Raumfahrt:Warum frühestens 2026 wieder Menschen auf dem Mond landen werden

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Landung der "Orion"-Kapsel im Dezember 2022 im Pazifik. Sie hatte zuvor im Zuge der Artemis-1-Mission erstmals erfolgreich den Mond umrundet. (Foto: Mario Tama/AP)

Die Nasa hat Probleme mit ihrer "Orion"-Kapsel, aber auch die Mondlandefähre und die Raumanzüge brauchen noch Zeit zur Entwicklung.

Von Dieter Sürig

Sie sind derzeit viel unterwegs: Nasa-Astronautin Christina Koch, ihre Kollegen Victor Glover und Reid Wiseman sowie der kanadische Raumfahrer Jeremy Hansen waren Mitte September sogar im Airbus-Werk in Bremen, um sich dort über den Bau des europäischen Servicemoduls (ESM) zu informieren. Dieses Modul wird einst die neue Raumkapsel Orion mit Treibstoff, Sauerstoff, Wasser und Energie versorgen. Mit dieser Kapsel soll das Quartett während der etwa zehntägigen Artemis-2-Mission um den Mond fliegen, um die erste astronautische Mondlandung seit Apollo 17 im Jahre 1972 vorzubereiten.

Neulich war das Quartett auch zu einem 15-Minuten-Besuch bei US-Präsident Joe Biden im Weißen Haus - erst nach 90 Minuten verließen sie das Oval Office wieder, wie Nasa-Chef Bill Nelson am Dienstag während einer Pressekonferenz erzählte. Bei dem Besuch eines Footballspiels in Houston seien sie am Montag gefeiert worden - Nelson, der während seiner Zeit als Kongressabgeordneter 1986 selbst ein paar Tage mit dem Space Shuttle im All war, sprach von einer "goldenen Ära" der Raumfahrtexploration, die angebrochen sei.

Auf den Apollo-Moment, also die Rückkehr von Astronauten zum Mond, wird er aber noch warten müssen. Nelson kündigte am Dienstag an, dass die Artemis-2-Mission der vier Astronauten von Ende dieses Jahres auf September 2025 verschoben werde. Und die Mondlandung mit Artemis 3 selbst, deren Crew bisher nicht feststeht, von Ende 2025 auf September 2026. "Sicherheit ist unsere oberste Priorität", sagte Nelson. Um die technischen Herausforderungen zu bewältigen, "werden wir Artemis 2 und 3 mehr Zeit geben". Eine weitere Mondlandung mit Artemis 4 sei nach wie vor für September 2028 vorgesehen.

Es gibt Probleme mit dem Lebenserhaltungssystem und dem Hitzeschutz

Hintergrund der Verzögerung sind diverse technische Probleme, die die Nasa unter anderem noch mit der Raumkapsel Orion von Lockheed Martin und dem eigentlichen Mondlandesystem HLS (Human Landing System) hat. Bei der Orion-Kapsel müsse etwa das Hitzeschutzschild verbessert werden. Der erste Testflug Artemis 1 ohne Crew war zwar Ende 2022 erfolgreich, doch hätten sich beim Wiedereintritt in die Erdatmosphäre einige Kohlesubstanzen des Hitzeschildmaterials gelöst. "Wir haben einige unerwartete Phänomene gesehen", sagte Nasa-Manager Amit Kshatriya, der für das Mondprogramm zuständig ist.

Weitere Probleme gebe es im Lebenserhaltungssystem mit der Ventilelektronik, davon seien auch Belüftung, CO₂-Absaugvorrichtung und Temperaturregelung betroffen. Deswegen müsse Hardware ausgetauscht werden. Diese Probleme haben allerdings nichts mit dem europäischen Versorgungsmodul ESM zu tun, wie es bei der Esa hieß. Die Raumfahrtagentur liefert das ESM an die Nasa und bekommt im Gegenzug Astronautenplätze bei Artemis-Missionen, darunter wohl auch bei mindestens einer Mondlandung.

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"Wir müssen realistisch bleiben", sagte der stellvertretende Nasa-Chef Jim Free, was den Artemis-Zeitplan betrifft. Auch die Entwicklung der Mondlandefähre und der Raumanzüge brauche noch Zeit. Jedes Projekt für sich sei "eine unglaublich große Herausforderung". Der US-Rechnungshof GAO (Government Accountability Office) hatte bereits Ende November vorigen Jahres auf mögliche Verzögerungen beim Artemis-Programm hingewiesen. In einem Bericht an den Kongress geht das GAO davon aus, dass die für 2025 mit Artemis 3 geplante Mondlandung "wahrscheinlich Anfang 2027 stattfinden wird", wenn die Entwicklung des Mondlandesystems HLS durch Space-X so lange dauert wie große Nasa-Projekte im Durchschnitt. Dabei geht das GAO von 92 Monaten aus. Bisher sind 79 veranschlagt, doch sei das Programm bereits in Verzug. Bei acht von 13 wichtigen Meilensteinen gebe es Verzögerungen zwischen sechs und 13 Monaten.

Die Nasa hat Space-X bisher für mehr als vier Milliarden Dollar mit zwei Astronauten-Mondlandungen beauftragt, einen weiteren Auftrag hat die Firma Blue Origin von Amazon-Gründer Jeff Bezos erhalten. Abgesehen davon, dass das Starship von Space-X, mit dem die Astronauten auf dem Mond landen sollen, bei den bisherigen beiden Testflügen explodiert ist, muss Space-X mit diesen Riesen-Raumschiffen noch ein Betankungssystem aufbauen. Das Konzept dafür sieht eine Art Tankstelle im Erdorbit vor, die von mehreren Tankschiffen aufgefüllt werden muss. Vor dem Flug zum Mond soll die Starship-Mondfähre im Erdorbit tanken, bevor sie weiterfliegt, um in Mondnähe die Astronauten aus der parallel gestarteten Orion-Kapsel der Nasa aufzunehmen. Vor der ersten Landung mit Passagieren muss Space-X jedoch noch eine Testlandung ohne Crew hinbekommen. Zu alldem kommen noch Probleme bei der Entwicklung des Raumanzuges hinzu, wie das GAO anmerkt. 2025 wäre also für Artemis 3 recht ehrgeizig gewesen, das GAO nennt den Zeitplan schlichtweg "unrealistisch".

Befürchtungen, dass China der Nasa zuvorkommen könnte - das Land will bis 2030 Astronauten zum Mond schicken -, hat Nasa-Chef Nelson am Dienstag abgewiesen. "Ich habe keine Sorge, dass China vor uns landen wird."

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