SZ-Klimakolumne:Danke, Europa!

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Europaflaggen wehen vor dem Sitz der EU-Kommission. (Foto: Michael Kappeler/dpa)

In vier Wochen stehen die Wahlen zum EU-Parlament an. Nicht erst die vergangenen fünf Jahre zeigen, wie wichtig das Projekt Europäische Union ist - gerade auch für das Klima.

Von Michael Bauchmüller

Die Welt ist nicht mehr so wie 2019. Vor fünf Jahren waren die letzten Wahlen zum EU-Parlament, und was waren die wichtigsten Themen? Nummer drei: Frieden, Nummer zwei: soziale Sicherung. Und, mit Abstand die Nummer eins: Klimaschutz. Nichts bewegte die Europäerinnen und Europäer seinerzeit mehr, und eine der Folgen war der "Green Deal", mit dem sich Kommission, Rat und Mitgliedstaaten in den Jahren darauf befassten. Dass schon drei Jahre später am Rande der EU Panzer rollen würden, konnte da keiner ahnen. Vor einem Rechtsruck fürchteten sich schon viele, seine Ausmaße waren aber nicht abzusehen. Es waren bessere Zeiten.

Umso wichtiger ist es, den Wert dieses Europas nicht zu vergessen - nicht nur was Frieden und Stabilität angeht, sondern auch fürs Klima. Denn nicht erst in den vergangenen Jahren hat die EU es geschafft, jenseits von Klimazielen auch Instrumente zu schaffen, die eine grüne Wende vorbereiten. Den EU-Emissionshandel etwa, der nach allerlei Kinderkrankheiten mittlerweile Industrie und Kraftwerke auf einen klimafreundlichen Kurs bringt - und der so etabliert ist, dass er sich auch nicht eben so schleifen lässt.

Mehr noch: Von 2027 an soll es diesen Handel auch auf Heiz- und Kraftstoffe geben. Oder die Flottengrenzwerte für Autos und Lkws, die lautlos den Verbrennermotoren zu Leibe rücken - und die Autoindustrie zwingen, mehr für die Elektromobilität zu tun. Oder die Klimazölle, mit denen schrittweise der CO₂-Rucksack von Importen auf deren Preis aufgeschlagen werden soll. Die EU hat mit den Jahren einen hübschen Werkzeugkasten entwickelt.

Doch auch in Europa liegen die Ausgangsbedingungen und Interessenlagen oft weit auseinander. Auch in Europa kann Klimapolitik nur funktionieren, wenn alle mitziehen, und wenn es zugleich einen Ausgleich gibt zwischen reichen und ärmeren Staaten: Solidarität. Eine gemeinsame, anspruchsvolle Klimapolitik zu verfolgen, obwohl sie Staaten unterschiedlich viel abverlangt, ist eine Leistung.

Das funktioniert nicht immer gleich gut und ist erkauft zum Preis eines schwer durchschaubaren Apparates. Gleichzeitig erlaubt es nationalen Regierungen, sich hinter der EU zu verstecken: Unpopuläre Entscheidungen lassen sich leichter verkaufen, wenn sie aus Brüssel kommen, gewissermaßen von oben. Vieles, was die EU gemeinschaftlich für das Klima erreicht hat, hätten einzelne Staaten so niemals durchsetzen können. Jedenfalls nicht in dem Tempo.

Deshalb ist es Zeit zu sagen: Danke, Europa! Beim Klimaschutz wären wir ohne dich nicht halb so weit.

Das verlangt aber auch, dieses Europa zu beschützen. Denn Nationalisten und Populisten ist die Kraft der Gemeinschaft ein Dorn im Auge. Von Klimaschutz halten sie gemeinhin auch nicht viel. Wer die Erderhitzung stoppen will, darf ihnen nicht das Feld überlassen.

Dieser Tage werden die Briefwahl-Unterlagen verschickt. Ein echter Beitrag zum Klimaschutz ist es, an dieser Wahl teilzunehmen und so Nationalisten und Populisten etwas entgegenzusetzen - gerade in Zeiten, in denen das Klima nicht ganz oben auf der Tagesordnung steht.

Europa hat das verdient.

(Dieser Text stammt aus dem wöchentlichen Newsletter Klimafreitag , den Sie hier kostenfrei bestellen können.)

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