Opel - PSA:Peugeots gefährlicher Traum von Größe

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Wie geht es weiter mit Opel? Ab 2019 jedenfalls dürfte es vorbei sein mit den Garantien für die Mitarbeiter. (Foto: Getty Images)

Opel und der PSA-Konzern sind sich zu ähnlich für eine erfolgreiche Ehe. Sie bedienen denselben Markt, haben dieselben Defizite - und Vertrauen fehlt.

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Wenn Manager in Superlativen sprechen, wird es gefährlich. Opel-Vorstandsvorsitzender Karl-Thomas Neumann und der Chef des französischen Autobauers PSA, Carlos Tavares, taten es an diesem Montag in Paris verdächtig oft. Sie wollen nichts weniger, als einen "europäischen Auto-Champion" schaffen, die Nummer zwei in Europa werden, Größe aufbauen. Die Kalkulation der Strategen geht so: Wenn zu den französischen Marken Peugeot, Citroën und DS nun auch noch die Rüsselsheimer von Opel kommen, dann wird man nicht nur größer, sondern auch erfolgreicher. Und sparsamer, denn beim Einkauf von Teilen oder in der Entwicklung neuer Autos ist man dann zusammen und damit weniger allein.

Solche Rechnungen sind bisher selten aufgegangen. Bei der Auto-Ehe von Daimler und Chrysler nicht, bei BMW und Rover nicht, und auch nicht bei Opel und General Motors. Deshalb verkaufen die Amerikaner ihre Deutschland-Tochter jetzt auch nach fast neun Jahrzehnten an PSA - weil sie es seit Jahren trotz aller Größe nicht geschafft haben, in Rüsselsheim Gewinne zu machen. Mit PSA dürfte das nicht einfacher werden - im Gegenteil. Die dramatischen Folgen wird am Ende dann wohl Opel spüren, nicht Peugeot und auch nicht Citroën.

Tavares, der Architekt des neuen Auto-Großkonzerns, ist wie Fiat-Chrysler-Chef Sergio Marchionne Anhänger einer alten Mengenlehre, die heute nicht mehr funktioniert - wenn sie überhaupt jemals funktioniert hat. Größe, das ist das alte Volkswagen-Paradigma: Je mehr Marken, je mehr Autos auf gleichen Teilen basieren und je mehr von all dem man baut und auf den Markt wirft, desto besser ist das für den Hersteller. Es geht um die reine Marktmacht; eine Art Großmächte-Politik der Autoindustrie. Bei VW ist spätestens seit der Dieselaffäre klar, dass Größe allein keine Garantie ist, im Gegenteil. Je mehr verseuchte Autos man verkaufte, desto schlimmer wurde alles.

Verkaufszahlen sind nicht mehr alles

In Zukunft geht es nicht mehr nur darum, wer wie viele Autos verkauft, sondern was diese Autos können. Elektrisch oder autonom fahren, als fahrende Rechenzentren und rollende Datenträger neue Geschäftsfelder erschließen - das Bild des Autobauers wandelt sich gerade, und ein verhältnismäßig kleiner kalifornischer Elektro-Autobauer namens Tesla zeigt den etablierten Autoschraubern, worauf es ankommt und worauf nicht. Dass BMW derzeit sehr eng mit dem Chip-Konzern Intel und dem israelischen Kameraspezialisten Mobileye bei selbstfahrenden Autos kooperiert, ist der moderne Gegenentwurf zur alten Schule der Großfusionen: finanziell weniger riskant, oft nur zeitlich begrenzt, technologisch sehr fokussiert.

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Opel und PSA aber sind zwei Massenhersteller, die mit ihren Autos um den gleichen Kundenstamm werben, deren Produkte sich mehr oder weniger in der gleichen Preisklasse bewegen und die in erster Linie in Europa aktiv sind. Sie ergänzen sich nicht und sind sich als direkte Wettbewerber zu ähnlich, um zusammenzupassen. Auch ihre Lücken weisen große Gemeinsamkeiten auf. In den USA und China sind beide gar nicht oder nicht stark genug vertreten; beide brauchen für die Zukunft eine ausgereifte Elektro-Strategie.

Ab 2019 dürfte es vorbei sein mit den Garantien für die Opelaner

Opel ist ein deutscher Autobauer, der nach vielen Jahren unter Führung von General-Motors amerikanisch sozialisiert ist, und der nun unter französischer Kontrolle arbeiten soll. Hier wird Größe nun verknüpft mit einem recht delikaten industriepolitischen Experiment. Was wird passieren, wenn in einigen Jahren in großem Stil Jobs gestrichen werden und dies nicht auf französischer Seite geschieht, sondern in Rüsselsheim, Eisenach und Kaiserslautern? Wird man dann immer noch vom neuen europäischen Champion schwärmen? Oder werden sich dann deutsche und französische Gewerkschafter in die Haare kriegen? Letzteres ist sehr wahrscheinlich.

Die Verträge sehen vor, dass die 19 000 Opel-Beschäftigten in Deutschland noch bis Ende 2018 vor betriebsbedingten Kündigungen geschützt sind. Danach - alles andere wäre ein Wunder - dürften die neuen Herren kräftig durch Büros und Fabriken fegen. Den Anfang könnten, wie oft in solchen Fällen, Abteilungen wie Marketing und Einkauf machen. Abteilungen, von denen es nach Übernahmen immer eine zu viel gibt. Wer ein anderes Unternehmen kauft, tut das nicht, um mehr Geld auszugeben, sondern um zu sparen.

Eine Garantie für Opels Fabriken wollte der PSA-Chef am Montag auch nicht abgeben. "Das Einzige, was uns beschützt, ist Leistung", sagt er. Keine Leistung, keine Jobs. Nur: Wo soll sie bloß herkommen, diese Leistung?

© SZ vom 07.03.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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