Familienunternehmen:Was eine Frau an der Spitze bewirken kann

Familienunternehmen: In diesem Unternehmen ist die Frau der Boss.

In diesem Unternehmen ist die Frau der Boss.

(Foto: Stephan Floss)
  • Das Familienunternehmen der Tochter zu übergeben gilt heute noch immer als Ausnahme. Häufiger wird der Sohn zum Nachfolger - oder gar ein externer Manager.
  • Beim mittelständischen Unternehmen Miunske ist jedoch genau das geschehen. Die Geschichte einer All-in-Entscheidung zugunsten der Familie:

Von Cornelius Pollmer

Silbermond, die Band aus Bautzen, gehört in der Außenwirtschaftsbilanz des Freistaats Sachsen zu den glänzenden Posten, in ihrer Heimat wird sie seit dem letzten Album noch inniger geliebt. B96 heißt ein Lied darauf, benannt nach einer Bundesstraße und Chiffre für all die Gefühle, die Silbermond mit ihrer Herkunft verbinden. Ein rostiges Hoftor, blassgelbe Felder, kaum Menschen - es passiert nicht viel in diesem Lied: "Und die Welt, steht still, hier im Hinterwald."

Wer über die Autobahn 4 in den deutschen Ostzipfel fließt und dann in Bautzen abbiegt, nach Süden, der bekommt zunächst nicht viele Gegenargumente geliefert. Doch während im Autoradio Silbermond schon am Morgen wohlwollend das Nicht-Geschehen besingt, hat fernab jeglicher Bühnen genau hier eine Frau die Führung übernommen.

Ein Wachstumspaket mit dem Namen Miunske

Die Oberlausitz ist das, was etwas anämisch immer als "strukturschwache Region" bezeichnet wird, und umso verwunderlicher erscheint dieses Wachstumspaket, das sich an der B 96 in Großpostwitz entwickelt und das an so viel Kraft und Größe gewonnen hat, dass es sich inzwischen zu beiden Seiten der Bundesstraße ausbreitet. Das Paket trägt den Namen Miunske, und bevor dies der Name einer Firma für Fahrzeugtechnik wurde, war es schon der Name einer Familie. Johannes Miunske war der Innovation zumindest vom Etikett her schon in der DDR verschrieben, nämlich als Konstrukteur im Mähdrescherwerk Fortschritt. Nach dem Mauerfall ging er in den Außendienst, 1996 gründete er die Firma, und zwar tatsächlich in einer Garage, von der noch die Rede sein wird.

Von Anfang an dabei war seine Frau Monika. Und sonst? Nicht viel. 20 Jahre später zählt Miunske etwa 60 Mitarbeiter, der Umsatz lag im vergangenen Jahr bei knapp zehn Millionen Euro. In der offiziellen Firmenpräsentation wird all dies mit dem beiläufigen Folientitel "Miunske - ein Familienunternehmen" beschrieben. Warum das Wort "Familie" in diesem Fall noch gerechtfertigter ist als sonst, das zeigt sich im Wechsel der Geschäftsführung, der sich vollzogen hat: vom Vater an die Töchter.

Die operative Leitung hat die Generation Miunske 1 bereits abgegeben, Ende des Jahres wird sie auch die Berater-Präsenz am Firmensitz in Großpostwitz beenden. Auf die Gründer gefolgt ist die Generation Miunske 2. Die beiden Töchter plus Ehemänner leiten das Haus nun, angeführt von Katrin Miunske, 43, in deren Begrüßungslächeln beides mitschwingt: eine gewisse Hausherrinnenfreude wie auch der Respekt einer Chefin, deren Eingewöhnung noch nicht abgeschlossen ist. In so einem Zwischenstadium geht der Blick vielleicht öfter mal zu den beruhigenden Buddhas in ihrem Büro.

Statt der Tochter übernimmt noch immer häufig ein externer Manager

Vor einigen Jahren war es noch ein vergleichsweise unerhörter Gedanke für einen Patriarchen, seine Firma in die Hände der eigenen Tochter zu geben. Externe Manager wurden geholt, und wenn doch mal die Tochter zum Zug kam, dann oft, weil sie keinen Bruder hatte. Irgendwie also: aus der Not. Die Initiative "Generation Töchter" zur Unterstützung weiblicher Nachfolge in Unternehmen beobachtet zwar, dass sich das inzwischen langsam ändert - ein normales Verhältnis zu all den brüderlichen Übernahmen ist aber noch lang nicht erreicht.

Katrin Miunske begann ihr Berufsleben im öffentlichen Dienst, sie ist diplomierte Finanzwirtin. Fragt man sie nach der größten Niederlage ihres Lebens, kommt sie ohne Umwege auf ihre Abschlussnote zu sprechen: 9,5 Punkte von fünfzehn - 59ste von 212. Ihre Leistungen mit "befriedigend" beurteilt zu bekommen, "darüber habe ich mich sehr geärgert". Erst mit dem Erreichen der Beförderungsgrenze im gehobenen Dienst und dem Titel des Steueramtsrats war sie dann "endlich" zufrieden.

Im öffentlichen Dienst habe sie jedoch gestört, dass sich wenig bis nichts bewegen ließ, insofern kam der Anruf des Vaters zur rechten Zeit: "Übernimmst du?" Katrin Miunske schaute sofort im Beamtengesetz nach, wie einfach es ist zu kündigen. Ihre damaligen Kollegen waren gespalten. "Warum bist du nicht schon viel eher gegangen?", fragten die einen. "Wie kannst du diese Sicherheit nur aufgeben?", fragten die anderen.

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