Bald soll in Deutschland jeder sehen können, wer die Profiteure hinter verschachtelten Firmenkonstrukten sind. Das Transparenzregister, in dem die wirtschaftlich Berechtigten von Unternehmen hinterlegt sind, soll dazu öffentlich einsehbar werden. Das sieht ein Gesetzentwurf des Bundesfinanzministeriums vor. Kostenlos und einfach wird die Recherche mit der Neuregelung allerdings nicht.
Finanzminister Olaf Scholz (SPD) setzt damit eine Richtlinie der EU um, die den öffentlichen Zugang vorschreibt. Bereits die vorherige Bundesregierung hatte das Register für alle öffnen wollen. Dies stieß jedoch auf Widerstand von Wirtschaftsverbänden, insbesondere des Verbands der Familienunternehmer. Auf deren Druck ließ der damalige Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) das Gesetz in letzter Minute umschreiben, wie eine Recherche von SZ und NDR zeigte. Die Einsichtnahme war anschließend nur noch "bei berechtigtem Interesse" vorgesehen und muss seither für jeden Einzelfall dargelegt werden. Schon damals wussten die Familienunternehmer, dass sie höchstens Zeit gewinnen können, denn auf europäischer Ebene war die nächste Überarbeitung der Geldwäscherichtlinie mitsamt öffentlicher Einsichtnahme bereits auf dem Weg.
Briefkastenfirmen:Das Transparenzregister hat seinen Namen nicht verdient
Nach den Enthüllungen durch die Panama Papers forderte Finanzminister Schäuble maximale Transparenz für Briefkastenfirmen. Doch sein Gesetzentwurf dazu ist eine Mogelpackung.
Bei der nun anstehenden Umsetzung in deutsches Recht hat sich die Bundesregierung für eine Minimallösung entschieden. Der Gesetzentwurf enthält die Vorgaben, an die sich Deutschland nach EU-Recht halten muss - geht aber, was das Transparenzregister angeht, nicht darüber hinaus. So soll der Zugang weiterhin mit Hürden versehen sein. Grundsätzlich solle das Register zwar "allen Mitgliedern der Öffentlichkeit" offen stehen, wie es im Entwurf heißt. Voraussetzung ist aber eine vorherige Online-Registrierung, für die neben Namen, Geburtsdatum und Anschrift auch eine Ausweiskopie gefordert wird.
Für jeden Abruf eines Dokuments wird zudem weiterhin eine Gebühr von 4,50 Euro fällig. Damit ist de facto weiterhin ein Anfangsverdacht nötig, um überhaupt im Register zu recherchieren - kaum jemand wird es sich leisten wollen, zu diesem Preis breit gefächert Daten abzurufen, um darin anschließend nach dem Zufallsprinzip nach Auffälligkeiten oder Unstimmigkeiten zu suchen. Der von NGOs erhoffte Abschreckungseffekt durch Transparenz entfällt somit.
"Das ist ein ängstlicher Entwurf, der nur das zwingend Vorgegebene macht", sagt Michael Findeisen, der als Referatsleiter im Bundesfinanzministerium lange für Geldwäschefragen zuständig war und im Ruhestand für den Verein Finanzwende arbeitet. "Die realen Probleme, etwa mit der Immobilienwirtschaft, werden nicht angegriffen." Auch Lisa Paus, finanzpolitische Sprecherin der Grünen im Bundestag, kritisiert den Gesetzentwurf. "Es kann nicht sein, dass wir ein Pseudo-Transparenzregister haben und nicht wissen, wer die deutschen Städte aufkauft", sagt Paus. "Durch die Gebühren ist das Register in großen Teilen unbrauchbar. Die eigentlich Stärke des Registers, den ganzen Datensatz mit anderen Datensätzen etwa der Panama Papers abgleichen zu können, wird unmöglich gemacht", sagt auch Arne Semsrott von der Open Knowledge Foundation Deutschland. "Briefkastenfirmen wissen jetzt, dass sie durch das Transparenzregister nichts befürchten müssen."
Für den Betrieb des Transparenzregisters ist ein privates Unternehmen zuständig
In der vergangenen Legislaturperiode war es insbesondere die SPD, die sich in Person des damaligen Justiz- und heutigen Außenministers Heiko Maas für einen öffentlichen Zugang und echte Transparenz eingesetzt hatte. "Die maßgeblich wirtschaftlich Berechtigten, die hinter einer Briefkastenfirma stehen, dürfen nicht länger anonym bleiben", hatte Maas im Jahr 2016 gefordert. Mittlerweile haben die Sozialdemokraten das Finanzministerium übernommen - und damit auch die Federführung bei der Bekämpfung von Geldwäsche und Steuerhinterziehung.
Für den Betrieb des Transparenzregisters weiterhin der Bundesanzeiger-Verlag zuständig sein. Das private Unternehmen, eine Tochter des Dumont-Konzerns, hat den Zuschlag dafür ohne Ausschreibung bekommen. Das ist möglich, weil der Verlag keine Mittel aus dem Bundeshaushalt bekommt. Seine Umsätze macht er unter anderem mit den Gebühren der Einsichtnehmer.