Technologie:Aus Farmern wurden Fabrikarbeiter, aus Fabrikarbeitern Servicekräfte

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In der Geschichte stellten sich all die Horrorszenarien von Maschinen, die den Menschen die Arbeit wegnehmen, schnell als falsch heraus. Ja, die Maschinen vernichteten Jobs. Aber die genau dadurch wachsende Produktivität schuf anderswo neue, bessere Jobs.

Als all die Arbeiter auf den Farmen überflüssig wurden, weil fortan Maschinen ihre Arbeit erledigten, fanden sie besser bezahlte Arbeit in den neu entstehenden Fabriken. Als die Menschen im 20. Jahrhundert auch hier durch Automatisierung verdrängt wurden, fanden sie wieder neue Jobs. Diesmal in der Service-Industrie. Sie wurden Kaffee-Zubereiter, Kellner oder Fahrer, bis heute ist dieser Bereich für den größten Teil der Job-Zuwächse verantwortlich.

Allein etwa 2,5 Millionen Amerikaner arbeiten als Fahrer für die Transportdienste Uber und Lyft. Auch wenn durch die schnelle Ausbreitung dieser Unternehmen einige Taxifahrer ihre Arbeit verloren haben, sind dies größtenteils Jobs, die es vor zehn Jahren noch gar nicht gab. Es sind diese Service-Jobs, die diesmal bedroht sind, von Robotern und von künstlicher Intelligenz. Die Roboter-Burger schmecken übrigens gut, frisch und perfekt gebraten.

Wenn er gerade nichts zu tun hat, winkt der Roboter

Den Kaffee nach dem Essen gibt es in einem Einkaufszentrum gleich um die Ecke. Cafés, so richtig zum Hinsetzen und mit Bedienung, gibt es in Amerika ja ohnehin kaum noch, also kann man sich zum Kaffeetrinken auch gleich neben die Kassen des Multiplex-Kinos stellen. Hier nämlich zeigt "Café X", dass sich mit dem Wort "Roboter" derzeit ganz toll Werbung machen lässt, auch wenn das Konzept dahinter eher zweifelhaft ist. Zwei herkömmliche Kaffeeautomaten stehen da hinter Glasscheiben, davor winkt ein Roboterarm den Kunden lustig zu, wenn er gerade nichts zu tun hat.

Für Ingenieure mag es faszinierend sein, dass die Roboterhand die Pappbecher weder zerquetscht noch fallenlässt, egal ob er sie leer in die Maschine oder gefüllt in einen Ausgabeschacht stellt. Aber man fragt sich doch: Gab es nicht ganz früher mal diese Kaffeemaschinen, bei denen der Pappbecher automatisch unter den Auslass fiel? Und warum darf man sich den Kaffee nicht einfach selbst aus der Maschine nehmen?

Obwohl der Roboterarm ziemlich viel winkt, dauert es erstaunlich lange, bis der Kaffee fertig ist. Zum Glück steht da ein sehr freundlicher Mann neben der Maschine und versichert, es werde bestimmt nicht mehr lange dauern. Mehr kann man ihn leider nicht fragen, weil er dann anderen Kunden versichern muss, es werde nicht mehr lange dauern.

An diesem Nachmittag drängeln sich hier viele Menschen, vielleicht schmeckt ihnen der Kaffee besonders gut, vielleicht ist ihnen aber auch nur langweilig, weil der Kinofilm noch nicht angefangen hat. Es ist wohl nicht genau diese Maschine, die Millionen Jobs in amerikanischen Coffee Shops gefährdet. Trotzdem antwortet www.willrobotstakemyjob.com auf die Frage, welche Zukunft Jobs als "Thekenmitarbeiter" in Cafés haben: zu 96 Prozent gar keine.

Auch die größten Warner vor einer bevorstehenden Massenarbeitslosigkeit behaupten ja nicht, dass all die Millionen Service-Jobs in ein paar Jahren verschwinden werden. Aber es spricht doch einiges dafür, dass der technologische Umbruch diesmal anders verläuft. Schneller und radikaler, sodass all die Kassierer und Kellner gar keine Zeit haben werden, sich auf neue Aufgaben einzustellen.

Die Gesellschaft der Zukunft werde aus drei Gruppen bestehen, schreibt der Autor Andrés Oppenheimer in seinem bald erscheinenden Buch "The Robots are coming". Die erste Gruppe wird die Elite sein, die den technologischen Wandel beherrscht und vorantreibt und daran prächtig verdient. Die zweite Gruppe ist nach Oppenheimer damit beschäftigt, der Elite das Leben angenehmer zu machen: Fitnesstrainer, Klavierlehrer, Meditations-Gurus. Und schließlich die dritte Gruppe, die Verlierer, größtenteils arbeitslos und möglicherweise von der Elite durch ein schmales bedingungsloses Grundeinkommen ruhiggestellt. Möglich, dass dies bald die Menschen sind, die heute noch Burger braten oder Autos lenken.

Der Käufer schlendert aus dem Laden, die Quittung wird aufs Handy geschickt

Zum Abschluss noch ein schneller Einkauf beim Amazon-Supermarkt. Es ist viel los, und doch ist der Besuch entspannt. Keine Schlangen, keine Kassen, kein Ein-, Aus- und wieder Einpacken der Einkäufe. Der Kunde meldet sich mit seinem Smartphone am Eingang an und packt die Waren in eine Tasche. Kameras und Sensoren merken, wenn ein Produkt aus dem Regal genommen (oder zurückgestellt) wird und ordnen alles anhand des Smartphones in der Nähe dem richtigen Kunden zu. Anschließend schlendert man einfach aus dem Laden, zwei Blocks später kommt die Quittung per E-Mail.

Noch steht bei Amazon Go ein sehr freundlicher Mitarbeiter am Ausgang, der wissen will, ob alles gut geklappt hat und ob man noch Fragen hat. Aber wie lange noch? Als die Deutsche Bahn überall in den Bahnhöfen Fahrkartenautomaten aufstellte, stand zu Beginn ja auch neben jedem Automaten ein Mitarbeiter, um den Kunden bei der Gewöhnung an die Maschinen zu helfen. Bald ging es dann gut ohne Menschen.

Klar, Amazon weiß nach diesem Besuch nicht nur, was man über die Website des Konzerns im Internet bestellt, sondern auch, was man im Supermarkt kauft. Aber die menschliche Bequemlichkeit war schon immer der größte Feind des Datenschutzes. Und das Einkaufen in dem Laden ohne Kasse ist so bequem, dass man sich in der nächsten Supermarktschlange unwillkürlich fragt, wann damit endlich überall Schluss ist.

Amazons Experiment mit seinen zehn Supermärkten wird in der Branche aufmerksam beobachtet. Und auch andere Unternehmen testen Systeme, die menschliche Kassierer überflüssig machen könnten. Es scheint nur eine Frage der Zeit zu sein, bis die großen Supermarktketten den Schalter umlegen. Alleine in den USA wäre dies das Ende von 3,4 Millionen Jobs. Die Wahrscheinlichkeit, dass es so kommt laut www.willrobotstakemyjob.com: 97 Prozent.

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