Energie:Genehmigungsentwurf LNG-Anbindungsleitung: Bald Baustart?

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Das geplante LNG-Terminal an Rügens Küste sorgt seit Monaten für öffentliche Auseinandersetzungen. Währenddessen laufen Vorbereitungen und Genehmigungsverfahren - im neuen, schnellen Deutschlandtempo.

von Christopher Hirsch, dpa

Stralsund (dpa/mv) - Kommt das umstrittene Terminal für Flüssigerdgas (LNG) trotz der anhaltenden Kritik im neuen Deutschlandtempo an die Küste Rügens? Für die wohl weitreichendste Baumaßnahme im Rahmen des Projekts könnte bald der Weg frei sein. Das Bergamt Stralsund hat für den ersten Seeabschnitt der insgesamt rund 50 Kilometer langen Anbindungsleitung einen Genehmigungsentwurf fertiggestellt und am Dienstag veröffentlicht.

Es handelt sich zunächst um die Erfüllung einer gesetzlichen Informationspflicht. Der eigentliche Genehmigungsbescheid kann erst im Anschluss erfolgen.

Dann aber könnten die Verlegearbeiten für die erste Hälfte der Offshore-Pipeline vom Gasknotenpunkt in Lubmin bis vor die Küste Südostrügens beginnen. Für den Anlandepunkt in Mukran wurde ebenfalls am Dienstag ein Genehmigungsentwurf veröffentlicht. In Lubmin waren Arbeiten bereits genehmigt und durchgeführt worden, in Mukran immerhin schon Vorarbeiten. Somit steht als viertes Teilvorhaben der Anbindungsleitung noch der zweite Seeabschnitt aus. Auch hier läuft das Genehmigungsverfahren bereits.

Für das eigentliche Terminal im Hafen von Mukran ist als Genehmigungsbehörde nicht das Bergamt Stralsund, sondern das Staatliche Amt für Landwirtschaft und Umwelt Vorpommern zuständig. Der Vorhabenträger, die Deutsche Regas GmbH, bereitet einen entsprechenden Antrag nach eigenen Angaben derzeit vor.

Für den Bau der Anbindungsleitung interessieren sich mittlerweile auch Dänemark und Schweden. Nach der sogenannten Espoo-Konvention müssen möglicherweise betroffene Nachbarstaaten vor der Genehmigung eines Projekts im Rahmen einer grenzüberschreitenden Umweltverträglichkeitsprüfung beteiligt werden. Das Bergamt und der Gasnetzbetreiber und Vorhabenträger Gascade halten das in diesem Fall für nicht notwendig.

Anders sieht es die Umweltstiftung WWF: „Eine umfängliche Umweltverträglichkeitsprüfung, die der Espoo-Konventionen folgt, ist unabdingbar“, schreiben die Umweltschützer in einer Stellungnahme. Erhebliche Eingriffe in die Meeresnatur im deutschen, dänischen, schwedischen und polnischen Naturraum könnten nicht ausgeschlossen werden. Auch der Naturschutzbund (Nabu) MV fordert eine Espoo-Prüfung.

Auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur teilten die zuständigen dänischen und schwedischen Stellen mit, zumindest Informationen in Deutschland angefragt zu haben. Eine etwaige Pflicht zur Beteiligung nach Espoo könne man ohne die Informationen bislang nicht beurteilen. Eine Anfrage an Polen blieb zunächst unbeantwortet.

Der Binzer Bürgermeister hat unterdessen vor der sich abzeichnenden Genehmigung für den ersten Teil der Anbindungsleitung gewarnt. Entsprechende Nachrichten bezeichnete Karsten Schneider in einer Mitteilung vom Dienstag als „Schlag ins Gesicht“ insbesondere der Menschen, die gehofft hätten, die Landesregierung würde entsprechend ihrer kritischen Haltung zum Terminal handeln.

Schneider verwies auf Gutachten im Auftrag von Binz, die zeigten, dass die Pläne nicht genehmigungsfähig seien. Die Gemeinde Binz liegt in Nachbarschaft zu dem geplanten LNG-Terminal in Mukran. Binzer Gemeindevertreter laufen seit Monaten Sturm gegen die Pläne. Sie fürchten nach eigenen Angaben um die Umwelt und den für die Insel wichtigen Tourismus.

Auch aus der Schweriner Landesregierung kam wiederholt Kritik an dem in Mukran geplanten Terminal. Davon unabhängig hatte Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) ein rechtsstaatliches Verfahren garantiert. Unweit des Hafens von Mukran demonstrierten am Dienstag erneut einige Menschen gegen das Vorhaben.

Nach Angaben der Deutschen Regas besichtigte der tschechische Botschafter in Deutschland, Tomáš Kafka, am Dienstag das in Lubmin liegende Regasifizierungsschiff „Neptune“ und stattete auch Mukran einen Besuch ab. Laut Mitteilung zeigte er sich dabei beeindruckt von den Fortschritten des Projektes. „Ich hoffe, dass dies die Lösung der Gasversorgung für Mitteleuropa einschließlich Tschechiens darstellen könnte“, wird der Diplomat zitiert.

Zwei in Lubmin beginnende Gasleitungen, durch die nach dem Bau der Ostseepipeline Nord Stream russisches Erdgas in das europäische Verbundnetz floss, führen bis nach Tschechien. Anstelle des Pipelinegases wird in Lubmin nun mit Tankern angeliefertes Flüssiggas eingespeist.

© dpa-infocom, dpa:230815-99-844648/4

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