehörige des Missionswerks in selbstbedruckten T-Shirts ("WdL soll bleiben") am Eingang begrüßt und eine Mappe mit Erfahrungsberichten überreicht.

Tatsächlich war die Entscheidung zum Nicht-Verkauf der beiden Häuser, die sich tags drauf am Freitag auch nicht mehr auf der Homepage der "Immobilien Freistaat Bayern" fanden, schon Tage zuvor im Finanzministerium gefallen. Söder trägt damit zahllosen Einwendungen und Briefwechseln mit den Bürgermeistern aus Berg und Münsing, dem CSU-Ortsverband Berg, dem Ostuferschutzverband, möglicherweise aber auch intensiven Gesprächen mit den bekennenden Christen und Parteikollegen Peter Gauweiler aus Berg und Günther Beckstein Rechnung.

Die Reaktionen auf die Entscheidung Söders, der sich in seiner anschließenden kurzweiligen Rede dem Zustand des Euros, der Finanztransaktionssteuer, dem Länderfinanzausgleich und der besonderen Rolle Bayerns in der Welt widmete, fielen ausnahmslos positiv aus. Der Finanzminister hatte das Festzelt - unter den interessierten Zuhörern auch die CSU-Landtagsabgeordnete Ursula Männle und Kreisvorsitzender Harald Schwab - auf seiner Seite. "Das kommt vermutlich nur selten vor, dass ein Minister soviel Applaus von der Jugend bekommt", stellte Bergs Ortsvorsitzender Andreas Hlavaty fest. Neben Münsings Bürgermeister Michael Grasl hörte auch sein Amtskollege Rupert Monn aufmerksam zu und konstatierte: "Ein guter Tag für Berg." Die Gefahr sei gebannt, dass die Immobilien einer "unverträglichen Nutzung zugeführt" würden. Am glücklichsten aber wirkte WdL-Vorsitzender Eberhard Koch nach quälenden Monaten höchster Anspannung: In einer improvisierten Dankesrede konstatierte er einen "Paradigmenwechsel in der Politik"; der Tag werde als "Wunder von Höhenrain" in die Annalen der Geschichte eingehen.

Die Verhandlungen zwischen Freistaat und Missionswerk sollen laut einer Pressesprecherin im Finanzministerium so schnell wie möglich aufgenommen werden. Der Vorstand des Vereins "Wort des Lebens" hofft dabei laut Koch auf ein Angebot, "das von uns auch zu stemmen ist".

© SZ vom 20.07.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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