New York:Stadt unter Dampf

Lesezeit: 2 min

In der Wall Street steigt der Dampf aus Gullys und Schächten, wenn es kalt wird in New York. (Foto: Richard Drew/AP)

Ineffiziente Heizungen bringen die New Yorker im Winter zum Schwitzen. Nun will die Stadt grüner werden und das alte System ersetzen. Die Idee kommt einem bekannt vor.

Von Ann-Kathrin Nezik, New York

In der großen Stadt ist es in dieser Woche kalt geworden. Meteorologen warnen vor einem Sturmtief, das kurz vor Thanksgiving über New York hinwegfegen soll. Die Menschen laufen fortan wieder wie Michelin-Männchen herum und führen sogar ihre Hunde in Mäntelchen Gassi. Gut, dass es drinnen in den Apartments schön warm ist, könnte man meinen. Aber damit fangen die Probleme erst an.

Läuft man durch die Straßenschluchten, kann man sehen, wie überall Dampf aus Gullys und Schächten aufsteigt. Er gehört zum Stadtbild wie die silberfarbenen Imbisswagen und die gelben Taxis. Unter der Asphaltdecke winden sich kilometerlange Rohre von der Südspitze Manhattans bis zum Central Park. Ein Relikt aus dem späten 19. Jahrhundert, als Kohle- und Holzöfen die Luft verpesteten und die Stadtoberen nach einer umweltfreundlicheren Alternative suchten. Seitdem heizt Dampf nicht nur Wolkenkratzer wie das Empire State Building, sondern fast 80 Prozent aller älteren Wohnhäuser.

Deren Heizkörper führen ein seltsames Eigenleben. Zu jeder Tages- und Nachtzeit machen sie sich aus dem Nichts bemerkbar. Mal durch ein Gurgeln, mal durch ein Klopfen, so laut, als würde eine Horde Bauarbeiter gerade die Wohnung auseinandernehmen. Und sie bringen die Apartments auf tropische Temperaturen. 70 Prozent der New Yorker Wohnungen sind einem Bericht der Organisation Urban Green Council zufolge im Winter chronisch überhitzt. Thermostate, mit denen sich die Wärme regulieren ließe, sind eine Rarität.

SZ PlusKlimapolitik
:"Die Menschheit muss sich entscheiden"

Die Erderwärmung sei nur durch einen konsequenten Abschied von Kohle, Öl und Gas zu stoppen, sagt Fatih Birol von der Internationalen Energieagentur. Doch es fehle am Wichtigsten: dem politischen Willen.

Von Michael Bauchmüller und Thomas Hummel

Immobilien-Seiten haben deshalb allerlei Tipps parat, wie Mieter die Sauna zu Hause erträglicher machen können. Man könne den Heizkörpern eine Decke überwerfen oder den Ventilator aus dem Sommer umfunktionieren, heißt es dort zum Beispiel. Die meisten New Yorker betreiben weniger Aufwand. Sie reißen einfach die Fenster auf. Während in Deutschland über dreifach verglaste Scheiben und styroporgedämmte Fassaden diskutiert wird, blasen sie die überschüssige Heizluft zum Fenster hinaus.

Gut fürs Klima ist das natürlich nicht. Und deshalb sollen die Dampfheizungen nun weichen oder erneuert werden. Die New Yorker Stadtregierung hat einen ambitionierten Klimaplan verabschiedet, der alle Emissionen bis 2050 auf null herunterfahren soll. Ab dem kommenden Jahr greift ein neues Gesetz für Gebäude. Eigentümer müssen den CO₂-Ausstoß ihrer Häuser dann Jahr um Jahr reduzieren. Verfehlen sie die Ziele, drohen ihnen hohe Strafen.

Nahezu jedes der über eine Million New Yorker Gebäude müsse deshalb umgerüstet werden, so steht es in einer Präsentation der Stadtverwaltung. Und das führt zu einer Idee, die einem bekannt vorkommt. Die Wohnungsbehörde hat nämlich begonnen, die Dampfheizungen in Sozialwohnungen durch Wärmepumpen zu ersetzen. In den nächsten Jahren sollen insgesamt 30 000 der Geräte installiert werden, hat Bürgermeister Eric Adams versprochen. Die Mieter freuen sich schon jetzt über ein angenehmeres Raumklima und weniger Hustenanfälle.

Besser, man erzählt ihnen nicht, welches Theater die Wärmepumpe in Deutschland ausgelöst hat.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

SZ PlusNachruf auf Rosalynn Carter
:Eine First Lady für die Geschichtsbücher

Die politische Karriere von Jimmy Carter wäre ohne seine Frau Rosalynn nicht denkbar gewesen. Nun ist sie im Alter von 96 Jahren gestorben.

Von Christian Zaschke

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: