Die Erdbeere hat es nicht einfach, besonders dann, wenn sie unter freiem Himmel wächst. Entweder es ist zu trocken oder zu nass. Ein Pilzbefall kann bei feuchtem Wetter eine ganze Ernte in kürzester Zeit vernichten, gefräßige Schnecken lieben die süßen Beeren. Das macht den Anbau ohne den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln schwierig.
Erdbeeren aus konventionellem Anbau fallen immer wieder negativ auf, weil sie mit Pestiziden belastet sind, so auch in einer neuen Untersuchung des Bunds für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), die am Montag veröffentlicht wurde. Dafür wurden 19 Erdbeerproben von unterschiedlichen Händlern in Deutschland in einem Labor untersucht. Das Ergebnis: 15 Proben wiesen den Angaben zufolge Rückstände von insgesamt acht Fungiziden auf. Gut die Hälfte enthielt demnach zwei oder mehr Wirkstoffe, in drei Proben wurden sogar insgesamt vier Mittel gegen Pilze nachgewiesen.
Zu einem ähnlichen Ergebnis war im April eine Ökotest-Untersuchung gekommen, bei der 14 Proben untersucht worden waren, die vor allem aus Spanien stammten. Nur zwei Produkte erhielten die Bezeichnung "gut". Ökotest empfahl, Verbraucher sollten nur im Ausnahmefall Früherdbeeren aus dem Ausland kaufen. Die Daten des BUND zeigen nun jedoch, dass Erdbeeren aus Deutschland hinsichtlich der Belastung mit chemischen Stoffen nicht zwangsläufig besser abschneiden. Von insgesamt elf Erdbeerproben aus deutscher Produktion enthielt nur eine keine Pestizide. Von fünf Proben spanischer Herkunft zum Beispiel waren immerhin zwei unbelastet.
3,7 Kilogramm Erdbeeren verzehren die Deutschen im Schnitt pro Jahr und Kopf
Sorgen bereitet den Umweltschützern besonders die Mehrfachbelastung. Auch deutsche Erdbeeren waren mit bis zu vier verschiedenen Mitteln behandelt worden, etwa mit Trifloxystrobin, das als fortpflanzungsschädlich für Menschen gilt, und mit Difenoconazolen, die als sehr giftig für Vögel und Wasserorganismen eingestuft sind. "Durch Wechselwirkung zwischen Pestiziden kann ihre giftige Wirkung verstärkt werden", sagt die BUND-Pestizidexpertin Corinna Hölzel. "Diese Gefahren werden bislang durch die Risikobewertung nicht ausreichend berücksichtigt." Dabei seien die roten Früchte besonders bei Kindern beliebt. Gut 3,7 Kilogramm Erdbeeren verzehren die Deutschen im Durchschnitt pro Jahr und Kopf. Die Kosten des Pestizideinsatzes trage die Gesellschaft, ergänzt Hölzl. So müssten zum Beispiel städtische Wasserwerke Pestizideinträge kostenaufwendig aus dem Grundwasser herausfiltern.
Erdbeeren sind anfällig für Pilzerkrankungen. Daher werden auf den konventionell bewirtschafteten Feldern meist schon vorbeugend zahlreiche Fungizide eingesetzt. Sie gelangen den Umweltschützern zufolge in die Luft, in die Böden, ins Wasser und können auch Jahre später noch nachgewiesen werden. Im Biolandbau dürfen die giftigen Stoffe dagegen nicht eingesetzt werden - doch nur wenige Ökoerzeuger bauen überhaupt Erdbeeren an. Der Anteil von heimischen Biofrüchten an der Gesamternte liegt nur zwischen ein und zwei Prozent.
Der BUND fordert von der Bundesregierung mindestens eine Halbierung des Pestizideinsatzes bis 2030 sowie ein Verbot besonders gefährlicher Pestizide. Notwendig sei auch ein besserer Schutz vor Mehrfachbelastung von Lebensmitteln. Mit einer Petition an Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) will der BUND seinen Forderungen Nachdruck verleihen.
Anbauverbände warnen unterdessen, dass sich der Anbau von Erdbeeren im Freiland für deutsche Erzeuger nicht mehr lohne. "Das meiste wird sich, wenn es sich weiterentwickelt, unter Folie und Glas entwickeln", sagte kürzlich Thomas Bröcker vom Gartenbauverband Berlin-Brandenburg. In Brandenburg etwa sei die Fläche bereits deutlich geschrumpft, auch weil es für die Erzeuger immer schwieriger werde, Erntehelfer zu finden. Zu den wichtigsten Lieferanten von Erdbeeren zählt hierzulande Spanien, weltweit ist China mit große Abstand der wichtigste Erzeuger von Erdbeeren.