Beim Fleischkonzern Tönnies kehrt keine Ruhe ein. Nach den Corona-Ausbrüchen in Schlachthöfen im vergangenen Jahr, macht nun ein Verkaufsgerücht die Runde. Demnach steht Tönnies kurz davor, den familieneigenen Fleischverarbeitungsbetrieb zu verkaufen. Das Unternehmen mit Sitz in Rheda-Wiedenbrück prüfe seit Monaten Optionen und bereite sein Zahlenwerk für einen Verkaufsprozess auf, berichtete die Nachrichtenagentur Bloomberg am Freitag und berief sich dabei auf "mit der Angelegenheit vertraute Personen". Der Fleischkonzern könne bei einem Verkauf bis zu vier Milliarden Euro einbringen, hieß es weiter. Tönnies gilt mit einem Umsatz von mehr als sieben Milliarden Euro europaweit als einer der größten Schlachter von Schweinen und Rindern.
Das Unternehmen äußerte sich auf Anfrage zurückhaltend. "Marktgerüchte werden von uns prinzipiell nicht kommentiert", so ein Tönnies-Sprecher. In einem Brief an die Belegschaft - er liegt der SZ vor - stellte der Konzern dagegen klar: Die "Tönnies Gruppe wächst, investiert und geht in die nächste Generation". Der geschäftsführende Gesellschafter des Fleischkonzerns, Clemens Tönnies, pocht demzufolge auf den Führungsanspruch der Familie. Clemens Tönnies wolle nicht verkaufen, er baue Sohn Maximilian als Nachfolger auf, sagte ein Branchenkenner der SZ.
Mit Gerüchten ist das so eine Sache, manchmal stimmen sie, dann wieder nicht. In jedem Fall können sie Schaden anrichten, weil sie Mitarbeiter, Kunden und Lieferanten verunsichern. Für die Firmeneigner selbst können solche Gerüchte dagegen durchaus von Nutzen sein, weil im Fall eines tatsächlich geplanten Verkaufs so womöglich der Preis steigen könnte.
Im Fall von Tönnies könnten erste Gespräche mit möglichen Bietern bereits in den nächsten Wochen beginnen, wie Bloomberg berichtet. Als mögliche Kaufinteressenten wurden der US-Konzern Tyson Foods, das brasilianische Unternehmen JBS SA sowie die chinesische WH Group genannt.
Ein Corona-Ausbruch brachte den Betrieb in die Schlagzeilen
Tatsache ist, dass es innerhalb der Eigentümerfamilie des Fleischkonzerns in den vergangenen Jahren immer wieder Streit gab, vor allem zwischen Hauptaktionär Robert Tönnies und seinem Onkel Clemens Tönnies. Letzterer wird im Mai 65 Jahre alt und kontrolliert etwa 45 Prozent der Anteile, bei Robert Tönnies liegen rund 50 Prozent. Im Konzern arbeitet auch Maximilian Tönnies, Sohn von Clemens Tönnies, der ebenfalls Gesellschafter ist und rund fünf Prozent der Anteile kontrolliert.
Der Tönnies-Konzern, der demnächst 50-jähriges Bestehen feiert, war nach einem Corona-Ausbruch im Stammwerk 2020 in die Schlagzeilen geraten. Mehr als 1500 Mitarbeiter hatten sich mit dem Virus infiziert, die Fabrik in Rheda-Wiedenbrück wurde vorübergehend geschlossen. In der Politik hatte es immer wieder Kritik an den Arbeitsbedingungen bei Tönnies gegeben.