US-Präsident Barack Obama will überprüfen lassen, welches Ausmaß russische Cyberangriffe im Präsidentschaftswahlkampf hatten. Der Bericht der Geheimdienste soll noch vor Ende seiner Amtszeit am 20. Januar vorliegen, wie US-Medien übereinstimmend berichten. "Es ist unsere Aufgabe, eine Bestandsaufnahme zu machen und aus diesen Vorkommnissen Schlüsse für die Zukunft zu ziehen", sagte Lisa Monaco, Obamas Beraterin für den Anti-Terror-Kampf und nationale Sicherheit.
Am 7. Oktober, einen Monat vor der Wahl, hatte die US-Regierung in einem außergewöhnlichen Schritt offiziell die russische Regierung für Hacking-Angriffe verantwortlich gemacht ( Details hier). Damals hieß es in einem Statement der US-Heimatschutzbehörde (DHS), dass die Hacker den laufenden Wahlkampf stören wollten. "Solche Aktivitäten sind nicht neu für Moskau. Die Russen haben ähnliche Taktiken und Techniken in Europa und Eurasien genutzt, um dort zum Beispiel die öffentliche Meinung zu beeinflussen."
Geleaktes Material beeinflusste Berichterstattung über Clinton
Fest steht: Unbekannte hatten sich Zugang zu Dokumenten der Demokratischen Partei (DNC) verschafft und diese auf Wikileaks und dubioseren Webseiten wie dcleaks.com veröffentlicht. Die Quelle dieser Leaks verorten Beobachter in der Nähe russischer Gehemeindienste. Die publizierten Dokumente überschatteten den demokratischen Parteitag, die DNC-Chefin musste zurücktreten.
Auch der Hack der privaten E-Mail-Accounts von Clintons Wahlkampfmanager John Podesta wird russischen Angreifern zugeschrieben: Über Wochen hinweg wurden aus den #Podestaleaks neue Details über private Reden von Hillary Clinton bekannt. Zudem legten einige E-Mails nahe, dass Parteifunktionäre Clintons internen Rivalen Bernie Sanders benachteiligt haben - dies führte Donald Trump sehr häufig als Beleg für das "korrupte System" Washingtons an, das Clinton verkörpere.
Der künftige Präsident betont seit Monaten, dass er nicht an eine Einmischung Russlands glaube. Trump äußert sich seit Langem sehr wohlwollend über Russlands Präsident Wladimir Putin, mit dem er vor allem im Kampf gegen den IS kooperieren will. Erst in dieser Woche sagte er dem Time Magazine, dass hinter den Hacks "Russland, China oder irgendein Typ in New Jersey" stecken könnte.
Republikaner verlangen ebenfalls Aufklärung
Auch wegen solcher Aussagen drängten mehrere demokratische Senatoren Obama lautstark, mehr Details zu den Cyberangriffen zu veröffentlichen und zu erklären, worauf dieser Verdacht gründete. Trumps Weigerung, die Erkenntnisse der Geheimdienste zu akzeptieren, sorgten auch unter Republikanern für Kopfschütteln. Die Senatoren John McCain, der dem Verteidigungsausschuss vorsteht, und Lindsey Graham kündigten am Donnerstag umfassende Untersuchungen zu Russlands Einflussnahme an.
Den Sommer über gab es immer wieder Berichte, dass auch das Republican National Committee Opfer eines Hackerangriffs wurde. Entsprechende Interview-Aussagen wurden später zurückgenommen und relativiert: Es habe sich nur um einzelne Parteifunktionäre gehandelt.
Obama-Beraterin Monaco erklärte, der Bericht sei nicht für die Öffentlichkeit bestimmt, werde jedoch einer "Reihe von Anspruchsberechtigten" zukommen. Damit sind vor allem die Mitglieder der entsprechenden Kongressausschüsse gemeint. Russland hatte die Vorwürfe stets als "absurd" bezeichnet (mehr Hintergründe hier).