Finanzkriminalität:Wieso die Mafia Fan von Maltas Online-Casinos ist

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Blick auf Maltas Hauptstadt Valletta: Die Insel verdient gut an Online-Casinos. (Foto: kavalenkava/imago images/Panthermedia)

Die Internetanbieter werden für Geldwäsche missbraucht - laxe Regeln machen es möglich. Das EU-Parlament diskutiert nun über eine Verschärfung.

Von Björn Finke, Brüssel

Malta lockt Urlauber mit Stränden, Sonne und der hübschen Hauptstadt Valletta. Anbieter von Online-Casinos fühlen sich ebenfalls stark angezogen von der Mittelmeerinsel: Die Steuern und Gebühren sind niedrig, außerdem hat die Regierung den Markt früh liberalisiert. So wurde die Insel zum Zentrum der Branche in der Europäischen Union - und auf Glücksspielseiten aus Malta zocken auch zahlreiche Deutsche. Zugleich sind die vielen Internet-Casinos beliebt bei Geldwäschern, laxe Regeln machen es den Verbrechern leicht, die Herkunft des Geldes zu verschleiern. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie des Berliner Anti-Mafia-Vereins "Mafia - Nein, danke".

Die Untersuchung wird an diesem Montag von der Fraktion der Linken im Europaparlament veröffentlicht. Die Autoren liefern darin Verbesserungsvorschläge: Sie fordern, dass die Europäische Union härtere Regeln erlassen sollte, um Geldwäsche in Online-Casinos zu verhindern. Zwar existieren bereits umfangreiche EU-Vorschriften gegen das Risiko, dass Verbrecher ihre schmutzigen Gewinne in den legalen Finanzkreislauf einspeisen. Doch speziell die Vorgaben für Internet-Casinos müssten dringend nachgeschärft werden, heißt es in der Studie. Und ohne neue Regeln aus Brüssel bleibt es Sache der Mitgliedstaaten, ob sie von sich aus striktere Geldwäschegesetze für diese heikle Branche einführen. Die Bundesregierung zum Beispiel hat dies gemacht. Hierzulande sind die Anti-Geldwäscheregeln für Online-Spielhöllen viel strenger als in Malta.

Praktischerweise diskutiert das Europaparlament gerade ohnehin über eine Novelle der EU-Vorschriften gegen Geldwäsche. Den Gesetzentwurf hat die Kommission schon im Sommer 2021 vorgelegt. Anfang kommenden Jahres will sich das Parlament auf seine Verhandlungsposition einigen, für die finalen Gespräche mit der anderen Gesetzgebungskammer, dem EU-Ministerrat.

In ihrer Untersuchung konzentrieren sich die Autoren auf die Frage, wie wichtig Maltas Internet-Casinos als Geldwaschanlagen für die italienischen Mafiagruppen sind. Die Studie wertet etwa hundert italienische Ermittlungsverfahren der vergangenen 25 Jahre aus, bei denen es auch um Glücksspiel ging. Die Polizei beschlagnahmte hier 6,7 Milliarden Euro - und davon entfielen 4,1 Milliarden Euro, also fast zwei Drittel, auf Fälle, bei denen die Verbrecher maltesische Internet-Casinos zur Geldwäsche genutzt hatten.

"Nur so können wir den Mafia-Clans auf der Spur bleiben."

Eine beliebte Methode ist offenbar, Spielerkonten zu eröffnen, dort das schmutzige Geld einzuzahlen, ein wenig zu zocken - oder auch nicht - und sich nach einiger Zeit die Mittel vom Casino auf ein Bankkonto überweisen zu lassen. Das kann dann als Spielgewinn deklariert werden. Um solche Tricks zu erschweren, schlagen die Studienautoren strengere Regeln vor, mit denen die Zahlungsströme und die Identität der Profiteure besser nachzuvollziehen sind.

So sollten Online-Casinos Geld nur auf Bankkonten überweisen dürfen, die dem Spieler gehören, und nicht auf dessen Wunsch auch auf andere Konten, fordern die Autoren. Der Spieler sollte zudem Einzahlungen nur via Überweisung, Lastschrift oder eigener Kreditkarte vornehmen können und nicht Kryptowährungen oder Anbieter wie Paypal verwenden. Gerade der Bezahldienst Paypal ist bei Casinos in Malta sehr beliebt. Ein Verbot wäre folglich brisant.

Auftraggeber der Studie ist der Europaabgeordnete Martin Schirdewan. Der Bundesvorsitzende der Linken will durchsetzen, dass diese Studienempfehlungen in die Neufassung der Anti-Geldwäsche-Richtlinie einfließen, über die das Parlament verhandelt. Er hat einen entsprechenden Änderungsantrag für den Rechtstext gestellt und sieht Chancen, dass es eine Mehrheit gibt. "Es braucht EU-weite Transparenzregeln zur Bekämpfung der Geldwäsche im Online-Glücksspiel", sagt Schirdewan, der auch die Fraktion der europäischen Linken im Straßburger Parlament führt. "Nur so können wir den Mafia-Clans auf der Spur bleiben - die EU hat dies bisher verschlafen."

Wenn das Parlament über seine Position zu dem Gesetz abgestimmt hat, beginnen aber direkt die nächsten schwierigen Verhandlungen: Parlament, Ministerrat und das Gremium der EU-Regierungen müssen sich auf die finale Version verständigen. Der Ministerrat hat schon seine Position zu dem Rechtsakt verabschiedet - und dort auf solche Verschärfungen für Online-Casinos verzichtet.

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