Einzelhandel:Insolvenz: Die letzten 62 Real-Märkte werden abgewickelt

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Einkaufstasche mit dem Schriftzug Real: Früher gehörte die Kette zum Metro-Konzern. (Foto: IMAGO/Michael Gstettenbauer)

Die Lebensmittelkette Mein Real ist insolvent. Viele der 5000 Arbeitsplätze sind nun bedroht. Rewe könnte den Retter spielen - aber den besten Schnitt hat der Eigentümer gemacht.

Von Michael Kläsgen

Es ist der letzte Akt in einem langen Drama um die großflächigen Supermärkte Real, die zuletzt Mein Real hießen. Die Kette hat an diesem Freitag Insolvenz angemeldet, sie ist zahlungsunfähig. Im Kern geht es darum, nun die verbliebenen 62 Märkte von Real abzuwickeln. Laut Medienberichten könnten lediglich 30 bis 40 Häuser am Ende weitergeführt werden. Ein Teil der verbliebenen 5000 Arbeitsplätze sind nun aber erstmal bedroht.

Die Real GmbH mit Sitz in Mönchengladbach stellte beim Amtsgericht einen Antrag auf Insolvenz in Eigenverwaltung. Wie andere Unternehmen auch, zuletzt etwa Galeria Karstadt Kaufhof, der Spielzeughändler Haba oder der Schuhverkäufer Goetz, soll Real mithilfe dieses Verfahrens saniert werden. Dabei begrenzt der Eigentümer sein finanzielles Risiko. Voraussetzung ist, dass das Amtsgericht den vorgelegten Sanierungsplan genehmigt, was in der Regel eine Formsache ist. Das aktuelle Management bleibt bei einer Insolvenz in Eigenregie an Bord. Das Verfahren hat für die Eigentümer den Vorteil, dass die Löhne für drei Monate von der Bundesagentur für Arbeit bezahlt werden. Zudem werden die Mieten ausgesetzt, und Real kann sich all seiner Mietverpflichtungen entledigen.

Im günstigsten Fall für Mitarbeiter werden die verbliebenen Märkte an andere Supermarktbetreiber aufgeteilt. Dem Vernehmen nach rechnet sich vor allem Rewe dabei gute Chance aus. Rewe hatte sich bei der Zerschlagung von Real zunächst im Hintergrund gehalten. 2020 hatte der Düsseldorfer Metro-Konzern knapp 280 Real-Märkte abgestoßen. Seitdem ging es hin und her. Zunächst kaufte der Finanzinvestor SCP die Märkte, eine bis zum Angriffskrieg Russlands in der Ukraine mit russischem Geld finanzierte Private-Equity-Firma mit Sitz in London. Auch zuletzt war SCP wieder der Eigentümer der inzwischen auf 62 reduzierten Kette. Zwischendurch hatte SCP Real im Juni 2022 zunächst an den Frankfurter Unternehmer Sven Tischendorf beziehungsweise dessen Family Office abgegeben. Im Mai 2023 kaufte SCP die Märkte dann aber wieder zurück, offiziell wegen einer "kritischen wirtschaftlichen Verfassung".

Die Konzentration im deutschen Lebensmittelmarkt wird weitergehen

Erst als Real unter der Führung von Tischendorf schon einmal in eine finanzielle Schieflage rutschte, kam Rewe ins Spiel. Rewe soll nun strategischer Partner sein und die Märkte mit Lebensmitteln beliefern. Nach Informationen der Lebensmittelzeitung soll sich Rewe das Erstzugriffsrecht auf viele der 62 Märkte zugesichert haben.

Auch Kaufland von der Schwarz-Gruppe und Edeka wird ein Interesse nachgesagt, weitere Real-Märkte zu übernehmen und zu erhalten. Der Konzentrationsprozess im deutschen Lebensmittelmarkt dürfte mit der Insolvenz von Mein Real damit noch einmal einen Schub bekommen. Nach Berechnungen des Bundeskartellamts wird der Lebensmittelmarkt in Deutschland zu mehr als 85 Prozent von den vier Konzernen Schwarz-Gruppe (Lidl, Kaufland), Aldi Nord und Süd, Edeka (Netto) und Rewe (Penny) dominiert.

SCP hatte seit Februar 2021 Schritt für Schritt mehr als 160 Häuser verkauft und mehr als 30 Märkte geschlossen. Der Online-Marktplatz von Real ging an Kaufland, der Fleischbetrieb an Rewe. Zudem spaltete SCP das Handels- vom Immobiliengeschäft ab. Den Investoren wurde nachgesagt, im Wesentlichen an den Immobilien interessiert zu sein. Viele Märkte konnte SCP mit Gewinn weiterverkaufen. Dank geschlossener Mietverträge war der Wert einzelner Häuser enorm gestiegen. SCP hatte Metro die Real-Märkte einschließlich der Immobilien für etwa 100 Millionen Euro abgekauft. 2021 wurde ein Portfolio von 34 Häusern mit einer Milliarde Euro bewertet. Für SCP soll sich der Kauf von Real gelohnt haben.

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