Immobilien:Was Mieter-Apps bieten

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Ratingen (dpa/tmn) - Der eine Nachbar vermietet die Werkbank, der andere bietet eine Mitfahrgelegenheit. Und die Abrechnung der Nebenkosten erscheint monatlich auf dem Display statt jährlich im Briefkasten - alle Infos sind per App verfügbar.

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Ratingen (dpa/tmn) - Der eine Nachbar vermietet die Werkbank, der andere bietet eine Mitfahrgelegenheit. Und die Abrechnung der Nebenkosten erscheint monatlich auf dem Display statt jährlich im Briefkasten - alle Infos sind per App verfügbar.

Sie vernetzt Bewohner im Viertel. So oder so ähnlich kann die Kommunikation künftig zwischen Nachbarn, Mietern und Eigentümern aussehen. Sie soll dank moderner Technik schneller und bequemer werden. Bis Mieter-Apps flächendeckend Verbreitung finden, kann es aber dauern.

Hohe Kosten für Infrastruktur

„Die Digitalisierung steckt noch in den Kinderschuhen“, sagt Thomas Götzen, Geschäftsführer des App-Entwicklers Animus mit Sitz in Ratingen. Derzeit experimentieren Wohnungsunternehmen vor allem in Neubaugebieten mit den Angeboten. Dort wird die erforderliche Infrastruktur von vornherein eingeplant. Im Bestand bremsen häufig die hohen Kosten die nachträgliche Ausstattung aus, erklärt der Bundesverband Freier Immobilien- und Wohnungsunternehmen (BFW). Deshalb halten viele Vermieter sich noch zurück. Der Einbau lohnt erst, wenn die Technik günstiger wird.

Kontaktaufnahme über Onlineportale

Dennoch brauchen Bewohner älterer Gebäude nicht auf Onlinelösungen zu verzichten, wenn sie ihrem Vermieter mitteilen wollen, dass die Heizung kaputt ist. „Wohnungsunternehmen haben Webportale etabliert, die die schnelle Kontaktaufnahme erleichtern“, erläutert Ulrich Ropertz vom Deutschen Mieterbund (DMB) in Berlin. Der Vorteil: Die Portale sind rund um die Uhr erreichbar, im Unterschied zur analogen Kommunikation existieren keine starren Bürozeiten. Das Einloggen ins Portal funktioniert meist über ein Passwort am PC und Tablet.

Bei Apps hegt Ropertz ähnliche Bedenken wie bei zentralen Mailadressen und Callcentern: „Ich laufe Gefahr, nicht zu wissen, ob und wo meine Meldung versandet.“ Die Skepsis beruht auf Erfahrungen bei der Einführung von Callcentern, die im Auftrag von Wohnungsgesellschaften Anfragen von Mietern entgegennehmen. „Die Hinweise wurden angenommen, aber die Mieter bekamen dort keine Hilfe und fühlten sich allein gelassen. Anfangs hagelte es Beschwerden.“

Bei Reperaturbedarf Foto mitsenden

Um die Hausbewohner auf dem Laufenden zu halten, können Portale und Apps auch Verwalter, Hausmeister und Handwerker einbinden: Der Mieter macht mit dem Handy ein Foto von der defekten Toilette, ruft die App auf, hängt das Bild an und sendet seine Botschaft an den Vermieter. Der leitet das Ganze an den Handwerker weiter.

„Der Mieter kann den Ablauf verfolgen und der Handwerker einen Terminvorschlag machen“, sagt Julien Ahrens, Geschäftsführer der Wohnungsgesellschaft Wohnstolz aus Ludwigsburg mit 180 Einheiten. Aus seiner Sicht ist vor allem das Mitsenden von Fotos hilfreich. „Der Handwerker kann einschätzen, ob er zuständig ist oder ein anderer. Der Mieter hat schnell Klarheit.“ Komplett online läuft der Vorgang in der Praxis nicht ab: Den Termin vereinbaren Mieter und Handwerker besser telefonisch, um sich nerviges Hin und Her zu ersparen: „Ein Kundenportal ist keine Lösung dafür.“

Angebote werden oft nicht wahrgenommen

Die neue Technik soll Mietern auch mehr Komfort bieten: Ein Transponder ersetzt den Hausschlüssel. Licht und Heizung steuern sie digital oder werden informiert, wenn ein Paket im Briefkasten liegt, wie es in einem Quartier mit geförderten Wohnungen in Düsseldorf-Gerresheim ausprobiert wird. Mit solchen Service-Angeboten wollen Wohnungsgesellschaften die Nutzung schmackhaft machen. Denn die hält sich selbst bei online-affinen Bewohnern in Neubauvierteln in Grenzen. „Der Rücklauf ist gering“, räumt Ahrens ein. Statt die Applikation aufzurufen, schrieben die Leute lieber E-Mails aus dem Büro, oder sie fänden vor lauter Apps auf dem Telefon die Mieter-App gar nicht. Um die Applikation zum Standard zu machen, plant Wohnstolz, das Thema in den Mietervertrag zu schreiben.

Post und Briefkasten bleiben wichtigste Kontaktebene

Ausschließlich digital zu kommunizieren, hält Ulrich Ropertz vom DMB für problematisch. Seiner Meinung nach „muss der Vermieter mehrere Kommunikationswege offenhalten“. Es sei denn, beide Seiten vereinbaren ausdrücklich anderes: „Einseitig vorgehen geht nicht.“ Der DMB weist zudem auf rechtliche Grenzen hin. Mietverträge, Mieterhöhungen und Kündigungen erfordern die Schriftform, also Unterschrift per Hand. Damit fallen App und Mail in der Regel durchs Raster. Post und Briefkasten bleiben die Mittel der Wahl. „Bei wichtigen Fragen sind alle gut beraten, es auf althergebrachte Weise zu machen“, sagt Ropertz. Bei Streitfragen sind digitale Wege der Kommunikation vorteilhaft, weil der Verlauf dokumentiert ist.

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