Gewerkschaft Verdi:Streiks legen Flughäfen im Norden lahm

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Überall, wo man hinschaut: Flüge gestrichen. Für 24 Stunden ging so gut wie nichts an vielen Flughäfen im Norden. (Foto: Rainer Keuenhof/Imago/Manngold)

Weil die Tarifverhandlungen nicht vorankommen, legen Angestellte der Flughäfen in Hamburg, Hannover, Bremen und Berlin ihre Arbeit nieder. Das große Chaos bleibt aus.

Von Saskia Aleythe, Hamburg

30 000 Menschen hätten sich am Montag am Hamburger Flughafen tummeln sollen, Verreisende und Ankömmlinge zusammengerechnet. Es sind Frühjahrsferien in der Hansestadt, daran ändert auch der Schnee nichts, der am Wochenende noch gefallen ist. Wer mit dem Flieger reisen wollte, musste seine Pläne aber kurzzeitig ändern. Denn für 24 Stunden ging so gut wie nichts am Flughafen: 244 Flüge waren geplant, darunter 123 Abflüge und 121 Ankünfte. Regulär startete keine Maschine mehr, auch 55 Landungen wurden gestrichen. Das Luftsicherheitspersonal streikte, nachdem die Gewerkschaft Verdi am Samstag zur Arbeitsniederlegung aufgerufen hatte. Auch in Hannover, Bremen und Berlin herrschte beinahe Stillstand im Flugverkehr.

Ein gelbes Transparent mit der Aufschrift "Tarifrebell*innen" hielt eine Gruppe von Streikenden in Warnwesten bei einer Verdi-Kundgebung in Hamburg in die Höhe. Die Unzufriedenheit mit der aktuellen Entlohnung ist groß: Die Gewerkschaft fordert für die bundesweit rund 2,5 Millionen Beschäftigten im öffentlichen Dienst des Bundes und der Kommunen 10,5 Prozent mehr Lohn, mindestens aber 500 Euro mehr im Monat. Von dieser Forderung ist das letzte Angebot der Arbeitgeberseite noch ein Stück entfernt: Es umfasst fünf Prozent mehr Gehalt in zwei Schritten und eine Einmalzahlung in Höhe von 2500 Euro. Zwei Verhandlungsrunden sind schon ohne Einigung verlaufen, die dritte Runde ist für Ende März in Potsdam vereinbart. Bereits im Januar und Februar Januar hatten Warnstreiks mehrere Flughäfen in Deutschland lahmgelegt.

Schon seit einigen Jahren verhandelt die Gewerkschaft mit dem Bundesverband der Luftsicherheitsunternehmen (BDLS) über bessere Bezahlung und Arbeitsbedingungen. Die Fronten scheinen dabei verhärtet zu sein. Es geht unter anderem um Zuschläge für Nacht-, Samstags-, Sonntags- und Feiertagsdienste sowie eine bessere tarifliche Regelung zur Entlohnung von Überstunden für die Sicherheits- und Servicekräfte. "Der Streik ist für uns überhaupt nicht nachvollziehbar und schadet damit auch dem Fortgang der Verhandlungen", sagte der Leiter der BDLS-Tarifkommission, Rainer Friebertshäuser. Hintergrund der Warnstreiks sind auch die Tarifverhandlungen für die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes bei Bund und Kommunen sowie örtliche Verhandlungen für Beschäftigte der Bodenverkehrsdienste.

In Berlin wurden am Montag rund 200 Starts gestrichen, in Hannover 35. Das große Chaos an den Flughäfen blieb aber weitestgehend aus. Die Flughäfen rieten Reisenden, sich bei ihren Gesellschaften zu informieren. Viele Reisende hatten durch die Ankündigung am Samstag noch umplanen können, sie kamen gar nicht erst zu den Terminals. Von einem Hamburger Terminal aus fuhren Reisebusse Menschen an andere Flughäfen, etwa nach Rostock, Osnabrück, Münster oder Dortmund, die dann von dort ihre Flugreisen antraten.

Die Bundesliga-Basketballer der Towers Hamburg mussten auch größere Umwege auf sich nehmen: Für ihr Eurocup-Spiel am Dienstagabend in Tel Aviv konnten sie nicht wie geplant über Warschau nach Israel fliegen. Stattdessen reisten sie mit dem Zug nach Amsterdam, um von dort nach Polen und weiter nach Tel Aviv zu fliegen. Verspätung bei der Ankunft: fast sieben Stunden.

Auch am Dienstag müssen Flugreisende wohl mehr Zeit mitbringen

Dass vereinzelt doch noch Flugzeuge in den betroffenen Regionen unterwegs waren, lag an den Flugunternehmen, die ihre Maschinen an anderen Standorten brauchten und deswegen Leerflüge losschickten. In Berlin waren für Montag rund 200 Landungen geplant, davon fanden noch etwa zwei Drittel statt, auch in Hamburg landeten noch Maschinen.

Um Mitternacht soll der 24-stündige Warnstreik an den Flughäfen enden. Auswirkungen hat er aber wohl auch noch darüber hinaus: Wer am Dienstag etwa von Hamburg aus fliegen will, solle mehr Zeit am Flughafen einplanen, sagt eine Sprecherin. Durch die Umbuchungen sei mit einem höheren Aufkommen an Passagieren zu rechnen. Auch der Vorabend-Checkin sei am Montag durch die Arbeitsniederlegungen noch nicht möglich, was die Terminals am Dienstag noch voller werden lassen dürfte.

Ohnehin gilt mittlerweile: Nach dem Streik ist vor dem Streik. Schon am Dienstag soll der Bus- und Bahnverkehr der Üstra in Hannover ganztägig bestreikt werden. In einzelnen Bundesländern sind weitere Arbeitsniederlegungen etwa im Gesundheitswesen geplant.

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