Landespolitik:Freie Wähler wollen gegen Söders Beauftragte klagen

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Ein verschwommener Blick in den Plenarsaal des bayerischen Landtags. Gibt es bald mehr "Beauftragte" als Abgeordnete? (Foto: dpa)
  • Die Freien Wähler wollen vor dem Bayerischen Verfassungsgerichtshof gegen die wachsende Anzahl von Beauftragten der Staatsregierung klagen.
  • Sie werfen Ministerpräsident Markus Söder vor, in die Freiheit des Mandats einzugreifen.
  • Seit seiner Amtseinführung hat Söder zahlreiche Beauftragte ernannt, etwa für Ehrenamt, Integration und Bürokratieabbau. Zuletzt wurde der frühere Bildungsminister Ludwig Spaenle zum Antisemitismus-Beauftragten berufen.

Von Lisa Schnell und Wolfgang Wittl, München

Die wachsende Anzahl von Beauftragten der Staatsregierung stößt in der Opposition auf immer größeren Widerstand. Die Freien Wähler haben am Dienstag eine Klage vor dem Bayerischen Verfassungsgerichtshof angekündigt. Sie werfen Ministerpräsident Markus Söder (CSU) vor, er greife in die Freiheit des Mandats ein.

"Diese Abgeordneten sind nicht mehr unabhängig. Sie werden Abhängige von Söders Gnaden", sagte FW-Generalsekretär Michael Piazolo. Bei Ministern und Staatssekretären sei klar erkennbar, dass sie für die Staatsregierung sprechen. "Wie sieht es aber mit den Beauftragten aus? Sprechen sie als Fraktionsmitglied oder in Söders Auftrag?"

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Erst vor wenigen Wochen verlor er sein Amt als Bildungsminister - trotz seiner Freundschaft zum neuen Ministerpräsidenten Söder. Seine jetzige Berufung wird zwiespältig gesehen.

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Die Freien Wähler befürchten eine systematische Aushöhlung der Gewaltenteilung. Mit den Beauftragten sei jetzt fast ein Viertel der 101 CSU-Abgeordneten "in Amt und Würden der Staatsregierung", rechnet Piazolo vor. Die Grünen empören sich über eine "Inflation bei den Beauftragten. Ganz offensichtlich wurden hier treue Weggefährten mit Titeln und Pöstchen versorgt", sagt Landtagsvizepräsidentin Ulrike Gote.

Auch in der CSU spotten Abgeordnete bereits über den Aufbau einer "Nebenregierung". Die Grünen werfen der Staatskanzlei zudem "dreiste Hinhaltetaktik" vor. Fragen nach der Ausstattung der Beauftragten blieben seit Wochen unbeantwortet. Finanzminister Albert Füracker bezifferte die jährlichen Gesamtkosten nun mit einer Million Euro.

Die Klage der FW richtet sich gegen die zunächst sieben Beauftragten. Nach der Kabinettssitzung gab Söder am Dienstag die Berufung eines weiteren Beauftragten bekannt. Der frühere Bildungsminister Ludwig Spaenle wird sich als Antisemitismus-Beauftragter um das jüdische Leben in Bayern kümmern.

Spaenle sei "für diese Position die beste Besetzung", gratulierte Charlotte Knobloch, die Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern. Ursachen und Entwicklungen, die zu der Berufung geführt haben, seien aber "leider äußerst schmerzlich und durchaus bedrohlich", sagte Knobloch. "Antijüdische Aggressionen" hätten "massiv zugenommen".

Söder bezeichnete die mögliche Verfassungsklage als "nächste Platzpatrone der Freien Wähler", er sehe ihr "höchst gelassen" entgegen. Die Ernennung von Beauftragten sei "Teil des Organisationsrechts einer Staatsregierung", dazu brauche es kein Gesetz.

© SZ vom 09.05.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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