Unternehmensregister:Verlag in staatlicher Rolle

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Eine Dumont-Tochter betreibt das Transparenzregister. Seit 2017 gab es etwa 8900 Einträge.

Von Christian Endt, München

Es braucht nur sechs Buchstaben, um beliebigen Begriffen einen amtlichen und irgendwie würdevollen Klang zu verleihen: Bundeskanzler, Bundestrainer, Bundestrojaner. Manchmal führt das Wortteil in die Irre, zum Beispiel beim Bundesanzeiger Verlag. Der ist keine Behörde, sondern ein Tochter-Unternehmen der Dumont-Gruppe aus Köln, zu der auch Zeitungen und Radiosender gehören.

Trotzdem tritt der Bundesanzeiger Verlag im Namen des Staates auf. Er veröffentlicht und vertreibt den Bundesanzeiger, das Bundesgesetzblatt sowie das Unternehmens- und das Transparenzregister.

Beim Unternehmensregister handelt es sich um eine Sammeldatenbank, die Daten etwa aus den Handelsregistern zusammenstellt. Bei diesen müssen Firmen ihre Geschäftsberichte einreichen und Änderungen etwa in der Geschäftsführung oder beim Firmensitz mitteilen. Die Handelsregister sitzen bei den mehr als 100 Registergerichten. Das Unternehmensregister entstand 2007 aus der Idee, eine zentrale Datenbank einzurichten. Für die inhaltliche Richtigkeit sind die Gerichte zuständig.

Anders beim Transparenzregister. Dort werden seit 2017 die wirtschaftlich Berechtigten von Unternehmen offengelegt. Häufig sind die Angaben mit dem Handelsregister identisch. Nur wenn der wahre Eigentümer vom offiziell eingetragenen abweicht, muss ein gesonderter Eintrag erfolgen.

Michael Findeisen war an der Einführung des Transparenzregisters maßgeblich beteiligt. Bis zu seiner Pensionierung Ende 2016 leitete er das zuständige Referat im Bundesfinanzministerium. Von der Grundidee ist Findeisen noch heute überzeugt. "Transparenz ist alles", sagt er, "wir brauchen so ein Register". Die Umsetzung hätte er sich anders vorgestellt: "So etwas gehört in die Hand einer Behörde". Ein privatwirtschaftlicher Verlag habe aus Sicht der Unternehmen nicht die gleiche Durchsetzungskraft. Das Bundesfinanzministerium teilt mit, man habe sich für den Bundesanzeiger Verlag wegen dessen "Erfahrung mit der Zugänglichmachung von Handelsregisterdaten" entschieden.

Das Transparenzregister wurde nie öffentlich ausgeschrieben. Rechtlich handelt es sich um keinen staatlichen Auftrag, sondern um eine Beleihung. Dabei fließt kein Geld aus dem Bundeshaushalt. Stattdessen kann der Verlag auf eigene Rechnung Gebühren für Einsichtnahmen erheben - aktuell 4,50 Euro je Dokument.

Seit 2017 gab es etwa 8900 Einträge auf Einsichtnahme, davon wurden etwa 7700 bewilligt. Die Entscheidung liegt beim Bundesanzeiger Verlag, nur Widersprüche gegen etwaige Ablehnungen gehen ans Bundesverwaltungsamt (BVA). Mit dem Antrag erhält der Verlag mitunter sensible Informationen: Zugang bekommen NGOs und Journalisten nur "bei berechtigtem Interesse". Um dieses zu begründen, müssen sie ihre Recherchen offenlegen. In bestimmten Fällen kann das BVA sogar Daten an Strafverfolgungsbehörden weitergeben. "Ein Transparenzregister, das für Journalisten mit vielen Hürden verbunden ist, verdient diesen Namen nicht", sagt Frank Überall, Vorsitzender des Deutschen Journalisten-Verbands.

Bei einem anderen Produkt steht das Geschäftsmodell des Bundesanzeiger Verlags vor dem Aus. Die Open Knowlegde Foundation stellte im Dezember 2018 alle bisher erschienen Ausgaben des Bundesgesetzblatts in einem Online-Portal frei zur Verfügung, obwohl der Verlag ein Urheberrecht darauf geltend macht und einen Vollzugriff nur gegen Gebühr anbietet. Das Bundesjustizminsterium als formaler Herausgeber stellte sich in der Sache nicht hinter den Verlag, sondern kündigte den Aufbau eines eigenen, frei zugänglichen Portals an - nach dem Vorbild der Open Knowlegde Foundation also. Dem Bundesanzeiger Verlag würden dadurch die Umsätze mit dem Gesetzblatt wegbrechen.

© SZ vom 06.02.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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