Facebook-Konzern:Vier Gründe für Metas Absturz

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Logo des Facebook-Konzerns Meta. Das Internet-Unternehmen steckt in der schwersten Krise seiner Geschichte. (Foto: ARND WIEGMANN/REUTERS)

Mit seiner riskanten Wette auf das Metaverse verschreckt Mark Zuckerberg Investoren: Der Umsatz sinkt, die Aktie stürzt ab. Daran sind auch Apple und Tiktok schuld.

Von Simon Hurtz, Berlin

Selbst Mark Zuckerberg gibt zu, dass der Widerstand gewaltig ist. "Ich verstehe, dass viele Leute mit dieser Investition nicht einverstanden sein könnten", sagte der Meta-Chef, als er Mittwochnacht die Zahlen für das dritte Quartal vorstellte. Doch in einigen Jahrzehnten würden die Menschen erkennen, dass Metas Arbeit von historischer Bedeutung gewesen sei.

Damit meint er seine Wette auf das Metaverse, jene virtuellen Welten, in denen Menschen gemeinsam spielen, feiern und arbeiten sollen. Zuckerberg spricht so viel über die Zukunft, weil die Gegenwart für Facebooks Mutterkonzern Meta düster aussieht. Fast alle Indikatoren zeigen nach unten, Umsatz und Gewinn sinken zum zweiten Mal in Folge. Zuckerberg klingt fast schon flehentlich, wenn er sagt: "Ich glaube, dass jene, die Geduld haben und in uns investieren, am Ende belohnt werden."

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Viele Menschen, die Anteile an Meta halten, sehen das offenbar anders. Nachbörslich verlor der Konzern am Mittwoch binnen zwei Stunden rund ein Fünftel seines Werts, im Vergleich zum vergangenen Jahr ist der Kurs um mehr als 70 Prozent eingebrochen. Die Aktie liegt jetzt auf dem Niveau von 2016. Damals war Barack Obama US-Präsident, Facebook cool und Tiktok noch nicht mal erfunden. Kurzum: Meta steckt in der schwersten Krise seiner Geschichte. Für den Absturz gibt es vier zentrale Gründe.

1. Die Zweifel am Metaverse wachsen

Zuckerberg setzt beim Schicksal seines Konzerns auf eine Vision, die bestenfalls in ferner Zukunft Realität wird - wenn überhaupt. Er ist davon überzeugt, dass das Metaverse das mobile Internet ablösen wird. Deshalb benannte er Facebook vor einem Jahr in Meta um und investiert Dutzende Milliarden Dollar. Bis 2030 sollen sich eine Milliarde Menschen im Metaverse tummeln.

Die Wette ist riskant. Bislang ist die virtuelle Realität ein gewaltiges Verlustgeschäft, und es braucht viel Fantasie, um sich vorzustellen, wie sich das ändern könnte. Diese Imagination fehlt vielen Investoren. Zuckerberg hält spezielle Aktien, die ihm zehnfaches Stimmrecht garantieren. Damit kann er alle wichtigen Entscheidungen zur Not allein und gegen den Willen aller anderen Anteilseigner treffen.

Bislang sieht es so aus, als lasse sich Zuckerberg nicht von seinem Kurs abbringen. Anfang der Woche forderte ein einflussreicher Investor in einem offenen Brief, dass Meta sich auf das Hier und Jetzt konzentrieren müsse: Zehntausende Angestellte rauswerfen, Kosten senken und die Ausgaben fürs Metaverse massiv zusammenstreichen. Meta macht das Gegenteil. Der Verlust, den die Sparte Reality Labs einfahre, werde im kommenden Jahr "signifikant wachsen", sagt Finanzchef Dave Wehner.

2. Facebook und Instagram müssen sich radikal verändern

Um von einem Social-Media-Betreiber zu einem Metaverse-Konzern zu werden, muss sich Meta neu erfinden. Das ist nicht die einzige Metamorphose, die Zuckerberg anstrebt. Gleichzeitig möchte er die beiden Plattformen Facebook und Instagram grundlegend umbauen. Das Vorbild ist Tiktok. Vor allem Jüngere wechseln in Scharen zur Konkurrenz aus China, deshalb setzt Zuckerberg auf ein bewährtes Rezept: Er kopiert, womit andere Erfolg haben.

Zum einen geht es um das Format der Inhalte. Tiktok basiert auf einem endlosen Strom aus Videos im Hochformat, die sich mobil schneiden und kreativ neu zusammensetzen lassen. Meta nennt seinen Tiktok-Klon Reels und verankert das Format prominent in Facebook und Instagram. Zum anderen verändert sich die Logik, nach der neue Inhalte empfohlen werden. Bislang setzen Metas Plattformen stark auf den sogenannten Social Graph. Man sieht in erster Linie Postings von Menschen, denen man folgt. Bei Tiktok spielt dieses Freundesnetzwerk eine viel geringere Rolle. Ständig werden neue Inhalte vorgeschlagen, Nutzerinnen und Nutzern soll bloß nicht langweilig werden.

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Bislang zahlt sich der Strategiewechsel nicht aus. Viele Menschen wünschen sich das alte Instagram zurück, eine einfache und elegante Fotoplattform ohne viel Schnickschnack. Prominente Influencerinnen protestieren gegen den Umbau, gleichzeitig wächst Tiktok rasant, während Metas Plattformen stagnieren. Das kann sich Zuckerberg aber nicht leisten. Um das Metaverse zu bauen, ist er darauf angewiesen, dass Facebook und Instagram weiter Milliarden abwerfen.

3. Apple schränkt das Datensammeln ein

Vergangenes Jahr führte Apple ein kleines Pop-up ein, das große Auswirkungen auf Meta hat. Entwickler müssen auf iPhones und iPads um Erlaubnis fragen, bevor sie Nutzerinnen und Nutzer quer über Apps und Webseiten hinweg verfolgen. Da nur ein Bruchteil zustimmt, schrumpft der Datenschatz, den Konzerne wie Meta sammeln können. Mobile Werbung ist deshalb deutlich weniger effektiv, Anzeigenverkäufer wie Youtube, Snapchat und Twitter leiden.

Am härtesten hat es jedoch Facebook und Instagram getroffen. Apples Maßnahmen haben Meta bereits eine zweistellige Milliardensumme gekostet. Gleichzeitig baut Apple sein eigenes Werbegeschäft sukzessive aus. Der Konzern will seine Abhängigkeit vom iPhone reduzieren und selbst Anzeigen verkaufen. Für Meta, das sich den Regeln von Apples Ökosystem beugen muss, sind das schlechte Nachrichten.

4. Unternehmen reduzieren ihre Werbebudgets

Die Corona-Pandemie spielte vielen Tech-Unternehmen in die Hände, schließlich verbrachten viele Menschen noch mehr Zeit in Apps und auf digitalen Plattformen. Unter dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine leidet aber auch das Silicon Valley: Die Inflation steigt, das Wirtschaftswachstum sinkt, und Unternehmen reduzieren ihre Werbebudgets. Früher strömten die Werbekunden Meta in Scharen zu, jetzt muss die Anzeigenabteilung kämpfen.

Bereits im Juli sprach Zuckerberg von "einem der schlimmsten Abschwünge, die wir in der jüngsten Geschichte gesehen haben". Auch Metas Angestellte dürften die Folgen spüren. Realistisch betrachtet, seien eine Reihe von Leuten im Konzern, die nicht hier sein sollten, sagte Zuckerberg damals. Er hoffe, dass ein Teil freiwillig gehe, wenn der Druck steige. "Turning up the heat", nennt Zuckerberg das. Man könnte es übersetzen mit: die Hölle heiß machen.

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