Preise:Die Inflation geht weiter zurück

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Einkaufen im Supermarkt ist im vergangenen Jahr bedeutend teurer geworden. (Foto: Sina Schuldt/dpa)

Im November lag die Rate bei 3,2 Prozent, meldet das Statistische Bundesamt. Das ist der niedrigste Wert seit Juni 2021.

Von Markus Zydra, Frankfurt

Die Inflation in Deutschland geht weiter zurück. Im November lag die Rate bei 3,2 Prozent, meldete das Statistische Bundesamt in seiner ersten Schätzung am Mittwoch. Das ist der niedrigste Wert seit Juni 2021. Zum Vergleich: Im Oktober stiegen die Preise im Vergleich zum Vorjahresmonat noch um 3,8 Prozent. Im September waren es 4,5 Prozent. Auf ihrem Höhepunkt im Oktober und November 2022 notierte die Teuerungsrate über zehn Prozent.

Dämpfend auf die Inflationsrate wirkte im November 2023 insbesondere der Rückgang der Energiepreise um 4,5 Prozent gegenüber dem Vorjahresmonat, so die Statistiker. "Zudem stiegen die Preise für Nahrungsmittel im November 2023 mit 5,5 Prozent gegenüber dem Vorjahresmonat nicht mehr so stark wie noch in den Vormonaten."

Das Wirtschaftsforschungsinstitut Ifo erwartet, dass die Inflation in Deutschland weiter fällt. Zwar dürfte die Inflationsrate im Dezember vorübergehend auf etwa vier Prozent steigen, sagte Ifo-Konjunkturchef Timo Wollmershäuser am Mittwoch. "Aber bereits zu Beginn des kommenden Jahres wird die Inflationsrate auf unter drei Prozent sinken", prognostizierte der Experte.

Der allmähliche Rückgang der Inflation kann allerdings nicht darüber hinwegtäuschen, dass vor allem einkommensschwache Haushalte finanziell sehr belastet sind. Die Preise fallen ja nicht auf das Niveau vor drei Jahren zurück, und höhere Löhne können den gesamten Inflationsschub nicht immer neutralisieren. Dennoch gibt es für Beschäftigte gute Nachrichten. Die Reallöhne stiegen das zweite Mal in Folge, wie das Statistische Bundesamt am Mittwoch ebenfalls mitteilte.

Das Plus bei den Nominallöhnen von 6,3 Prozent übertraf im dritten Quartal den Anstieg der Verbraucherpreise von 5,7 Prozent. Daraus habe sich eine Reallohnsteigerung um 0,6 Prozent im Vergleich zum Vorjahresquartal ergeben. Ein erster leichter Anstieg seit zwei Jahren war im zweiten Vierteljahr verzeichnet worden. Zu dem kräftigen Anstieg der Reallöhne trugen nach Angaben der Statistiker auch der erhöhte Mindestlohn und die in vielen Betrieben vereinbarte Inflationsausgleichsprämie bei. Die stärkste nominale Lohnsteigerung verbuchte mit 10,3 Prozent unter den Vollzeitbeschäftigten das Fünftel mit den geringsten Verdiensten. Auch geringfügig Beschäftigte kamen im dritten Quartal mit 7,7 Prozent gegenüber dem Vorjahresquartal auf ein überdurchschnittliches Plus.

Im Kampf gegen die Inflation hat die Europäische Zentralbank den Leitzins binnen 15 Monaten von null auf 4,5 Prozent erhöht. Zuletzt verzichteten die Währungshüter auf weitere Anhebungen. Der hohe Zins entfaltet Wirkung, auf den Immobilienmärkten gehen die Preise zurück. Immer weniger Menschen können sich einen Hauskredit leisten. Auch der Markt für Gewerbeimmobilien leidet. Angesichts der schwachen Wirtschaftsdaten in der Euro-Zone fordern manche bereits baldige Leitzinssenkungen. Doch EZB-Präsidentin Christine Lagarde hat zuletzt klargestellt, dass mit Leitzinssenkungen in den nächsten Monaten nicht zu rechnen sei.

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:Löhne steigen wieder stärker als die Preise

Im dritten Quartal legen die Reallöhne zum zweiten Mal in Folge zu - und so stark wie seit mehr als zwei Jahren nicht mehr. Einige Unternehmen planen allerdings, die Preise weiter zu erhöhen.

Lagarde warnt bereits vor zu viel Euphorie

Die Französin warnt vor verfrühten Siegesfeiern im Kampf gegen die Inflation. Dies sei nicht der Zeitpunkt, damit zu beginnen, den Sieg zu verkünden, sagte Lagarde am Montag im Wirtschafts- und Währungsausschuss des Europaparlaments in Brüssel. "Wir müssen die verschiedenen Kräfte, die sich auf die Inflation auswirken, weiterhin aufmerksam beobachten und uns fest auf unser Mandat der Preisstabilität konzentrieren", sagte sie. Der nächste Zinsentscheid der EZB steht am 14. Dezember an. Die Notenbank strebt mittelfristig eine Inflationsrate von zwei Prozent an.

Sorge bereitet den Währungshütern die nach wie vor hohe Kerninflation. Hier lässt man bei der Berechnung stark schwankende Preise bei Produkten wie Energie und Nahrungsmittel außen vor. Die Kerninflation gilt als hartnäckigere und damit gefährlichere Spielart der Teuerung. Die Kerninflation in Deutschland betrug im November 3,8 Prozent, so das Statistische Bundesamt - und lag damit 0,6 Punkte über der allgemeinen Inflation. In der Euro-Zone notierte die Kerninflation im Oktober mit 4,3 Prozent ebenfalls deutlich über der Gesamtteuerung von 2,9 Prozent.

"Wäre die Kerninflation in der Nähe von zwei Prozent geblieben und die allgemeine Inflation bei bis zu zehn Prozent, wie wir es gesehen haben, dann wäre die EZB bei Weitem nicht so alarmiert gewesen und hätte die Zinsen nicht so stark angehoben", sagt Sebastian Dullien, Chefvolkswirt der gewerkschaftseigenen Hans-Böckler-Stiftung. Wenn sich die Kerninflation festsetze, werde auch die allgemeine Inflation hoch bleiben, weil ein Großteil des Warenkorbs nicht Energie und Lebensmittel seien. Langfristig muss man davon ausgehen, dass die Inflation sich an die Kerninflation anpasst - nicht umgekehrt. "Auch deshalb achtet die Notenbank so sehr darauf", sagt Dullien. Und deshalb wird auch in den nächsten Monaten der Blick auf die Kerninflation wichtiger sein als der auf die Gesamtinflation.

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