Weltwirtschaftsforum:Die Klimakrise erschüttert Davos

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Ein Bild vom Panel "Sicherung einer nachhaltigen Zukunft für das Amazonasgebiet" auf dem WEF 2020 in Davos, Schweiz. (Foto: AFP)

Doch diejenigen, die einen Wandel nur vorgeben, von denen zu unterscheiden, die wirklich etwas tun, ist schwierig. Was fehlt, sind internationale Standards.

Kommentar von Bastian Brinkmann

Jedes Jahr im Januar fliegen reihenweise Helikopter vom Flughafen Zürich in das Bergstädtchen Davos. Dort findet das Weltwirtschaftsforum statt, ein Treffen von 3000 Managern, Politikern und Reichen. Wer sich nicht vom Limousinenfahrer auf 1560 Höhenmeter bringen lassen will, nimmt den Heli. Das geht auch schneller, für einen Flug sind 45 Minuten bis zum Landeplatz in Davos eingeplant. Außerdem können Demonstranten nur die Zufahrtsstraße auf dem Boden blockieren, der Himmel bleibt frei. Dort oben sind ihre Parolen nicht zu hören, ihre Transparente nicht zu lesen.

Das Helikopter-Davos ist das Davos, gegen das seit Langem protestiert wird: Internationale Konzerne versprechen, künftig fairer zu wirtschaften, aber dann fliegen alle wieder nach Hause, und es geht weiter wie bisher. Das stimmt in Teilen - und in Teilen nicht. Die Klimakrise erschüttert auch das Weltwirtschaftsforum und viele Teilnehmer. Panik, wie Greta Thunberg sie einfordert, hat hier niemanden ergriffen. Es bleiben kalkulierte Geschäftsentscheidungen, wenn Unternehmen Initiativen präsentieren, wie sie grüner arbeiten wollen. Und überraschend viele in Davos sagen, wenn auch zögerlich: Diesmal meinen die es wohl ernst.

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Den Auftakt prägten Donald Trump und Greta Thunberg. Der zweite Tag der Konferenz geht hochkarätig weiter, unter anderem mit Ursula von der Leyen.

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Das ist eine positive Entwicklung - und doch reicht dies natürlich immer noch nicht aus, um die Klimakrise zu entschärfen. Es braucht noch viel mehr internationale Anstrengungen und mühsame Gespräche zwischen Politik und Konzernen, wie sie in Davos und anderswo stattfinden. Ohne die Unternehmen ist der Klimawandel nicht aufzuhalten. Die Regierungen müssen die Regeln verschärfen, damit die Innovationskraft der Marktwirtschaft in die richtige Richtung wirkt.

Längst ist der Klimawandel zu einer Bedrohung für die Wirtschaft geworden. Die künftigen Risiken durch Klimakatastrophen können so verheerend ausfallen, dass sie die nächste Finanzkrise auslösen, warnt die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich, eine Art Finanz-UN der Notenbanken. Die Waldbrände in Australien sind neben allen ökologisch und gesundheitlich dramatischen Folgen ebenfalls bereits so ein wirtschaftlicher Schock: Die Tourismusbranche leidet, die Einkaufslaune der australischen Konsumenten sinkt und damit die Wachstumsaussichten Australiens. Die Notenbank des Landes könnte wegen der Waldbrände gezwungen sein, die Leitzinsen zu senken. Das gab es in der Finanzgeschichte so noch nie. Immer mehr Menschen sterben in Europa infolge von Hitzewellen, das - so zynisch kann Ökonomie sein - verringert auch die Zahl der vorhanden Arbeitskräfte. Flutwellen zerstören Gebäude und wichtige Infrastruktur.

Vielen Managern sind diese Klimarisiken bewusst, aber nicht allen. Die Interessen in Davos sind sehr unterschiedlich. Das gilt für Staaten wie für Konzerne - in beiden Gruppen wehren sich Vorsitzende und Politiker dagegen, auf die Klimakrise zu reagieren.

Es gibt Unternehmen, die sich wandeln, und sei es nur aus Eigeninteresse

Regierungen, die vom schmutzigen Rohstoffreichtum leben, schicken PR-Leute nach Davos, die schwärmen, dass vom Ölgeld Fahrräder für Menschen in armen Regionen gespendet werden. Vorstände von Unternehmen, die zu den größten CO₂-Emittenten gehören, erzählen auf der Bühne des Weltwirtschaftsforums gönnerisch, dass die Tage der fossilen Brennstoffe gezählt sind, während die Förderanlagen zu Hause weiterlaufen. Greenpeace präsentiert auf dem Weltwirtschaftsforum einen Report, demzufolge 24 in Davos anwesende Banken seit dem Pariser Klimaabkommen 2015 immer noch unglaublich viel Geld in fossile Brennstoffe investieren: 1,4 Billionen Dollar.

Aber es gibt auch die Unternehmen, die sich wandeln, und sei es nur aus Eigeninteresse. Denn grün zu werden, kann dabei helfen, Produkte zu vermarkten. Oder die Firma hat schlichtweg berechnet, dass der Klimawandel sie mehr kosten würde als ein CO₂-Ausstieg. In den Zielvereinbarungen mancher Manager aus schmutzigen Branchen spielt der Kampf gegen die Erderwärmung eine Rolle: Sie bekommen nur ihren Bonus, wenn der CO₂-Ausstoß der von ihnen verantworteten Abteilung sinkt. Das ist die Sprache, die Manager verstehen.

Die Grün-Blender von denen zu unterscheiden, die wirklich etwas ändern, ist sehr schwierig. Es fehlen internationale, transparente Standards. Wie viel CO₂ darf ein Unternehmen beispielsweise ausstoßen, wenn es einen Baum pflanzt, der dann aber leider beim nächsten Sturm umknickt? Konzerne müssten eine Art grüne Bilanz vorlegen, die global einheitlich ist und Tricks möglichst ausschließt. Entsprechende Initiativen gibt es, auch wenn das nicht leicht umzusetzen ist. Auszurechnen, wie CO₂-intensiv die Herstellung eines Produkts ist, ist hochkomplex.

Ein Zeichen gegen den Klimawandel können 2020 gar die Helikopterpassagiere setzen. Am Flughafen Zürich können sie ihre Privatjets mit sogenanntem nachhaltigen Treibstoff betanken - und auf dem Heimflug ein wenig CO₂ einsparen.

© SZ vom 23.01.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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