Deutsche Bank:Auf das IT-Chaos folgt bei der Postbank der Kahlschlag

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Filiale der Postbank in Bonn. Verbraucherschützer beklagen, dass Kunden nach wie vor Probleme haben, teils sogar nicht an ihr Geld kämen. (Foto: RAINER UNKEL /imago images)

Die Deutsche Bank will fast die Hälfte aller "gelben" Filialen dichtmachen. Beratung und Präsenz spielen damit künftig eine nachgelagerte Rolle.

Von Meike Schreiber, Frankfurt

Die Deutsche Bank setzt im Privatkundengeschäft erneut den Rotstift an: Bis 2026 soll fast die Hälfte der verblieben Postbank-Filialen schließen. 250 der derzeit noch 550 Standorte würden in den kommenden zweieinhalb Jahren dichtgemacht, kündigte der Privatkunden-Chef des Bankkonzerns, Claudio de Sanctis, in einem am Montag veröffentlichten Interview mit der Financial Times an. Und das dürfte nicht nur die Kontoinhaber der Postbank treffen, sondern auch viele Post-Kunden: In den Filialen können auch Pakete aufgegeben und Briefmarken gekauft werden.

Viele Zweigstellen seien seit langem unprofitabel, hätten aber wegen eines langfristigen Vertrags mit der Post, dem früheren Eigentümer der Postbank, nicht aufgegeben werden können, sagte de Sanctis zur Begründung. Nun wurde der Vertrag neu verhandelt. In 100 der verbleibenden Standorte solle das künftig nicht mehr möglich sein, hieß es. Dort sollten die Mitarbeiter nur mehr Bankdienstleistungen anbieten. Die Post wolle aber dafür sorgen, dass ihre Dienste an den betroffenen Standorten durch andere Partner wie Schreibwarenläden verfügbar blieben, sagte eine Sprecherin.

Auch das Netz der Deutsche-Bank-Filialen solle gestutzt werden, sagte de Sanctis, ohne allerdings Zahlen zu nennen. Die Postbank solle zu einer "Mobile-First"-Bank werden, Beratung vor Ort spiele dabei künftig eine kleinere Rolle. Ob und wie viele Arbeitsplätze verloren gehen, wollte de Sanctis nicht sagen. Über genaue Zahlen und Standorte werde mit den Arbeitnehmervertretern verhandelt. Von dem Umbau erhoffe sich die Deutsche Bank "sehr wesentliche Einsparungen, die mehr ausmachen als die Investitionen, die wir tätigen müssen".

In der Bank geht bereits die Angst um

Nach SZ-Informationen geht in der Bank aber schon die Angst vor einem weiteren großen Stellenabbau um. "Tausende Mitarbeiter werden abgebaut - und zwar gerade die, die in den letzten Monaten für die Bank den Kopf hingehalten haben", sagte ein Konzerninsider. Der Fokus solle nun - wieder einmal - auf Digitalisierung liegen, was schon in der Vergangenheit nicht funktioniert habe. Ein Konzernsprecher ließ eine Anfrage dazu unbeantwortet.

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Mit dem Thema Beratung und Präsenz hatte die Deutsche Bank ohnehin zuletzt Schwierigkeiten. Nach einem Umzug von Postbank-Daten auf die IT-Systeme der Deutschen Bank hatten sich Tausende Kunden beschwert: Sie kamen wochenlang nicht an ihre Konten oder beklagten sogar unberechtigte Abbuchungen. Betroffen waren vor allem Kunden mit Pfändungsschutzkonten, die laut Verbraucherschützern teils in existentielle Nöte gestützt wurden. Eines der Hauptprobleme war, dass der Vorstand um Konzernchef Christian Sewing die IT-Migration in einer Art Sparvariante durchziehen wollte und nicht ausreichend Mitarbeiter für die Callcenter eingeplant hatte. Dies hat vor kurzem sogar die Finanzaufsicht Bafin auf den Plan gerufen. Ein Sonderbeauftragter soll nun dafür sorgen, dass der Geschäftsbetrieb wieder läuft.

De Sanctis bekräftigte, die Probleme sollten bis zum Jahresende behoben sein, man habe "wesentliche Fortschritte" gemacht. Laut Verbraucherschützern hat sich die Lage bei der Postbank indes nicht verbessert. Die Probleme würden längst auch bei der Deutschen Bank auftreten. Entschädigen will der Konzern die Kunden aber offenbar auf absehbare Zeit nicht. Man rechne nicht mit vielen Klagen, sagte Finanzchef James von Moltke vor einigen Tagen anlässlich der Quartalszahlen, wo die Bank eine höhere Dividende an die Aktionäre ankündigte. Die Bundestagsabgeordneten Nadine Heselhaus (SPD), Linda Heitmann (Grüne) und Judith Skudelny (FDP) hatten in einem Schreiben an Sewing gefordert, die Bank solle Kunden "freiwillig eine angemessene Entschädigung zukommen zu lassen", wie Zeit Online berichtete. Die Forderung nach pauschal 150 Euro Entschädigung für Menschen, die monatelang nicht an ihr Geld kamen, habe der Deutsche-Bank-Chef aber abgelehnt.

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