SZ-Klimakolumne:Sag mir, wo die E-Autos sind

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Auf diesem Ladeplatz steht schonmal kein Elektroauto. (Foto: IMAGO/Robert Poorten/IMAGO/Robert Poorten)

Deutschland hinkt bei den Elektromobilitäts-Zielen deutlich hinterher. Gibt es zu wenige Subventionen - oder vielleicht zu viele?

Von Nadja Schlüter

Vor ein paar Wochen saß ich an einer Tram-Haltestelle im Münchner Glockenbachviertel. Die Tram hatte Verspätung, also musste ich warten. Der Straßenverkehr floss an mir vorbei - und ich war erstaunt, wie viele E-Autos darunter waren. Ich habe keine genaue Statistik geführt, aber gefühlt war jeder dritte PKW einer mit Elektroantrieb. "Wow", dachte ich, "das sieht hier ja echt nach Verkehrswende aus!" Bis die Tram kam, träumte ich davon, dass wir endlich auf dem richtigen Weg seien, in eine grüne, elektrifizierte Zukunft.

Das war natürlich ein sehr naiver Traum. Meine rein anekdotische Evidenz deckt sich nämlich überhaupt nicht mit der Realität: Deutschland hat es sich zum Ziel gesetzt, bis zum Jahr 2030 15 Millionen E-Autos auf die Straße zu bringen. Aber aktuelle Prognosen rechnen bis Ende des Jahrzehnts mit gerade mal halb so vielen.

Um daran etwas zu ändern, hat sich Kanzler Scholz am Montag mit Vertretern der Autoindustrie getroffen, zu einem "Autogipfel" im Kanzleramt. Dort wurde über die Gründe für den Verzug gesprochen. Dazu gehören zum Beispiel der Vorsprung chinesischer Hersteller und der schleppende Ausbau der Ladeinfrastruktur, aber auch das mangelnde Angebot: Es gibt schlicht zu wenig E-Autos für die Masse.

Viele E-Autos sind eher Statussymbole als Alltagswagen

Dazu passt meine anekdotische Evidenz dann doch wieder. Denn falls Sie das Glockenbachviertel, in dem ich die vielen E-Autos gesehen habe, nicht kennen, würde ich es mal so beschreiben: München ist insgesamt reich - aber dort besonders. Und die Autos waren dann auch tatsächlich allesamt große Modelle teurer Marken. Also eher Statussymbole als Alltagswagen. An der Stelle muss die Autoindustrie nachrüsten und ihre Produktion umstellen.

Aber auch die Politik muss handeln. Es gibt ja Lösungsvorschläge, wie die Verkehrswende doch zu schaffen wäre, die auch beim Autogipfel diskutiert wurden. Meine Kollegen Markus Balser und Christina Kunkel, die den Gipfel beobachtet haben, haben sie zusammengefasst: die KfZ-Steuer für Verbrenner erhöhen, Steuervergünstigungen für Diesel streichen, das Dienstwagenprivileg bei E-Autos attraktiver gestalten als bei Verbrennern, den CO₂-Preis schneller anheben. Christina Kunkel hat sich außerdem in einem Kommentar dafür ausgesprochen, sämtliche Kaufprämien und Steuererleichterungen für den E-Auto-Kauf abzuschaffen. Klingt erstmal unlogisch - aber hier können Sie nachlesen, warum das durchaus Sinn ergibt.

Christina Kunkels Fazit lautet: Der Staat muss endlich die Rahmenbedingungen schaffen, in denen das E-Auto immer die bessere Wahl ist. Als Mensch, der aus voller Überzeugung selbst kein Auto besitzt, möchte ich erhöhen: Der Staat muss endlich die Rahmenbedingungen schaffen, in denen das E-Auto immer die bessere Wahl ist als der Verbrenner - und gar kein eigenes Auto die allerbeste Wahl.

(Dieser Text stammt aus dem wöchentlichen Newsletter Klimafreitag, den Sie hier kostenfrei bestellen können.)

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